zwingenden Macht der Gegenwart unterliegen. Mancher eigenthümliche Charakterzug ward auf diese Weise vor meinen Augen für immer ausgelöscht, ohne daß ich es vorfinden konnte, und manchmal wurde ich ausgelacht, wenn ich meine Stimme erhob oder wurde mit lächelnden Seitenblicken betrachtet, wenn ich es versuchte, einem Handwerker auseinanderzusetzen, daß dasjenige, was es erbarmungslos zerschlug und abbrach, viel mehr werth sey, als das, was er im Begriff sey, dafür an die Stelle zu setzen, ja sogar viel mehr werth, als er in seinem ganzen Leben je machen und verstehen lerne. War ich doch selber Zeuge, wie ein Spengler einen kleinen, wundervoll in Stein gehauenen mittelalterlichen Adler auf einem Wappenschilde am südlichen Eck der Stadtwaage zur Hälfte mit dem Hammer abschlug, um der geringen Mühe überhoben zu sein, den Standkändel an demselben vorbeizuleiten, was noch bis heutzutage ein Schandzeugniß für die mit der Beaufsichtigung der öffentlichen Arbeiten betrauten Angestellten abgiebt.
Ueber solche Dinge muß man sich trösten, denn man richtet gegen die rohe Masse doch nicht viel aus, und derselbe Mann, der Abends hinter dem Schoppen oder im Casino oder in einer diplomatischen Soirée sich vornehm in die Reihen der Gebildeten stellt und mit breiten Worten und Phrasen über Kunst spricht und die Kälte und Empfindungslosigkeit unserer Zeit tadelt, läßt vielleicht am nächsten Morgen das schönste in Stein gemeißelte Wappen in seinem eigenen Hause durchlöchern oder in Stücke schlagen, um einer Gasleitung den Weg zu bahnen oder ein Fenster zu gewinnen. Dieß ist keine leere Anspielung, sondern soll nur darthun, wie viel eitel Geschwätz in der Welt umherläuft und wie in Frankfurt die Kunst als Unkraut behandelt wird.
Manche Blätter der Sammlung scheinen unwichtig und am Ende der Aufbewahrung nicht werth, aber sie dienen zur Vervollständigung des Ganzen, und dem späteren Forscher kann oft der allergeringste Wink, die Erhaltung einer Jahreszahl, eines Namens oder einer Hausmarke von dem allergrößten Werthe sein. Wie oft schon war ich mit Dank gegen frühere Sammler erfüllt, wenn mir durch ihre Sorgfalt und Bemühungen verloren geglaubte Dinge neu zu-