30. April 1876
Dieses Haus hat den Namen Zum Flarrmaul und trug noch in den 20er Jahres dieses Jahrh. ein blechernes Schild, eine Maske mit aufgerissenem Munde darstellend, an einer Stange, welche weit in die Straße hinausragte, und doch hat aller Wahrscheinlichkeit nach das kleine Gäßchen nicht den Namen von diesem Hause, sondern in dem hintersten Winkel desselben befand sich ein altes kleines Häuschen, an dessen Thüre ein Pfortenring von Bronze sich befand, welcher einen Löwenkopf mit weit aufgerissenem Rachen darstellte, der einen Ring zwischen den Zähnen hielt. Dieser Löwenkopf hieß bei den Anwohnern des Gäßchens das Flarrmaul. Ich habe ihn selbst nicht mehr gesehen, aber diese Notiz stammt von einem alten höchst glaubwürdigen Bewohner des Hauses Zum Flarrmaul.
Was den Glauben an die Urtheilsfähigkeit und Wahrhaftigkeit dieses Mannes bei mir ungemein befestigte und erhöhte, war namentlich der Umstand, daß er mir ein während seiner dreißigjährigen Abwesenheit von Frankfurt längst abgebrochenes Haus, das seinem Aelternhause gegenüberlag und von dem ich zufällig im Besitz einer alten Zeichnung war, so genau mit allen Einzelnheiten beschrieb, daß er mir den Eindruck machte, als habe er die Zeichnung vor sich, die er doch nie gesehen; und es lagen, seitdem er weggezogen, 45 Jahre zwischen dem letzten Moment seiner Anschauung und dem Datum seiner Erzählung. Dieser Mann ist der noch lebende Consul Muck, von welchem ich eine auf meinen Wunsch ausgeführte ganz vortreffliche Beschreibung des Lebens und Treibens unter der Catharinenpforte besitze.
Unter der Catharinenpforte hieß die ganze Straße von dem Liebfrauenberg her und wurde noch zur Zeit