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Inhaltsverzeichnis

Bild von Reiffenstein
Carl Theodor Reiffenstein (1820-1893)
Landschaftsmaler und Frankfurter Bildchronist
Reiffensteins „Sammlung Frankfurter Ansichten“ gehört zum Gründungsbestand des Historischen Museums. Der Künster verkaufte sie 1877 der Stadt. In 2.000 Aquarellen und Zeichnungen sowie auf 2.400 Manuskriptseiten hielt er das alte Frankfurt fest.

Suchergebnis für Porzellanhof

Band 10, Seite 395
Porzellanhof | Rieneck
Stelzengasse 2 | Am Porzellanhof 4 | Am Porzellanhof 6
B.214 | B.215 | B.216
28. August 1864
Schon in meiner allerfrühesten Jugendzeit, etwa so um das Jahr 1830 und 31 fesselte der Porzellanhof durch sein malerisches und burgartiges Aussehen meine Aufmerksamkeit in hohem Grade, er hatte immer etwas Geheimnißvolles, mit seinem damals noch stets verschlossenen Thor, und die enge Stelzengasse, welche auf das ebenfalls noch ziemlich einsame Klapperfeld an ihm vorbeiführte, trug das ihrige dazu bei, diesen Eindruck zu erhöhen, indem das alte Brauhaus, welches das Eck bildete, noch nicht die ganze Länge dieses Theiles der Straße einnahm, wie dieß in unseren Tagen der Fall ist, sondern diese Seite von kleinen alten und geschwärzten Häusern gebildet wurde. Lange Zeit war auch er zum großen Theile unbewohnt, indem die verschiedenen Häuser darin als Magazine vermiethet waren und nur wenige Familien beherbergten, und als ich im Jahr 1853 zum Erstenmale hineinkam um ihn zu untersuchen, zu zeichnen und mit kritischem Blick zu prüfen, machte er mir noch vollkommen den Eindruck eines von der äußeren Welt wenig berührten Besitzthums.
Kleine, einsame, wohlgepflegte Gärtchen, große Hofplätze, ein Thor mit Spitzbogen und überbaut, im Hofe selbst ein stattliches alterthümliches Herrenhaus mit einem etwa aus dem Anfang des vorigen Jahrhundertes stammenden neuen Anbau, über dessen Eingangsthüre ein in Stein gehauenes Wappen, halb von Rebenlaub verhüllt, prangt altes Pflaster, aus großen und kleinen Steinen bestehend, mehrere Tröge von Stein für Geflügel als Tränke benutzt, die heim-
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lichen Ecken mit Hollundersträuchen bewachsen, und diese ganze Herrlichkeit des Abends von einer einzigen trüben Laterne beleuchtet, das war der Eindruck, den man empfing, und es war der einer längst vergangenen Zeit. Durchweg runde Scheiben und Holzbauten mit vielfach, je nach dem Bedürfniß entstandenen Anhängseln, in der seltsamsten Form, fanden sich vor, und die in dem Inneren des einen Anbaus links vom Thore befindliche zierlich geschnitzte, durchbrochene Thüre (s. Abb. [R0897]) zeigte als Erbauungszeit das 16. Jahrh. auf, in welche Zeit auch die übrigen älteren Bauten einstimmen.
Merian zeigt auf seinem Plane von 1628 die nach der Stelzengasse hin gelegenen Gebäude, nämlich das Thorhaus und die nördlich an dasselbe anstoßenden Häuser bereits als vorhanden, während den Hof größere und bedeutendere Wohngebäude umgeben.
Im Anfang des vorigen Jahrhunderts muß also eine umfassende Restauration und Umgestaltung eines Theils des Inneren stattgefunden haben, und gegen Ende desselben auch wahrscheinlich ein Neubau des von dem spitzbogigen Eingangsthor südlich gelegenen höheren Wohnhauses, das seinen Eingang neben dem großen, mit steinernen Säulen gezierten zweiten, aber jedenfalls neueren Haupteingang des Hofes hat.
Das soeben erwähnte Thor, das Portal der alten abgebrochenen Barfüßerkirche, das hier aufgestellt wurde und deren Abbruch am 1. Oct. 1786 begann, das vor-
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hin von mir erwähnte steinerne Wappen an dem im Hofe stehenden Wohnhaus ist das der Familie Textor und genau dasselbe, welches sich an dem Textor‘schen Hause auf der Friedbergergasse, das im Jahr 1714, s.d., Friedbergergasse 20 erbaut wurde, vorfand. Nicht nur allein dieses Wappen, sondern auch die ganze Thüre mit alten Schnitzwerken, Profilen und der ganzen Anordnung war so vollkommen der Thür des Hauses auf der Friedbergergasse ähnlich, daß ich keine Zweifel habe, daß beide Häuser zu gleicher Zeit und von einem Mann erbaut sind und jedenfalls die Bildhauerarbeit aus ein und derselben Hand hervorgegangen ist. Siehe die betreffenden Artikel Friedbergerg. Textor‘sche Haus.
Die kleine, nördlich an das Eingangsthor in die Stelzengasse stoßenden Häuser Stelzengasse 4, 6 (s. Abb. [R0902]) waren ein merkwürdiges Bild früherer Zeit, einstöckig mit hohen steinernen Treppen vor den Thüren; zu ebener Erde Wohnzimmer und Küche; die Hausthüren in Ober- und Unterflügel getheilt, und aus den hinteren Fenstern die Aussicht auf die oben beschriebenen einsamen Gärtchen. Sie wurden meist von armen Leuten bewohnt, und ich hatte öfter Gelegenheit, mich von der außerordentlichen Genügsamkeit ihrer Bewohner hinreichend zu überzeugen, wenn meine Studien mich manchmal Stunden lang darin verweilen ließen.
Das Alles nun hat sich ganz gewaltig verändert und mich gedrängt, vorher noch diesen Aufsatz niederzuschreiben, zur Rettung
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des Eindrucks, den diese Dinge auf mich gemacht, bevor sie ihrer gänzlichen Zerstörung entgegengehen. Meine Ahnung hatte mich nicht betrogen, seit vorigem Jahr ist das Unheil über die alten Gebäude hereingebrochen. Der hintere Theil des Porzellanhofes, welcher nach dem Klapperfelde zu liegt, wurde dazu bestimmt, einen stehenden Reitercirkus darauf zu erbauen. Zu diesem Behufe mußte das alterthümliche Haus Lit. B.213 fallen, sammt der den Hof an dieser Stelle von dem Klapperfelde trennenden Mauer. An ihre Stelle wurde die Reiterbude gestellt, nebst einem entsetzlichen eisernen Schornstein. Ein eisernes Gitter schließt den freien Raum nach der Straße hin ab. [R0902]
Die dadurch entstandene Zerstörung war furchtbar, griff rasch um sich, und jetzt schon erkennt man kaum die Stätte mehr. Das schöne Thorhaus jedoch mit dem Spitzbogen und dem anstoßenden alten Bau nach Norden hin ist bis jetzt noch verschont, doch wird es wahrscheinlich nicht lange mehr dauern, auch diese Zeugen einer Vergangenheit von der Speculation nutzbar gemacht zu haben.
„Der Lebende hat immer Recht.“
Band 10
28. August [1864]
Nachmittag. Soeben von einer nochmaligen Besichtigung des Porzellanhofes zurückgekehrt, bleibt mir noch Folgendes zu bemerken:
Da die benachbarte Reitbahn nun zu bequemerer Abhaltung des Pferdemarktes, ihrer bisherigen Bestimmung entfremdet und mit 6 großen Pferdeställen seit einem halben Jahr bebaut ist, so wurde dadurch ein großer Theil der gegen die hintere Ring-
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mauer des Porzellanhofes angelehnten Schoppengebäude abgebrochen und somit erstere ganz freigelegt; dadurch nun bekommen die Gebäude des Hofes von dieser bisher unzugänglichen Seite ein äußerst malerisches Ansehen, wie man es in Frankfurt in der neueren Zeit gar nicht mehr findet. Der freigewordene Platz erstreckt sich bis an den Eingang nach der Klingergasse und Kühgasse hin, und wurde das Eingangspförtchen s. Klingerg. 30 ebenfalls zerstört.
Nicht lange mehr wird es anstehen und es sind sämmtliche alten Gebäude des Hofes niedergelegt und mit neuen Kasernenartigen Wohnhäusern bedeckt, die sammt ihren Bewohnern, in ihrer Nacktheit den Frager nach der Vergangenheit verwundert anschauen und ohne Antwort lassen werden. Nie hätte ich geglaubt, daß dieser Stadttheil, welcher bisher durch seine Lage so sehr dem Verkehr entrückt war, so schnell in den Kreis der Neuerungen gezogen werden würde.
Band 10
14. Juni 1879
Behufs der Zeilverlängerung ist der ganze Theil des Porzellanhofes, welcher in die Baulinie fällt, bis auf den Grund niedergelegt, was der ganzen Gegend ein total verändertes Aussehen giebt. -

Als ich vor einigen Wochen wieder einmal einem Freunde die obenerwähnte schöne Thüre von durchbrochener Arbeit zeigen wollte, war dieselbe mittlerweile verschwunden.

[undatierter späterer Nachtrag in Bleistift S. E.:]
Diese Thüre jetzt im Besitze des Herrn J. Ed. Goldschmid in dessen Hause Mainzer Landstr. 2
Band 10, Seite 403
Spitalbrauhaus
Stelzengasse 24
B.236
3. Mai 1858
Das Haupthaus neben dem Eingangsthor ist ein altes Gebäude, wie die ganze Anlage, es hat noch seinen alten Giebel und einige alte Fenster, die im Erdgeschoß mit eisernen Stäben vergittert sind. Durch die vor längerer Zeit schon stattfindende Einrichtung der Brauerei auf Dampfmaschinen wurden ganz erhebliche Veränderrungen und Neubauten nöthig, welche die ganze Localität veränderten. Der ganzen Bauweise nach gehört die erste Anlage in den Anfang des 16. Jahrh., indem das Haus mit dem Thorbogen auf dem Belagerungsplan von 1552 bereits vorhanden ist. Durch die Anlage der kleinen Friedbergergasse sowie der Goldensteltzgasse hat die ganze Oertlichkeit eine bedeutende Veränderung erfahren, die aber in dem engeren Theil der Straße, welche den Porzellanhof als Gegenüber hat, nicht bemerkbar wurde.
Ich kenne die Gegend von Jugend auf genau, indem in diesem Brauhaus unser Bierbedarf gebraut wurde und ich viel von meiner freien Zeit darin verbrachte. -
Band 12, Seite S15
Porzellanhof | Rieneck
Stelzengasse | Stelzengasse 2 | Am Porzellenhof 4 | Am Porzellenhof 6
B.214 | B.215 | B.216
16. August 1886
Das äußerst malerische Thorhaus sammt den Nebenbauten ist gegenwärtig bis auf den Grund niedergelegt. Es war eines der charakteristischsten Objekte dieses Stadttheils.