Den ersten Stock mit 6 Zimmern hatten wir ganz für uns, ein kleines Stübchen mit zwei Fenstern nach der Straße hin war an einen Herrn Voigt vermiethet. Er war ein Goldspinner und arbeitete in der Fabrick von Mack und Wiegel auf der Zeil und lebt, so viel ich weiß, jetzt noch. [späterer Einschub S. E.: Ist mittlerweile im Juni 1876 gestorben.] Hatte 22 Jahre bei uns gewohnt und zog alsdann zu seiner Schwester Frau Horix auf der Bockenheimergasse. Er war ein braver achtungswerther Mensch. Als er 48 Jahre lang in dem Geschäft des obengenannten Herrn thätig war, hatte er das Unglück, daß ihm bei dem Silberschmelzen ein Tropfen des glühenden Metalles in das Auge fuhr und er in Folge dessen dasselbe verlor. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte sechs Wochen, während dieser Zeit der Nichtarbeit aber zog ihm Herr Mack den ohnehin kärglichen Lohn, täglich 1 Gulden, ab. Im Anfang dieses Jahrh. in das Geschäft getreten, war ihm derselbe bis dahin noch nicht erhöht worden, ein Beweis für seine Anspruchslosigkeit, und trotzdem dieser schmachvolle Geiz. Wer kann es dem billig denkenden Arbeiter verargen, wenn er unwillig wird. Voigt blieb zwar im Geschäft, es war Ende der fünfziger Jahre, trat aber nach einigen Jahren aus.
Zwei von den Zimmern des ersten Stocks konnten durch das Zurückschlagen einer Holzwand in einen ziemlich großen fünffensterigen Saal verwandelt werden. Er diente uns gewöhnlich als Wohnzimmer. Der zweite Stock war von einer Familie Nockher bewohnt, sie hatte denselben 23 Jahre lang inne, der Mann war Pedell auf irgend einem Amte, aber stammte aus Eger in Böhmen. Es waren brave Leute, und wir waren mit den Kindern, einem Sohn und einer Tochter, sehr befreundet. Er war während des Krieges in den Jahren 1813 - 15 Lieutnant bei der hies. Bürgergarde. Mein Vater erzählte oft, daß er, als einst eine große Anzahl Kosaken ins Quartier anrückte, Nockher seine Uniform angezogen, sich mit seinen goldenen Epauletten an der Hausthüre aufgestellt hatte; sobald nun ein Trupp Kosaken auf das Haus zukam und herein wollte, sprach er immer nur, indem er salutirend an seinen Federhut griff, die Worte aus „Capitain Quartier,