2. Mai 1872
Behufs der Aufnahme einer Ansicht von einem Theile der alten Mainbrücke und Sachsenhausen verweilte ich einige Stunden bei dem Brückengelderheber Leux, in dessen auf der Frankfurter Seite gelegenen Häuschen des eisernen Stegs. Während unserer Unterhaltung passirte Herr Rath Jeurenaud (Mendelssohns Schwager) den Steg und Leux, der nicht wußte, daß ich mit demselben genauer bekannt war, erzählte mir in seinem originellen und kräftigen Sachsenhäuser Dialekt folgende kleine Anekdote:
Gugge Se, do der Mann mit dem weiße Krollekopp,
der wo ewe vorbeigange is, is der Herr Rath
Schahnrenoh, ich sag Ihne, deß is der Ihne e Mann,
kreuzbrav unn gar net stolz, der redd mit e jedem unn
bleibt bei uns Leut uff der Gaß stehe; so oft ich en seh, fällt
mer e Geschicht ein, die emol seiner Schwester bassirt
is, gucke Se grad do driwwe in dem große weiße
Hauswersch (Alte Mainzergasse 3, Lit. I.62) do hot
se bei ihrer Mutter, bei der alte Frau Parrern
Schahrenoh gewohnt un sie war domols (1837)
grad Hochzeitern mit eme Mussigus, ach wie hot er
doch gehaaße, er war aus Berlin - no, es duht nix,
es wird mer schon einfalle - e Mussigus, wisse awer
kann so e Lethsemer *) wie der Scheker und der Oechsner
is, naa es war enn so annerer Mussigus so wie
se im Theater sinn, un ich hab grad vor dem Haus
*) Lethsen (Leisem, Lethsame) die Geige.
Lethsame, der Musikant / Gaunersprache, Wörterbuch Wien 1854, im Auftrag der Polizei-Direktion erschienen)