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Inhaltsverzeichnis

Bild von Reiffenstein
Carl Theodor Reiffenstein (1820-1893)
Landschaftsmaler und Frankfurter Bildchronist
Reiffensteins „Sammlung Frankfurter Ansichten“ gehört zum Gründungsbestand des Historischen Museums. Der Künster verkaufte sie 1877 der Stadt. In 2.000 Aquarellen und Zeichnungen sowie auf 2.400 Manuskriptseiten hielt er das alte Frankfurt fest.

Band 11 - Buchstaben T U V W X Y Z

Buchstabe T

Band 11, Seite [unpaginiert]
Taubenhofgasse
[kein Datum]
Band 11, Seite 1
Grosser Taubenhof
Taubenhofgasse 12
E.182
8. März 1856
Taubenhof.
Am 1ten März begann der Abbruch der alten Bauten des Taubenhofs, und was mir darüber bei demselben kundgeworden, beeile ich mich hier unter dem noch frischen Eindruck niederzulegen. Die Häuser stammen aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Ende des 16ten Jahrh., was die flachen Segmentstürze über den Fenstern und Thüren beweisen; dieselben tragen die durchschneidenden Stäbe und Schrägungen jener Zeit.
An dem einen Giebel, welcher wie sämmtliche Bauten den untersten Stock, das Erdgeschoß ausgenommen, ganz mit Schiefersteinen bekleidet sind, finden sich die Steine in Ornament geschnitten, wie dieselbe Form auch an den im Jahr 1586 erbauten Kühhornshofgebäuden vorkommen. Der Unterbau bei allen ist massiv von Stein erbaut, auf den Ecken mit Bindern von Basalt. Im Inneren finden sich mehrere mit Spitzbogen überwölbte Thüren, eine im ersten Stock und eine im Parterre. Die beiden Treppenthürmchen schließen zierliche steinerne Wendeltreppen ein, und an den Thüren finden sich hier und da reich verzierte Schloßbleche.
Die Wetterfahne auf dem Haupthaus trägt einen Hahn.
Matth. 26,34. als Inschrift.
Bei der im Jahr 1834-35 vorgenommenen Hauptreparatur wurde in der hinteren Zwingermauer das große Einfahrtsthor, welches mit einem Spitzbogen überwölbt war, zur Hälfte abgetragen. Bei dieser Gelegenheit
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wurde der Schlußstein des Thorbogens, auf welchem sich ein Wappen befand, zertrümmert.
In dem unteren Geschoß des Hauptbaus stand eine reichverzierte hölzerne Säule um die Durchgänge zu tragen, den Beschreibungen nach, die mir ein alter Gärtner von derselben machte, welcher sie selbst gesehen, muß sie im gothischen Styl ausgeschmückt gewesen seyn. Er erinnert sich ferner, daß der ganze untere Raum mit Platten (wahrscheinlich verzierte Bodenplättchen) belegt gewesen sey, ebenso erwähnt er alter Tapeten, aller Beschreibung nach Ledertapeten, womit die Wände geschmückt waren und auf welchen viel Vergoldung angebracht gewesen sey. Die hintere Seite der Häuser machte, namentlich vom Zwinger oder der ehemaligen Stadtmauer aus gesehen, einen höchst malerischen Eindruck, namentlich war ein Fenster noch ganz erhalten, mit den kleinen runden Original Scheiben gegossen, mit einem Nabel in der Mitte. Seitwärts zwischen dem Hause und der Zwingermauer befindet sich ein Gewölbe voll Wasser, wahrscheinlich früher ein Brunnen. Die Mauer, welche den Hof nach dem Zwinger hin abschließt, hatte früher eine weit bedeutendere Höhe, welche aber durch das Auffüllen der Zwingerstraße um mehrere Fuß
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verringert wurde, wie man an dem kleinen heut noch vorhandenen spitzbogigen Pförtchen, das jetzt halb im Boden steckt, ersehen kann. Bald wird alles verschwunden seyn und geschmacklose, keinerlei Stimmung erweckende Häuser werden die Stellen ausfüllen, auf denen unsere Vorfahren ihre bescheidenen Ansiedlungen angelegt hatten. Die Abbildungen, welche ich an Ort und Stelle genau und zuverlässig aufgenommen, erklären das Gesagte noch weiter und werden unseren Enkeln vielleicht deutlich machen, daß solide Bauart in ihrem bescheidenen Auftreten weit mehr geeignet ist, den Eindruck von Wohlhabenheit und Behaglichkeit im Inneren zu machen als brillante, dünne, dem Verderben ausgesetzte steinerne Facaden, welche das Geld nutzlos wegfressen, ohne einen eigentlichen Zweck zu erfüllen. Wer kein Geld für ein steinernes Haus hat, der baue in Holz und nehme sich ein Beispiel an vorliegenden Häusern, welche an 300 Jahre alt, dem Abbruch einen noch so bedeutenden Widerstand entgegensetzen wie unsere jetzt gebauten Häuser schon nach 50 Jahren nicht mehr im Stande seyn werden.
Der Hof war ringsum mit einer Ringmauer umgeben und hatte zwei Haupteingänge, mit spitzbogigen Thoren überwölbt, deren einer nach der Stadt hin gelegen, ein kleines Einlaßpförtchen für Fußgänger hatte. Früher lag der Hof wahrscheinlich sehr einsam in dem neuen vor der alten eigentlichen Stadt gelegenen
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weiten Raum, welcher nur durch einzelne Anbauten und Gärten mit der Stadt zusammenhing. Schwer nur und nach und nach baute sich die nahgelegene Eschenheimerstraße an, im Anfang auch nur in hofartig mit Thoren und Ringmauer abgeschlossenen Häusern, wie noch die Namen beweisen und welche auch noch theilweise vorhanden sind, z.B. der Hammelsgässer Hof, s.d., welcher in seinem Schlußstein des Thorbogens das Wappen der Familie Scheiden trägt nebst der Jahreszahl 1488. Die großen Räume wurden zu Bleichgärten benützt und waren für diesen Stadttheil eine wahre Wohlthat, indem sie fortwährend frische Luft zuführten. Die Mauer, welche nach der Tollgasse abschließt, stößt in ihrem südwestlichen Winkel an ein ebenfalls altes Haus, das wahrscheinlich gleichzeitig oder wenig später als der Taubenhof entstanden ist.
S. Kastenhospitalsgasse 6.
Ueber der südlichen Mauer sieht das alte Zeughaus im Rahmhof mit seinem steilen Giebel heraus, eng an dieselbe anschließend die Giebelmauer des Kastenhospitalhofs und kleinen Taubenhofs und das spitze Dach des kleinen Treppenthürmchens daselbst, sodann einzelne hohe Baumgruppen, den benachbarten Gärten und in der Ferne der Catharinenthurm. Das Blatt No. [Leerstelle] gibt theilweise einen Ueberblick davon, es ist aus dem ersten Stock des hintersten Treppenthürmchens im Hofe genommen.
Band 11, Seite 5
Zu dem Taubenhof führt eine enge Straße vom Comödienplatz her, welche später freigelassen wurde, als man die verschiedenen Häuser anbaute; sie heißt die Taubenhofstraße und soll nun durch eine neue ersetzt werden, welchem Bauprojecte wir das Zubauen des schönen Raums verdanken und welchem ebenfalls die alten Häuser, die dieser Aufsatz besprach, zum Opfer fallen.
Etwaige Nachträge folgen.
Band 11
24. November 1873
Am deutlichsten wird die ganze Localität aus der vor einigen Monaten vor dem Abbruch der noch übrigen Gebäude des kleinen Taubenhofes und den Mauern in der Kastenhospitalsgasse angefertigten Vogelschau zu ersehen seyn und verweise ich auf diese Abbildung [R0158], welche die ganze Gegend erschöpfend behandelt.
Band 11, Seite 7
Kastenhospitalshof
Taubenhofgasse 10
E.183a
April 1873
wurde das Dach über dem Thore des alten Lagerhauses entfernt und einige Fenster größer gebrochen, wodurch das Haus seinen Originalcharacter, den es sich bis dahin bewahrt hatte, einbüßte; auch fiel bei dieser Gelegenheit der alte Hollunder, welcher neben dem Treppenthürmchen stand. Die Zeichnung giebt das Haus noch unverändert. Im Jahr 1628 hat dasselbe schon gestanden, wie der Merian‘sche Plan ausweist.
Band 11
Kastenhospitalshof
12. März 1875
Heute wurde der Abbruch der Gebäude begonnen und zwar mit dem Dach des Thorhauses. Die ganze Gegend wird nun, nachdem die Gebäude des Hofes niedergelegt sind, einen entschieden anderen Character erhalten und für den Altfrankfurter nicht mehr zu erkennen seyn. Eins nach dem Andern.
Band 11, Seite 9
Taubenhof, kleiner
E.183b
4. November 1873
Heute wurde der Anfang mit dem Abbruch gemacht und wurde derselbe an der Mauer an dem ehemaligen Postgebäude begonnen.
Band 11
25. November 1873
Die Mauern liegen bereits nieder, an den Häusern sind bereits die Dächer abgebrochen und die vorderen Schoppen und kleineren Gebäude schon gänzlich verschwunden. In einigen Tagen wird alles der Erde gleich seyn.
Der alte Hollunder sowie der Akazienbaum stehen noch. Nach den Versicherungen der Arbeiter sollen die Mauern außerordentlich fest und haltbar seyn und sprengen sich lieber die Steine mitten auseinander ehe der Mörtel weicht.
Band 11
30. Januar 1874
Alles der Erde gleich und schon die Fundamente für den Neubau gegraben.
Band 11, Seite 11
Abbruch der Gartenmauer
Zwingerstraße | Neue Taubenstraße
15. Januar 1877
Heute wurde der Anfang mit dem Abbruch der Mauern gemacht, welche die eine Seite der Zwingerstraße bildet und die Gärten der Häuser gr. Eschenheimergasse 41, D.164 - sodann 45, D.162 nach dieser Seite hin abschließt.
Die ganze Gegend wird dadurch ein verändertes Aussehen erhalten, wie denn überhaupt noch weitere Umgestaltungen in Aussicht stehen. Die Bodenlinie der Straße liegt bedeutend höher als diejenige der Gärten und wurde dieselbe bei dem Abbruch der Taubenhöfe im Jahr 1856 zu dieser Höhe gebracht und zwar so, daß die
Band 11
Pförtchen
beiden Pförtchen, welche sich darin befanden, nur noch um wenige Fuß über dem Boden herausragten.
Das eine war rundbogig, das andere, ältere, mit einem Spitzbogen überdeckt mit einfacher abgefaster Gewändung. Früher vor dem Abbruch des Taubenhofes, lief die Straße in einer geraden Linie bis nach der Meisengasse, da aber nunmehr die Häuser der Hochstraße bei jener Gelegenheit Gärten erhielten, die den Raum der Straße und noch einen Theil der ehemaligen Taubenhofsgärten bedecken, so mußte dieselbe in einem Winkel abgebogen werden. vid. D.164 gr. Eschenheimergasse 41.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Theaterplatz | Komödienplatz
[kein Datum]
Band 11, Seite 13
Theaterplatz 9
E.186
23. Dezember 1868
In diesem Hause befand sich die Schule des Lehrers Gräf, ein für seine Zeit bekannter Mann und besonders in der Erinnerung fortlebend durch die kleine Lebensscizze, welche Sauerwein 1833 von ihm entworfen hat und welche unter dem Titel der Gräf wie er leibt und lebt in der Localpoesie Frankfuirts sich eine dauernde Stelle erworben hat.
Der vollständige Titel lautet:
Der Gräf wie er leibt und lebt, eine wahrhaftige Schulscene aus den Papieren eines Erstklässers,
Frankfurt a. M. bei Carl Körner, 1833 (Zweite Auflage)
Band 11, Seite 15
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
Frkft. Intell. Bl. vom 30. Juli 1782:
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
[kein Datum]
Es wird auf dem Platz vor dem Schauspielhaus (vor dem neuerbauten) das Monter und Wagenspanner Stübchen nebst dem Spritzenhäuschen auf den Abbruch verkauft um den Platz zu vergleichen.
26. Juli 1782.
Band 11
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
Frkft. Intell. Bl. vom 6. April 1780:
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
[kein Datum]
Der Rath läßt das Schauspielhaus erbauen.
Band 11, Seite 16a
Am Thiergarten 52 früher an der Pfingstweide
13. Juni 1879
[Hier und im Folgendem von der Chronologie abweichende Paginierung C. K.]
Gegenwärtig im vollen Abbruch begriffen um auf den Platz ein Schulhaus zu bauen.
Es wurde von der hies. Israelitischen Gemeinde zu diesem Zweck erworben und gehörte früher zu dem Militair Lazareth. Ob es zu dieser Bestimmung erbaut wurde, konnte ich noch nicht ermitteln. Das Hauptportal des einstöckigen Hauses entspricht, wie die Ausführung des ganzen Gebäudes, dem Ende des 17. Jahrh. Im Inneren an den Fenstern, die sich rechts und links neben der Hausthüre befinden, sind gemauerte Sitzplätze angebracht, die der ganzen Räumlichkeit mit den tiefen Fensterblenden einen eigenthümlichen Anstrich geben. Die Steinmetzen Arbeit an dem Hause ist reich, aber etwas roh in Ausführung und Anordnung, so daß ich es unterließ, eine Abb. Davon zu geben. Ueber dem Thürfelde ein Schild mit verschlungenen Bändern, deren Züge ich anfänglich für ineinandergefügte Buchstaben hielt, nun aber gefunden habe, daß es nur ein Ornament darstellt. Das Ganze erinnert im Baustyl lebhaft an unsere aus dem 17. Jahrh. stammenden alten Stadtthore und ist nur weniger fein in Profilirung und Ausführung.
Die hölzerne Treppe hat am Geländer zierlich gedrehte Stäbe, und allerlei seltsames Gewinkel durchzieht das ganze Haus, das übrigens im Lauf der Zeiten manche Veränderung erlitten hat. Hinter demselben ein großer Garten.
Man kann sich die Pfingstweide in der aus unserer Jugend bekannten Ausdehnung
Band 11, Seite 16aa
nun gar nicht mehr recht denken, seitdem der Zoologische Garten angelegt wurde, dessen Begrenzungswand nun das Gegenüber des Hauses bildet, während sonst der Blick unter den dunklen Baumgruppen weg auf die weit ausgedehnten Weideplätze fiel. Fällt nun gar anjetzo das in Rede stehende Haus, das in seinem eigenthümlichen Aussehen der ganzen Gegend den Stempel aufgedrückt hatte, so ist der Eindruck total verwischt und keine Spur des früheren Aussehens mehr vorhanden.
Band 11, Seite 16b
Am Thiergarten 54
13. Juni 1879
Ein mit der Hauptseite nach der Straße zu sehendes Haus, welches lange Zeit von dem Gärtner Neder bewohnt wurde. Früher hieß die Gegend an der Pfingstweide, weil vor Anlegung des neuen Zoologischen Gartens der Weg, an welchem das Haus liegt, auf der gegenüberliegenden Seite von der Pfingstweide begrenzt wurde. Grade dem Hause gegenüber befanden sich die großen Linden und Silberpappeln, die den alterthümlichen, in die Erde eingetieften Brunnen überstanden, und unter diesen Bäumen waren Tische und Bänke angebracht, auf denen bis in die 30er Jahre hinein die Waisenkinder um Pfingsten mit Reißbrei und Kalbsbraten in Folge einer Stiftung öffentlich gespeist wurden. Hier vor diesem Hause stand der Gärtner Neder als Knabe und war Augenzeuge, wie nach der Schlacht bei Hanau Napoleon in Begleitung des Herrn v. Bethmann diesen Weg nach de[m] letzten Gartenhause einschlug. Der Kaiser ritt, umgeben von seiner Generalität und seinen Adjudanten im Schritt daher und hatte Herrn v. Bethmann neben sich, mit dem er sich eifrig unterhielt. Gerade an dieser Stelle oder doch nur einige Schritte entfernt, stand auch das Lazarett, welches im folgenden Jahre ein Raub der Flammen wurde.
Neder selbst hat meinem Freunde, dem
Band 11, Seite 16c
viel verdienten und viel verkannten Localschriftsteller Dr. jur. Pfeiffer, Polizeiassessor, den Vorfall oft erzählt, zumal er mit ihm und dessen Familie befreundet war; wurde der Gegenstand öfter von ihm, namentlich bei Gelegenheit der Abfassung des Buches „Einzug der Alliirten“, das im Jahr 1846 dahier erschien, besprochen. Mein Vater sowohl wie ein großer Theil der uns befreundeten Familien hatten die in dem Buch geschilderten Ereignisse mit erlebt und jubelnd vor Freude anerkannt, wie wahr und getreu die darin enthaltenen Schilderungen seien. Später in den 50er Jahren wurde das Buch von Gelehrten, die aber die Thatsachen nicht mit erlebt hatten, vielfach angefochten, auch theilweise die darin geschilderten Vorgänge zu widerlegen gesucht, allein meiner Ansicht nach ganz ohne Erfolg. Pfeiffer, ein Kind seiner Zeit, erzählt, was er gesehen, erlebt, mitgemacht und mitgefühlt hat; er erzählt das nach seiner Weise und verflicht zuweilen Privaterlebnisse und Gespräche hinein, die ihm von unserer Zeit, der jener Geist und jene Ausdrucksweise fremd geworden, ja sogar veraltet erschienen, zum Vorwurf
Band 11, Seite 16ca
gemacht, ja sogar als Fehler angerechnet worden, ohne zu bedenken, daß gerade in jener unbefangenen und harmlosen Erzählungsweise die Wahrheit gleich einem silbernen Bande leuchtender durchscheint als aus alten trockenen Documenten und gelehrten Forschungen. Ich habe Leute aus allen Schichten unserer Bevölkerung das Buch mit dem allerhöchsten und ungeschminktesten Interesse als durchaus wahr und treffend sowie mit der ihnen zur anderen Natur gewordenen Erinnerung an jene gewaltigen Erlebnisse genau übereinstimmend, rühmen hören, und vermochten dieses Urtheil die hämischen Bemerkungen jener Gegner, die gern selbst es gesagt hätten und gerne selbst die Verfasser wären, nicht umzustoßen. Pfeiffer war ein strenger und gewissenhafter Forscher und durchaus wahrheitsliebend und redlich in seinen Bestrebungen; dieß habe ich mehr als einmal zur Genüge kennen gelernt, und er kann, da er wirkliche Thatsachen berichtet, jedem an die Seite gestellt werden, die Anspruch auf Wahrheit und Deutlichkeit machen.
Der Kern seiner Erzählungen wird einzig in unserer Bevölkerung fortleben.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Thürme in der Stadtmauer | Sachsenhausen
[kein Datum]
Band 11, Seite 17
Elphant | Hirtenthurm | An der Stadtmauer am Frankensteiner Hof in Sachsenhausen | [Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen] No. 1
Juni 1869
Die Abb. [RS0022] stellt diesen Thurm im Jahr 1857, 2. Nov. dar, seit jener Zeit nun ist an demselben vieles verändert worden. Die Mauer, welche der vorliegenden Treppe als Brustwehr diente, ist 1866 abgebrochen worden, sowie die an demselben anstoßende Stadtmauer um ein Bedeutendes niedriger gemacht wurde. Von den alten Thürmen in Sachsenhausen, welche noch erhalten sind, ist es der bedeutendste und schönste und macht trotz seiner Einfachheit einen höchst malerischen Eindruck. Im Inneren enthält er nichts, was architektonisch von Belang wäre, aber von der Außenseite gegen das Mainufer hin, bildet er mit dem daran stoßenden Thorhaus ein äußerst charakteristisches Merkmal. Leider gehen seine Kameraden mit Riesenschritten ihrem Verfall und gänzlicher Zerstörung entgegen.
Das Eckhaus auf der Abbildung trägt an dem Tragstein unter dem ersten Stock die Jahreszahl 1698. Auch an ihm hat sich seitdem die Neuzeit versucht und es mit einem frischen Kalkputz überzogen.
Um die Beschreibung und Auffindung dieser Thürme zu erleichtern, bezeichne ich dieselben durch Nummern, da sie nicht alle besondere Namen führen und fange mit dem in Rede stehenden als No. 1 [an], sodann folgt No. 2, mehr nach dem Holzmagazin hin No. 3. Der an der neuen, im Jahr 1848 durchbrochenen Pforte am nächsten No. 4, ebenfalls Hirtenthurm genannt, am Ende
[Fortsetzung auf Seite 18 S. E.]
Band 11
12. April 1881
Seit Kurzem ist die Mauer, welche nach der Brücke hin führt und welche schon 1867 niedriger gemacht wurde, gänzlich der Erde gleich niedergelegt worden. Es steht nur noch ein kleines Stückchen dicht am Thurm längs des Schoppens aufrecht.
Band 11, Seite [18]
der Auslagergasse neben dem Thore, das in das Auslager (dermalen Holzmag.) führt, No. 5, der Letzte in der Reihe.
Im Anfang des Jahres 1867 wurde die Stadtmauer, welche von dem Thurme nach der Brücke hin führt, bis auf die Höhe von 3 Fuß vom Boden niedriger gemacht; es geschah dieses bei der Anlegung der Treppe, welche von der Brücke herunter führt und verschwand auch bei dieser Gelegenheit das alte „Trinkpförtchen“ in der Mauer zunächst der Brücke. Bei der Anlegung der erwähnten Treppe, mit welcher schon im December 1866 begonnen wurde, fand man bei den Aufgrabungen des Bodens bei diesem Pförtchen die Reste der am 25. Juli des Jahres 1342 sammt dem Brückenthurm von den Wellen der furchtbaren Ueberschwemmung niedergerissenen Catharinencapelle, Gewölberippen, Hausteine und vor allem einen wohlerhaltenen, reich verzierten Schlußstein, s. Abb. [RS0012]
Der obere Aufsatz des Thurmes ist von Holz mit Schiefersteinen beschlagen, der untere Theil massiv von Kalksteinen aus dem Wendelsbruch aufgeführt, die mit starken Läufern und Bindern von blauem Stein Aufgesetzt, ebenso theilweise die Fenster und Thürgewände. Die Läden sämmtlicher Thürme waren zum Aufstellen eingerichtet, wurden aber später vielfach umgeändert. Auf dem Merianschen Plan von 1628 befindet sich der Thurm abgebildet und ist bis zu den oben erwähnten Veränderungen ziemlich unberührt geblieben. Dasselbe gilt von dem vorstoßenden Thorhause, das jedoch von innen seit langer Zeit mit einem kleinen Anbau verdeckt ist. S. Abb.
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22. Juli 1877
Heute fand ich am Fuß des Thurmes neben dem Eingang den sonderbaren Wassertrog, s. A. und Beschreibung.
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23. März 1881
Soeben geht mir eine Notiz des Herrn E. Padjira zu, in welcher er mir die Namen der Thürme, die er bei seinen Nachforschungen gefunden hat, freundlichst mittheilt und die ich nicht vermag, sie meinen Aufsätzen nun voranzustellen.
Band 11, Seite 19
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 2 | Weiss Ross
1863
Im Laufe des Sommers dieses Jahres wurde dieser Thurm seines Daches beraubt, mit einem anderen versehen und in ein Wohnhaus verwandelt, so daß er jetzt schwer aufzufinden ist. s. Ab. Die ganze Umgebung desselben mit dem Stück der alten Stadtmauer, in welcher er stand, war eine äußerst malerische.
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2. August 1877
Seit mehreren Jahren sind um diesen Thurm und in der nächsten Nähe desselben so viele der alten Häuser abgebrochen und durch Neubauten ersetzt worden, daß man sich kaum mehr einen klaren Begriff von dem früheren Zustande zu machen im Stande ist.
Das zu diesem Thurm verwendete Baumaterial ist dasselbe wir bei der No. 1, nur ist mehr rother Sandstein als Haustein verwendet.
Auf dem Merianschen Plan von 1628 hat dieser Thurm einen hölzernen Aufsatz, der verschwunden ist und durch ein zweispitziges Walmdach ersetzt war, das direct auf der Mauer[...] aufsaß. In diesem Zustande kannte ich ihn von Jugend auf bis ihn im Jahr 1863 das obenerwähnte Schicksal ereilte.
Band 11, Seite 21
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 3 | Pulverthurm
Januar 1870
Gegenwärtig wird das Dach des Thurmes, das seit einiger Zeit gänzlich in Verfall gerathen und an verschiedenen Stellen durchlöchert war, abgebrochen, um dem gänzlichen Einsturz vorzubeugen; was weiter geschehen wird, ist nicht abzusehen, jedenfalls geht der alte eigenthümliche Charakter damit gänzlich verloren. Ein oberes hölzernes Stockwerk hatte der Thurm gleich dem No. 2 nicht, sondern nur ein ganz einfaches Walmdach. Einen besonderen Namen desselben konnte ich noch nicht auffinden, wie es mir auch nie gelingen wollte, in das Innere desselben zu gelangen, s. Abb. [RS0202]
Auf dem Merianschen Plan von 1628 besitzt dieser Thurm einen hölzernen Aufsatz gleich dem von No. 3 und war ebenfalls von Hausteinen zum größten Theil aufgeführt mit reichlicher Anwendung rothen Sandsteins.
Zwischen allen Thürmen befanden sich auf der Mauer vorspringende Erker mit Zinnen, welche aber nicht mehr in die Zeit meiner Erinnerung fallen und aller Wahrscheinlichkeit nach im Anfang dieses Jahrh., wenn nicht früher schon, entfernt wurden, vielleicht wie Batton angiebt, bei der im Jahr 1812 vorgenommenen Erniedrigung der Mauer. VII. p. 55. Genaueres darüber ist mir nicht bekannt geworden und dürfte sehr schwer zu ermitteln seyn.
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22. Juli 1877
Heute konnte ich bequem an den unteren Eingang des Thurmes gelangen, welcher sich in dem Hofe des Hauses Lit. N.186a, Rittergasse 78 im Klöppelhof befindet; er ist ganz im alten Zustand erhalten und mit einem Schoppendache überdeckt, die Thürgewänder bestehen aus blauen Steinen und sind einfach
Band 11, Seite 22
abgefaast. Die Thüre von sehr starkem Eichenholz hat ein kleines vergittertes Fenster. Der Raum hinter derselben ist fensterlos, total dunkel und hat nichts Bemerkenswerthes.
Der Thurm gehört der Stadtkämmerei und ist vermiethet. S. Abb. [RS0202] - Der obere Stock ist nunmehr unzugänglich und wächst ein Eschenbäumchen aus ihm heraus. Bei der vorgeschlagenen Straßenveränderung wird er wahrscheinlich fallen.
In dem Hofe liegt eine schwere steinerne Kugel, die wahrscheinlich aus der Belagerung von 1552 herstammt. Die Abb. [RS0202] giebt ein sehr deutliches Bild und ist eine weitere Beschreibung nicht nöthig.
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20. Juli 1880
Seit einiger Zeit sind die alte[n] Gebäude um den Thurm herum vollkommen niedergelegt und steht derselbe als ein trauriger Stumpf mit seinen ihm anschließenden geringen Resten der ebenfalls blosgelegten Stadtmauer allein da. Die ganze Umgegend ist umgestaltet und nicht mehr zu erkennen. - Die jetzige Generation hat auch ihre Rechte und Ansprüche. Der Mohr hat seine Schuldigkeit gethan, der Mohr kann gehen.
Band 11, Seite 23
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 4 | Hirtenthurm | Rehkalb
6. Juli 1877
Schon im Jahr 1851 hatte ich Gelegenheit, das Innere dieses Thurmes zu untersuchen, auch früher schon denselben sammt seiner Umgebung genau gezeichnet, trotzdem aber drängte es mich nunmehr, da die großen Veränderungen, welche der Neubau der Brücke am Obermain nach sich ziehen und denselben in seiner Existenz bedroht, abermals alles Detail womöglich noch in Abbildungen zu retten und hierher in erster Linie neben den Darstellungen seines äußeren Aussehens eine Abbildung [RS0190] seines Inneren und namentlich des zweiten Stockwerks, in welchem sich dermalen die Küche befindet. Es wird sammt dem daran stoßenden kleinen Haus gegenwärtig von dem Schweinehirten bewohnt und bildet sein unterster Theil nur das Treppenhaus zu dem erwähnten Häuschen, der obere Theil aber die Küche. Aus dem nach Osten gelegenen Fenster derselben hat man eine reizende Aussicht nach den Wällen am Holzmagazin und über dieselben hinweg nach den blauen Bergen des Freigerichtes bei Aschaffenburg.
Es ist in der That überraschend, in der engen Straße und bei der scheinbar versteckten Lage des Thurmes einen so schönen Blick zu finden und muß derselbe wohl von jeher so gewesen seyn, indem in der nächsten Nähe gar keine Veränderungen stattgefunden haben. Sehr deutlich zeigt sich die alte Stadtmauer nebst dem Thurm No. 5, der gegenwärtig in Ruinen liegt, s.d. und wahrscheinlich bald der Zerstörung gänzlich zum Opfer fallen wird,
Band 11, Seite [24]
s. Ab. Der Raum mit der heraufführenden Holztreppe und den gemauerten Sitzen in der tiefen Fensternische, welche nunmehr in einen Wasserstein verwandelt ist, macht gar einen behaglichen Eindruck, ebenso die Lucke, durch die man in das Dachgebälke steigt und erinnert vielfach an die Thürme in den kleinen rheinischen Städtchen.
Ein Blick auf die Abbildung, welche uns den Zustand von 1851 vor Augen führt, da noch alles vollkommen erhalten war, zeigt, wird das Gesagte zur Genüge beweisen.
Von außen ist dieser Thurm noch mit am besten erhalten und von einem prachtvollen Nußbaum beschattet, durch dessen beinahe bis auf den Boden des Walles herabhängendes Laub man den Pfarrthurm und einen Theil der Brücke erblickt.
Neben dem Thurm in der Mauer steht noch das alte Thor, das in das ehemalige Auslager führte und erbaut wurde, als dasselbe später als Holz- und Wellenmagazin benützt wurde. Das eigentliche Thor, was zu dem Zwecke der Verbindung diente, lag oder liegt bei dem Thurme No. 5 und wurde erst in neuerer Zeit sichtbar.
Malerischer kann man wohl dahier nichts finden, und die längste Beschreibung wird wie immer hinter der Anschauung zurückbleiben. Zur Erklärung sind die einschlägigen Abb. [RS0201] [RS0200] [RS0203] und Textstellen nachzusehen.
Weiter ist noch zu bemerken, daß dieser Thurm auf der
Band 11, Seite 25
inneren Seite mit Fachwerk zugeschlagen ist, was der Vermuthung Raum giebt, daß er früher eben so gewesen, was auch der Meriansche Plan von 1628 so ziemlich anzudeuten scheint, indem der Thurm auf demselben schon ganz so aussieht wie heute noch. Thor und ganze Umgebung sind neuere Zuthaten.
Das Baumaterial ist dasselbe wie bei den vorigen, doch ist wieder auf den Ecken der blaue Stein vorherrschend.
Die Einrichtung für Läden zum Aufstellen ist noch an den ausgebrochenen Haken zu sehen. Ich verweise wiederholt auf die verschiedenen einschlägigen Abb., welche die ganze Localität zur Genüge erklären.
Band 11
4. Dezember 1877
Dem Thurm sowie den anstoßenden Mauern und Gebäuden droht nun ernstlich der Untergang indem die Stadtkämmerei den Bewohnern auf den 3. Januar 1878 gekündigt hat und soll sodann unverzüglich der Abbruch beginnen. Das Thor nebst dem Holzschreiberhäuschen und dem herrlichen Nußbaum stehen noch, werden aber ebenfalls fallen.
Band 11
25. Februar 1878
Seit ungefähr vier Wochen ist der Nußbaum gefällt und liegen seine Reste vor dem Thurm; das Thor und die angrenzende Mauer sind ebenfalls abgebrochen und liegt nun der alte Wall nackt da. Ueber ihn
Band 11, Seite [26]
herüber ragt der Pfarrthurm. Bei dem Abbruch des an den Thurm angelehnten Abtritts kam ein kleines, sauber in den Kalkputz gezeichnetes Täfelchen zum Vorschein, auf dem sorgfältig eingeritzt steht: Renov. 1828.
Das an den Thurm anstoßende Wohnhäuschen hat bereits einen Theil seines Ziegeldaches eingebüßt. Der Thurm aber steht noch.
Band 11, Seite 27
Thurm No. 4 am Auslager
13. Januar 1878
Heute besuchte ich die Abbruchstätte; das Thor nebst der ganzen Mauer sowie das Holzschreiberhäuschen nebst der dabei befindlichen Einzäunung sind gefallen und steht nur noch der Thurm und der herrliche Nußbaum, der seines Gleichen auf weit in die Runde nicht hat, aber bereits dem Tode geweiht ist. Der hartgefrorene Boden (6 Grad kalt) erlaubte das Herumgehen auf dem aufgefüllten Terrain, in das man noch vor wenigen Tagen bis an die Waden einsank und somit alle und jede Untersuchung unmöglich war. Die ganze Gegend ist total verändert und wird es durch die Entfernung des Thurmes noch mehr werden. Sehen wir, was die nächste Zukunft bringt; ich habe das meinige redlich gethan und gerettet, was in meinen Kräften stand.
Band 11
Thurm No. 4 in der Stadtmauer in Sachsenhausen | Am Holzmagazin
8. Juli 1878
Seit dem 5. d. ist der Thurm gänzlich niedergelegt und der Erde gleich, nachdem zu seinem Abbruch ungefähr drei Tage erforderlich gewesen sind. Besonders Interessantes wurde dabei nicht zu Tage gefördert, das Mauerwerk war noch vortrefflich erhalten und setzte den Brechinstrumenten einen ziemlichen Widerstand entgegen.
Band 11, Seite 29
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 5 | Thiergarten
Januar 1878
Im Laufe des Monats wurde dieser Thurm seines oberen hölzernen mit Schiefersteinen beschlagenen Stockwerks beraubt, nachdem dasselbe derart baufällig geworden war, daß es Einsturz drohte. Neben diesem Thurm befindet [sich] das alte eigentliche Eingangsthor in das Auslager und ist dasselbe gegenwärtig bis zu einem Drittel seiner ehemaligen Höhe mit Erde zugeschüttet, so daß nur der obere Theil seines Bogens etwa 4 Fuß über dem Boden erscheint. Ein gleiches Schicksal hat mit ihm ein anderes Thor, das aus dem Thiergarten Bollwerk in die Auslagergasse und den ehemaligen Zwinger führte und sich bei dem Thurm in der Mauer befindet, die sich an die Mainmauer rechtwinkelich anschließt.
s. Ab. [RS0189], welche beide Thore deutlich zeigt. Auf dem Merian‘schen Plan von 1628 ist der Thurm mit diesem Thore bereits zu sehen, während das ersterwähnte von innen mit einem Häuschen zugebaut ist.
Er stand als der nächste und letzte am Holzmagazin und war von dem hinter ihm gelegenen höheren Thiergarten Bollwerk bequem zu übersehen, s. Ab.
Ich habe ihn zu öfteren Malen genau untersucht und nichts besonders Bemerkenswerthes in seinem Inneren gefunden, dagegen war er von außen höchst malerisch. Im Augenblick bietet er das Bild einer traurigen Ruine dar, und der Wind streicht durch die offenen Fenster und Schlitze. Die Ausfüllung des Bodens,
Band 11, Seite [30]
welche sich auch auf den hinter der Mauer liegenden Zwinger erstreckt, geschah wahrscheinlich bei der Einrichtung des Holzmagazins um den schwerbeladenen Wagen leichtere Ein- und Ausfahrt zu verschaffen und wurde bei dieser Gelegenheit das ganze Terrain eingeebnet.
Band 11
6. März 1877
Durch den Bau der Obermainbrücke wird die ganze Gegend verändert und droht dem Ueberrest des Turmes nebst seiner ganzen Umgebung der gänzliche Untergang.
Band 11
2. Oktober 1877
Ein großer Theil der den Thurm umgebenden Mauern und sämmtliche in dem Bleichgarten dabei gestandenen Häuser sind mittlerweile abgebrochen und der Erde gleich gemacht worden; die obenerwähnten Thore stehen zwar noch, allein wahrscheinlich werden sie ebenfalls bald dem Schicksal der Zerstörung anheimfallen.
Nach der Rittergasse hin ist ein Durchbruch hergestellt und zu diesem Zwecke das Haus No. 18, N.136 daselbst niedergelegt worden, es wird nicht lange mehr dauern, so erkennt das Auge die Stätte nicht wieder.
Band 11
4. Dezember 1877
Seit ungefähr 14 Tagen ist der Thurm der Erde gleich gemacht sammt dem größten Theile der ihn umgebenden Mauern, und das Terrain um denselben schon auf eine Höhe von 13 Fuß bereits ausgefüllt.
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Thürmchen, Altanen und hängende Gärten
1865
Es war früher vielfach gebräuchlich, auf den Dächern zwischen den Schornsteinen und Giebeln durch untergelegte Stützen und Balken einen kleinen horizontalen Boden zu gewinnen, der meistens mit Brettern belegt war und durch ein eisernes oder hölzernes Geländer brustwehrartig gegen die Tiefe nach der Straße oder dem Hofe hin, abgeschlossen war. Meistens hatte man rings umher an den sonnigen Dachwänden Blumen in Töpfen und in mit Erde gefüllten Kasten angebracht, manchmal sogar ganze Lauben mit Bohnen und Kapuzinerblumen gebildet, die an Schnüren willig und dankbar hinaufwuchsen. Gewöhnlich trieben hier die Kinder des Hauses ihr ungestörtes Wesen; und es waren gar trauliche Plätzchen, von denen man in das umliegende Getreibe recht behaglich hineinschauen konnte.
Hier in einen ziehbrunnenartigen Hof, dort in eine Werkstätte voll lustig pfeifender Schuhmacher- und Schneidergesellen, zuweilen aber auch über die ganze Stadt weg mit ihren Kirchen und Giebeln hinaus in die blaue Ferne. Glücklich wurde immer der gepriesen, auf dessen Hause sich
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eine Altane befand, oder ein Thürmchen, die damals ebenfalls in Masse vorhanden waren und entweder als Schluß eines Treppenhauses oder selbständig oft aus dem wunderlichsten unbeschreiblichen Gewinkel über die Häusermassen hervorstiegen. Man war da ganz in der Nähe der Wetterfahnen und Dachknäufe, und der aus den umliegenden Schornsteinen aufwirbelnde blaue Rauch mit seinem eigenthümlichen Geruch erhöhte das malerische der Situation noch um ein Bedeutendes. Wahre Schwelgereien in ahnungsvoller Romantik waren die Stunden, welche man Abends, vor Allem aber an sonnigen Samstag-Nachmittagen, an denen die Schule freigegeben war, hier oben verlebte, mit dem beseligenden Kindergefühl „Morgen früh ist Sonntag und keine Schule.“ Ich erinnere mir in der Graubengasse vieler solcher Plätzchen, doch fanden sich die meisten in der unteren Straße, Neugasse, Markt, nach dem Dom hin, vor. Auch auf dem Graben und der Catharinenpforte sowie Bleidenstraße waren sie in Masse, und in letztgenannter Straße verschwand erst in diesen Tagen einer der schönsten mit dem Abbruch des Hauses K.171 und K.172. Eins der schönsten Gärtchen bot das Dach der Goldenen Waage in der Höllgasse s.d. und ich wüßte fast dahier nichts Aehnliches. Die Zahl der Thürmchen anzugeben,
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wäre eine sehr schwierige Aufgabe, trotzdem, daß gegenwärtig eine große Menge davon verschwunden sind; allein auf dem großen Panorama von Morgenstern, welches den Zustand unserer Stadt im Jahr 1809 - 1811 darstellt, finden sie sich noch so ziemlich alle vor, sie sind kaum zu zählen.
Die bedeutendsten waren: Auf dem v. Reineck‘schen Haus in der Hasengasse, Döngesgasse, Französische Krone, auf den Häusern zum Fingerlein in der Schnurgasse, auf dem v. Adlerflycht‘schen Hause in der Gallengasse, auf dem Hause zum Schönstein am Fahrthor, auf dem goldnen Roß am Goetheplatz, dann Goldne Waage, Klein Nürnberg hinter dem Lämmchen, Gläsern Hof, Römer, Würzburger Eck in der Schnurgasse, Eselsstall jetzt Rheinischer Hof am Leonhardsthor auf dem Meyer‘schen Haus E.138 große Bockenheimergasse; Schlesingerhof in der Schlesingergasse, Großen Speicher Rosengasse, und noch an vielen anderen Orten. Zwei der allerschönsten Altanen mit Blumen entdeckte ich erst dieser Tage auf einem Hause in der Borngasse. Ihre nähere Beschreibung ist bei den betreffenden Häusern nachzusehen, eine ausführlichere Darstellung findet sich bei dem Hause Klein-Nürnberg, s.d. welche so ziemlich für alle paßt, und am meisten auf Vollständigkeit Anspruch machen kann. Nach und nach verschwin-
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den alle diese Dinge, weil sie als sogenannte unbenutzte Räume keine Zinsen tragen und bei dem immer größeren Bedürfniß nach Raum, werden der jetzigen Generation bald alle jene Zeugen einer friedlich verlebten Vergangenheit aus dem Gedächtniß ausgetilgt sein.
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Töngesgasse (Tönges- oder Antoniusgasse)
[kein Datum]
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Grosser Bär | Kleiner Bär | Hof zum Bären | Zwei Bären
Töngesgasse 40 | Holzgraben 11
G.27
4. Mai 1853
Ein stattliches Haus, über dessen Eingangsthor, reich mit Steinhauerarbeit umgeben, zwei Bären von sehr guter Arbeit sich befinden, welche den Namen des Hauses versinnbildlichen. Es ist vielfach verändert, doch ist trotz alldem die alte Fensterstellung noch deutlich zu erkennen und sind nur hie und da die Kreutzstöcke aus den den Fenstern herausgeschlagen um größere Oeffnungen zu gewinnen.
Im Hinterhause links steht über einer, mit einem Spitzbogen überwölbten Thüre die Jahreszahl 1494 ausgehauen. Dieser Theil des Hinterhauses scheint mir dem Gewölbe im Vorderhaus neben dem Thorbogen sammt diesem der älteste Ueberrest der vielfach reparirten Gebäude zu seyn. Die inneren Räume des ebenbenannten Theiles haben in der Zeit der Renaissance eine ziemlich durchgreifende Veränderung erlitten. Man hat eine nicht unschöne Decke hineingelegt, welche beifolgendes Wappen mehreremals trägt und zierlich in Füllungen ausgearbeitet ist, welche wieder Thiergestalten und sonderbare Verzierungen in sich schließen. Hölzerne starke Pfeiler mit gegliederten Bügen stehen darin zur Unterstützung der Decke. Im ersten Stock sind in den alten sehr tiefen Fensternischen Steinsitze angebracht. Nach der Seite des Hofes zu hatte das Haus nach Abbruch des darangebauten kleinen Verbindungsganges sein alterthümliches Aussehen vollkommen erhalten.
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6. April 1855
Im Augenblick ist das Innere des Hinterhauses zu einer Fabrick einzurichten, zu welchem Behuf eine Lauftreppe in die eine Ecke des unteren großen Raumes gestellt wurde, wie auch durch das Anbringen eines großen Schwungrades, um Lasten in den oberen Stock zu schaffen, die Localität ein durchaus verändertes Ansehen erhält.
Aus den Fenstern, die in das enge Gäßchen im Hofe führen, hat man als nächstes Gegenüber die Hinterhäuser von Lit. G.25, G.26, Töngesgasse 42, 44 von höchst alterthümlichem Aussehen mit alten Fenstern, welche noch runde Scheiben haben und mit Mauergiebeln, die im alten Kalkputz stehen, ohne angestrichen zu seyn.
Die obenerwähnte Jahreszahl 1494, welche oben an einer Thüre dieses Hauses sich befindet, scheint überhaupt die Erbauungszeit der sämmtlichen jetzt vorhandenen Gebäude zu seyn, die nur nach und nach durch Reparaturen in ihre jetzige Form gebracht wurden, wenigstens deuten die Rippen in den Gewölben so wie die ganze Form derselben auf jene Zeit zurück. Die Hintergebäude ruhen auf der alten Stadtmauer und hoffe ich, Gelegenheit zu haben, später eine eingehendere Untersuchung derselben geben zu können.
Ich erinnere mich des Hauses als eines Spielplatzes meiner Jugend und [ich] kann den Eindruck, den mir
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die langen klösterlichen Gänge machten, durchaus nicht vergessen. Ebenso das Heiligenbild im Hofe, das mir schon als Kind gefallen hatte.
Rechts im Hofe neben dem Eingangsthor befindet sich in einer halbrunden Nische mit Muscheln verziert der wahrscheinlich alte Brunnen. Ueber demselben das beigefügte Wappen der Familie Rhost v. Eisenhardt,
s. Abb. - Der hinter dem Hause liegende Garten stieß auf den alten ehemaligen Stadtgraben. Heutigen Tages noch machen die Gebäude vom Graben aus gesehen einen ziemlich mittelalterlichen Eindruck trotzdem daß durch abermalige Veränderung die Dächer derselben sehr entstellt wurden.
Band 11
Juli 1856
Als ich heute das steinerne Standbild des Hl. Christoph näher untersuchte, fand ich, daß derselbe wahrscheinlich auch aus der Zeit von 1494 stammt und sogar sehr schön in Auffassung sowohl wie in der Ausführung ist, die Säulchen an den Seiten mit ihren Sockeln und den daran befindlichen Wappen sind ebenfalls alt und hat mich nur im Anfang der im vorigen Jahrh. aufgesetzte Baldachin irre geführt.
Welcher Familie die beiden Wappen angehören, wird die Folge ergeben.
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10. Mai 1859
Heute zeichnete ich das Steinbild des Hl. Christoph und
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wurde bei dieser Gelegenheit mit dem jetzigen Besitzer des Hauses, Herrn Rieger bekannt, welcher mir mit großer Freundlichkeit im Inneren alles zeigte und mich in den Stand setzte, die Stadtmauer, auf der das Haus ruht, näher zu untersuchen. Da fand ich denn zu meinem größten Erstaunen, daß dieselbe noch ganz erhalten ist, aus sieben Bogen besteht, welche die ganze Länge des Hauses einnehmen. Dieselben haben unten eine Dicke von 9 Fuß, oben von 8 und sind nun über 700 Jahre alt und reichen bis in den ersten Stock, woselbst alsdann die Mauern im 15. Jahrh. aufgesetzt sind; es fällt dieß hier recht ins Auge, da der Aufsatz natürlich in viel geringerer Stärke aufgeführt, einen Unterschied von ein paar Fuß bildet. s. Ab. [R1027] Die untere Mauer von 1140, das aufgesetzte Stück von 1494.
In dieser alten Mauer nun befanden sich allerhand Seltsamkeiten und unerklärliche Sachen, in der Dicke derselben hinziehend Luftlöcher aus dem Kellergewölbe; ein geheimes ausgemauertes Versteck, welches ebenfalls bis in den Keller reichte u.s.w. Die Verjüngung nach oben war nach innen zu gerichtet und hatte deßhalb auf dieser Seite die Mauerfläche eine schräge Neigung.
Ein altes Treppenthürmchen links im Hofe ist mittlerweile verschwunden, indem Herr Rieger es abbrechen ließ.
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Bei einer eben im Hofe vorgenommenen Ausgrabung eines ungefähr 10 Fuß tiefen Loches findet man ein altes Pflaster, ebenso eine Menge verzierter Bodenplättchen in zwei verschiedenen Mustern, die ich selbst in großer Anzahl gesehen habe und zeichnete, wahrscheinlich stammen sie aus der Renaissancereparaturperiode. Die dritte Umgestaltung und theilweiser Neubau, aus welcher der Brunnen im Hofe stammt und das Portal sowie ein steinernes Gartenhäuschen und welche mit großem Aufwand ausgeführt wurde, fällt in [die] 1780[er] JahreR61:R266.
Die vorstehenden Abb. [R0757] [R0756] sind betreffenden Ortes nachzusehen. Von dem im Jahre 1719 stattgehabten großen Brande wurde das Haus nicht berührt.
Band 11
1. September 1873
Seit ungefähr 14 Tagen ist der obenerwähnte alte Brunnen Behufs der Erweiterung des Vorderhauses abgebrochen worden, und der von ihm eingenommene Raum wurde überbaut.
Der Verkauf des Hauses wird abermalige Veränderungen bringen.
Band 11, Seite 41
29. September 1873
Durch den Verkauf des Hauses drohen demselben abermalige Veränderungen und wird bald nichts mehr von den alten Bauten übrig seyn. Zu meiner großen Ueberraschung fand ich heute bei einer nochmaligen Untersuchung im Hinterbau einen Raum, der bis jetzt ganz verbaut und, als Fabrik und Lagerraum benutzt, in seiner Eigenthümlichkeit nicht zu erkennen war. Er hat die größte Ähnlichkeit mit dem Refectorium des Weißfrauenklosters, s.d. - Decke und Wände bestehen aus Holztafelwerk, und die drei Fenster, welche nach dem Hofe gerichtet sind, wurden durch äußerst zierlich profilirte Fensterpfeiler, welche viel reicher wie die obengenannten sind, voneinander getrennt. s. Ab. [R0765] [R0758] Die hintere, nach dem Garten gerichtete Wand ist die uralte Stadtmauer und gibt dem Gemach durch ein in einem Bogen eingebrochenes Fenster auch von dieser Seite Licht.
Der Einbruch dieses Fensters und die zierliche Holzverschalung des ganzen Bogens sind gleichzeitig mit der ganzen Einrichtung und stammen aus dem Ende des 15. Jahrh.
Zwei Tragsteine, welche theilweise das Deckengebälke tragen helfen, sind elegant profilirt aus der spätgothischen Zeit wie der ganze Bau, s. Ab. [R0761]
Dieser Raum liegt ungefähr vier Fuß höher als die übrigen Lokalitäten des Erdgeschosses und ist durch Reparaturen und unzählige Einbauten und Veränderungen über alle Maßen entstellt. Es stellt sich immer mehr und mehr heraus, daß dieses Haus mit großem Aufwand erbaut wurde, wie die reiche Ausstattung mit Steinmetzenarbeit zeigt; es ist eine wahre Fundgrube für den Alterthumsforscher und thut mir in der Seele weh, die schönen Ueberreste alter Zeiten so nach und nach verschwinden und entweiht zu sehen. Ich bin froh, so viel davon gerettet zu haben; was mag erst alles schon verloren gegangen seyn, ehe ich darauf aufmerksam war.
Als Herr Baron v. Häckel im vorigen Jahrh. das Haus bewohnte
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und Goethe als Knabe in demselben aus und einging, mag es wohl noch anders ausgesehen haben.
Band 11
30. Januar 1874
Mittlerweile sind meine Befürchtungen eingetreten und ist der Hinterbau des Hauses durch Veränderungen und Einbauten über alle Maßen geschädigt und entstellt. In erster Linie steht die Erbauung eines Treppenthurmes im Hofe, welcher an der Wand des Hinterhauses angebaut wurde und die nächste Folge hatte, daß das Steinbild des Hl. Christoph von seiner Stelle heruntergenommen werden mußte und jetzt im Garten einstweilen abgestellt ist, woselbst auch die verschiedenen Theile des obengenannten Brunnens ihren Platz gefunden haben. Im Inneren ist ebenfalls alles auf den Kopf gestellt und sieht im Augenblick trostlos aus. Der schöne Garten, der früher einen so friedlichen und stillen Eindruck machte, hat nun einen Ausgang nach dem Graben erhalten, indem man vorläufig die Mauer durchbrach um die Baumaterialien leichter herbeischaffen zu können, auch liegt er ganz voll Steine, Schutt und Bauholz, und alle Spuren früherer Behaglichkeit und Ruhe sind vernichtet. Nie habe ich eine solche Zerstörung gesehen. -
Durch meine Bemühungen ist es mir gelungen, das Standbild des Hl. Christoph zu retten. Der vorläufige Pächter der ganzen Localität, Herr Wenzel, erhielt von dem jetzigen Eigenthümer, Herrn Consul Hahn, dasselbe zum Geschenk um es dem Städtischen Museum, das in dem neuen Archivgebäude begründet werden soll, zu überlassen. Vorläufig ist es im Römer sicher untergebracht.
[Seite 43 und 44 bei Paginierung übersprungen S. E.]
Band 11, Seite 45
Das Wappen über dem Brunnen sowie die daneben sitzenden Kinderfiguren sind nun auf meine Verwendung hin über dem Thore, das nach dem Graben hin gebrochen wurde, angebracht und machen eine gute Wirkung.
Die ganze Localität ist nun in einen Restaurationsgarten umgewandelt und auf 10 Jahre vermiethet.
Das schöne alte Gewölbe neben dem Thorbogen sowie diese selbst steht noch. Das Ganze trägt nun den stolzen Namen „Cafe Göthe“.
Band 11, Seite 47
Junger Bär
Töngesgasse 38 | Holzgraben 9
G.28
4. November 1864
Das [Haus] stammt seinen Formen nach aus der Mitte des vorigen Jahrh. und ist der massive Unterbau mit Steinhauerarbeit reich verziert, einzelne Theile des Vorderhauses jedoch sind älter. Unter einem großen Thorbogen hindurch gelangt man in einen geräumigen Hof, in welchem die Säulen, von denen ein weit vorspringender Theil des Vorderhauses, das auf demselben hohl stand und getragen wurde, bemerkenswerth sind, indem sie die Jahreszahl 1617 in Holz erhaben geschnitzt tragen, s. Abb. Im Hof links hinten ein Brunnen in einer Nische, welche von einer Muschel geschlossen wird, mit einer schönen Kinderfigur, s. Abb. [R1527], darüber ein ursprünglich nicht dahin gehöriges Wappen oder Zeichen des Hauses, vielleicht der ehemalige Schlußstein des Thores, ein Bär mit einem Stern oder Sonne über dem Kopf.
Band 11
18. Juni 1873
Die obenerwähnten Säulen sind bei einer in diesen Tagen vorgenommenen und noch im Gang befindlichen Reparatur und Umänderung des Hauses halb in die Wand eingemauert worden, indem ein Theil des Thorbogens zu Läden eingerichtet wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Nische an dem Brunnen überbaut, so daß derselbe nun unter einem etwa 10 Fuß vorspringenden Unterbau steht, jedoch sonst ganz erhalten ist. Die Hinterbauten enthalten nichts Bemerkenswerthes. Bei dem Brand von 1719 wurde dieses Haus verschont.
Band 11, Seite 49
Schönborner Hof
Töngesgasse 34 | Hasengasse 9
G.30
12. Juni 1858
Rechts im Hofe des ansehnlichen Hauses an einem Eckpfeiler geschnitzte Ornamente, ebenso im Hinterhause ein Treppengeländer, dessen Pfosten aus roh gearbeiteten Figuren bestehen, mit verschiedenem, im Geschmack aber nicht ganz reinem Schnitzwerk. Auch in dem unteren Raume des Hinterhauses steht eine Säule mit einem reich verzierten Capitel, dieselbe, halb in eine Wand eingemauert, ist gewunden und mit Laubwerk verziert, aber ebenfalls roh. Es sollen früher noch viele derartige Dinge in dem Hause gewesen sein, die aber nach und nach verschwanden. Haus und Hof sind mir von Jugend auf bekannt und wurde, soweit meine Erinnerung reicht, darin keine Hauptveränderung vorgenommen.
Ueber dem großen Eingangsthor in der Töngesgasse ein Wappen in Stein.
„Ist seit dem großen Brand von 1719 von vornenher wieder ganz neu aufgebaut worden.“
Müller, Beschr. Frankfurt p. 36
deßgleichen Faber Beschr. v. Fft. p. 65.
Band 11
12. Juni 1864
An der Rückwand des Hauses in dem Hofe, welcher seinen Eingang von der Hasengasse aus hat, befindet sich eine Tafel eingemauert, die offenbar aus einem im Jahr 1719 zerstörten Hause stammt, ihrer Form nach in das Ende des 16ten Jahrhunderts gehört und sehr reinlich und fein in ihren Verzierungen mit dem Meißel ausgeführt ist. Sie trägt folgende Inschrift:
Band 11, Seite [50]
Ein liedt salomo im hohen chor.
Wo got den bau nit selber macht
Und er nit selber helt die wacht
Ist aller menschen sorge umbsunst
gar nichts mag helfen fleisz und kunst
zu got all dein vertrauen setz
Bis er dich deins leidtsz ergetz.
Band 11
28. August 1878
Wird gegenwärtig bis auf den Grund niedergerissen um den Neubauten Platz zu machen, die Hintergebäude in dem nach der Hasengasse zu gelegenen Theil sammt dem Thorbogen, der von dieser Straße in den Hof führte, sind bereits gefallen, und das Uebrige wird baldigst folgen, wodurch dieser Theil der Straße ein ganz verändertes Ansehen erhält. Es sind an diese Bauten und Plätze meine allerfrühesten Jugenderinnerungen geknüpft und hat mich der Abbruch, der allerdings eine gebotene Nothwendigkeit ist, schmerzlich berührt.
Band 11, Seite 51
Aschaffenburger Hof
Töngesgasse 32
G.31
12. Juni 1858
Wurde bei dem Brande von 1719 vielfach ruinirt ohne jedoch der gänzlichen Zerstörung zu unterliegen.
Doch scheint es, als seien doch in Folge desselben umfassende Neubauten vorgenommen worden, denn an einem Brandmauergiebel des nach der Hasengasse zu gelegenen Hinterhauses findet sich eine halb zerstörte Jahreszahl eingehauen:
1 7 2 (?), wahrscheinlich 1720. Sodann die Buchstaben:
A S T. M.
Band 11
28. August 1878
Alles der Erde gleich und der Neubau bereits bis zum ersten Stock in höchst geschmackloser Weise aufgeführt. Die Fundamentarbeiten ließen alte Kellergewölbe und sehr starke Mauern sehen, welche dem Abbruch einen bedeutenden Widerstand entgegensetzten und sehr lange Zeit in Anspruch nahmen.
Band 11
4. April 1878
Wird soeben bis auf den Grund abgebrochen und kommen bei der hinteren Seite, welche ein Theil der älteren Stadtmauer zu seyn scheint, Fenster mit alten Gittern, so etwa aus dem Ende des 17ten Jahrh. zum Vorschein. Wie es scheint, wurde dieser Theil bei dem Brande von 1719 verschont.
Band 11, Seite 53
Töngesgasse 30 | Fettmilchsplätzchen
G.32
28. April 1878
Das Haus wird soeben bis auf den Grund abgebrochen.
Es hat architektonisch nichts Bemerkenswerthes.
Band 11, Seite 55
Fettmilchs Schandsäule
Töngesgasse
Juli 1859
In der Döngesgasse neben dem Hause G.33 auf dem freien Plätzchen, wo der Brunnen steht, stand früher das Haus, worin Fettmilch wohnte; er wurde wegen Aufwiegelei und Aufruhrstiftung am 28. Febr. 1616 hingerichtet, geviertheilt und sein abgehauener Kopf auf dem Brückenthurm nach der Brücke zu aufgesteckt. Das Haus wurde demolirt und auf dessen Platz am 22. August 1617 eine steinerne Schandsäule gesetzt. Diese Säule ging bei dem Brande von 1719 zu Grund bis auf das Untergestell, und es wurden wahrscheinlich bei dem Umsturz der Aufsatz desselben in seine drei Theile, aus denen er zusammen gesetzt war, getrennt. Diese drei Stücke wurden von da an im Hofe der Constablerwache, dem damaligen Zeughause aufbewahrt, d.h. sie lagen im Hofe im Freien. (Fettmilchs Büchse sowie eine Axt mit der er sich vertheidigt, wurden ebenfalls daselbst verwahrt und befinden sich nun im Zeughaus [...] an der Weißfrauenkirche). Im Jahr 1829, als der Quai vom Metzgerthor nach der Brücke gebaut wurde, verwendete man die drei Säulenstücke zum Ausfüllen, da liegen sie begraben.
Diese Nachricht hat mir Herr Metzgermeister Meister gegeben, welcher es gesehen hat, wie man die Steine von der Constabler Wache herbeischaffte und in den Ausfüllraum legte. Die Metallplatten waren aber nicht mehr vorhanden, doch sah man deutlich noch die Löcher, wo solche befestigt waren.
Im Jahr 1820 war der Sockelstein in der Döngesgasse noch auf seinem alten Fleck vorhanden.
Band 11, Seite [56]
In der Mitte der Säule waren nach einer hierüber vorhandenen Abbildung drei metallene Platten befestigt mit folgender Inschrift:
Vincentius Fettmilch dulcia=
rius Tribunus falsa spe literis
et Sigillis seditose motis, Ma=
gistratu mutato judaeis pu=
blicatis Principum Commissario=
rum Legatis derisis ipsaque Caesa=
rea proscriptione occupato
commeatu ac propugnaculis
pertinaciter Spreta, cum bo=
nos in Summam non Semel tre=
pidationem tam Sponte quam
corruptus adduxisset; prid.
Calend. Mart. M.D.CXVI. digitis per=
juris, capiteque ad pontem a Turri
ri porrecto, plexus, corpore ve=
ro de quator furcis in diversas
Vias publicas Suspenso, conjur=
gi; Liberis que Exilium sibi Domus
dejectae loco cippum hunc in=
samen promeruit.
Sempiternae Rebellionis memoriae.

Daß dieser Platz bleibt öd und wüst,
dem Vincenz Fettmilch schuldig ist,
Welcher diß Stadt drey ganzer Jahr
Gebracht hat in manch groß Gefahr
Band 11, Seite 57
Dessen er endlich hat darvon,
Getragen diesen bösen Lohn,
Daß er endlich an der Richtstatt,
Seyn zwey Finger verlohren hat,
Hernach den Kopf, geviertheilt drauf
Und die vier Theil gehenket auff,
An die vier Strassen dieser Stadt
den Kopff man auffgestecket hat.
Am Brücken Thurm auch Weib und
Kind
Ewig des Lands verwiesen sind,
Das Hauss geschleifft des ich allhier,
Zur treuer Warnung stehe Dir.
XXVIII. Feb. MDCXVI.

Lersner, 1. Buch, p. 394.
Es gibt eine besondere Abbildung der Schandsäule, welche mir auch schon vorgekommen ist, sodann findet sich eine recht deutliche Darstellung derselben auf dem Merianschen Plan von Frankfurt.
Band 11, Seite 59
Trierisch Plätzchen
Töngesgasse 25
G.34
Juni 1860
Das Haus brannte im Jahr 1719 bis auf den Grund nieder, es gehörte damals einem Bäcker Namens Joh. Daniel Frick und wurde, wie der Tragstein unter dem 1ten Stock ausweist, auch von demselben wieder aufgebaut.
Am Eck hat es als Tragstein einen schön gearbeiteten Löwenkopf, s. Ab.
Band 11, Seite 61
Töngesgasse 33
G.38
8. August 1858
Wurde bei dem Brand von 1719 total zerstört und wurden zu seinem Wiederaufbau wahrscheinlich die Ueberreste verwendet, wie dieß am allerbesten bei seiner im Hofe G.39 sichtbaren Brandmauer zu sehen ist, welche aus einer Menge

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