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Inhaltsverzeichnis

Bild von Reiffenstein
Carl Theodor Reiffenstein (1820-1893)
Landschaftsmaler und Frankfurter Bildchronist
Reiffensteins „Sammlung Frankfurter Ansichten“ gehört zum Gründungsbestand des Historischen Museums. Der Künster verkaufte sie 1877 der Stadt. In 2.000 Aquarellen und Zeichnungen sowie auf 2.400 Manuskriptseiten hielt er das alte Frankfurt fest.

Band 11 - Buchstaben T U V W X Y Z

Buchstabe T

Band 11, Seite [unpaginiert]
Taubenhofgasse
[kein Datum]
Band 11, Seite 1
Grosser Taubenhof
Taubenhofgasse 12
E.182
8. März 1856
Taubenhof.
Am 1ten März begann der Abbruch der alten Bauten des Taubenhofs, und was mir darüber bei demselben kundgeworden, beeile ich mich hier unter dem noch frischen Eindruck niederzulegen. Die Häuser stammen aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Ende des 16ten Jahrh., was die flachen Segmentstürze über den Fenstern und Thüren beweisen; dieselben tragen die durchschneidenden Stäbe und Schrägungen jener Zeit.
An dem einen Giebel, welcher wie sämmtliche Bauten den untersten Stock, das Erdgeschoß ausgenommen, ganz mit Schiefersteinen bekleidet sind, finden sich die Steine in Ornament geschnitten, wie dieselbe Form auch an den im Jahr 1586 erbauten Kühhornshofgebäuden vorkommen. Der Unterbau bei allen ist massiv von Stein erbaut, auf den Ecken mit Bindern von Basalt. Im Inneren finden sich mehrere mit Spitzbogen überwölbte Thüren, eine im ersten Stock und eine im Parterre. Die beiden Treppenthürmchen schließen zierliche steinerne Wendeltreppen ein, und an den Thüren finden sich hier und da reich verzierte Schloßbleche.
Die Wetterfahne auf dem Haupthaus trägt einen Hahn.
Matth. 26,34. als Inschrift.
Bei der im Jahr 1834-35 vorgenommenen Hauptreparatur wurde in der hinteren Zwingermauer das große Einfahrtsthor, welches mit einem Spitzbogen überwölbt war, zur Hälfte abgetragen. Bei dieser Gelegenheit
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wurde der Schlußstein des Thorbogens, auf welchem sich ein Wappen befand, zertrümmert.
In dem unteren Geschoß des Hauptbaus stand eine reichverzierte hölzerne Säule um die Durchgänge zu tragen, den Beschreibungen nach, die mir ein alter Gärtner von derselben machte, welcher sie selbst gesehen, muß sie im gothischen Styl ausgeschmückt gewesen seyn. Er erinnert sich ferner, daß der ganze untere Raum mit Platten (wahrscheinlich verzierte Bodenplättchen) belegt gewesen sey, ebenso erwähnt er alter Tapeten, aller Beschreibung nach Ledertapeten, womit die Wände geschmückt waren und auf welchen viel Vergoldung angebracht gewesen sey. Die hintere Seite der Häuser machte, namentlich vom Zwinger oder der ehemaligen Stadtmauer aus gesehen, einen höchst malerischen Eindruck, namentlich war ein Fenster noch ganz erhalten, mit den kleinen runden Original Scheiben gegossen, mit einem Nabel in der Mitte. Seitwärts zwischen dem Hause und der Zwingermauer befindet sich ein Gewölbe voll Wasser, wahrscheinlich früher ein Brunnen. Die Mauer, welche den Hof nach dem Zwinger hin abschließt, hatte früher eine weit bedeutendere Höhe, welche aber durch das Auffüllen der Zwingerstraße um mehrere Fuß
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verringert wurde, wie man an dem kleinen heut noch vorhandenen spitzbogigen Pförtchen, das jetzt halb im Boden steckt, ersehen kann. Bald wird alles verschwunden seyn und geschmacklose, keinerlei Stimmung erweckende Häuser werden die Stellen ausfüllen, auf denen unsere Vorfahren ihre bescheidenen Ansiedlungen angelegt hatten. Die Abbildungen, welche ich an Ort und Stelle genau und zuverlässig aufgenommen, erklären das Gesagte noch weiter und werden unseren Enkeln vielleicht deutlich machen, daß solide Bauart in ihrem bescheidenen Auftreten weit mehr geeignet ist, den Eindruck von Wohlhabenheit und Behaglichkeit im Inneren zu machen als brillante, dünne, dem Verderben ausgesetzte steinerne Facaden, welche das Geld nutzlos wegfressen, ohne einen eigentlichen Zweck zu erfüllen. Wer kein Geld für ein steinernes Haus hat, der baue in Holz und nehme sich ein Beispiel an vorliegenden Häusern, welche an 300 Jahre alt, dem Abbruch einen noch so bedeutenden Widerstand entgegensetzen wie unsere jetzt gebauten Häuser schon nach 50 Jahren nicht mehr im Stande seyn werden.
Der Hof war ringsum mit einer Ringmauer umgeben und hatte zwei Haupteingänge, mit spitzbogigen Thoren überwölbt, deren einer nach der Stadt hin gelegen, ein kleines Einlaßpförtchen für Fußgänger hatte. Früher lag der Hof wahrscheinlich sehr einsam in dem neuen vor der alten eigentlichen Stadt gelegenen
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weiten Raum, welcher nur durch einzelne Anbauten und Gärten mit der Stadt zusammenhing. Schwer nur und nach und nach baute sich die nahgelegene Eschenheimerstraße an, im Anfang auch nur in hofartig mit Thoren und Ringmauer abgeschlossenen Häusern, wie noch die Namen beweisen und welche auch noch theilweise vorhanden sind, z.B. der Hammelsgässer Hof, s.d., welcher in seinem Schlußstein des Thorbogens das Wappen der Familie Scheiden trägt nebst der Jahreszahl 1488. Die großen Räume wurden zu Bleichgärten benützt und waren für diesen Stadttheil eine wahre Wohlthat, indem sie fortwährend frische Luft zuführten. Die Mauer, welche nach der Tollgasse abschließt, stößt in ihrem südwestlichen Winkel an ein ebenfalls altes Haus, das wahrscheinlich gleichzeitig oder wenig später als der Taubenhof entstanden ist.
S. Kastenhospitalsgasse 6.
Ueber der südlichen Mauer sieht das alte Zeughaus im Rahmhof mit seinem steilen Giebel heraus, eng an dieselbe anschließend die Giebelmauer des Kastenhospitalhofs und kleinen Taubenhofs und das spitze Dach des kleinen Treppenthürmchens daselbst, sodann einzelne hohe Baumgruppen, den benachbarten Gärten und in der Ferne der Catharinenthurm. Das Blatt No. [Leerstelle] gibt theilweise einen Ueberblick davon, es ist aus dem ersten Stock des hintersten Treppenthürmchens im Hofe genommen.
Band 11, Seite 5
Zu dem Taubenhof führt eine enge Straße vom Comödienplatz her, welche später freigelassen wurde, als man die verschiedenen Häuser anbaute; sie heißt die Taubenhofstraße und soll nun durch eine neue ersetzt werden, welchem Bauprojecte wir das Zubauen des schönen Raums verdanken und welchem ebenfalls die alten Häuser, die dieser Aufsatz besprach, zum Opfer fallen.
Etwaige Nachträge folgen.
Band 11
24. November 1873
Am deutlichsten wird die ganze Localität aus der vor einigen Monaten vor dem Abbruch der noch übrigen Gebäude des kleinen Taubenhofes und den Mauern in der Kastenhospitalsgasse angefertigten Vogelschau zu ersehen seyn und verweise ich auf diese Abbildung [R0158], welche die ganze Gegend erschöpfend behandelt.
Band 11, Seite 7
Kastenhospitalshof
Taubenhofgasse 10
E.183a
April 1873
wurde das Dach über dem Thore des alten Lagerhauses entfernt und einige Fenster größer gebrochen, wodurch das Haus seinen Originalcharacter, den es sich bis dahin bewahrt hatte, einbüßte; auch fiel bei dieser Gelegenheit der alte Hollunder, welcher neben dem Treppenthürmchen stand. Die Zeichnung giebt das Haus noch unverändert. Im Jahr 1628 hat dasselbe schon gestanden, wie der Merian‘sche Plan ausweist.
Band 11
Kastenhospitalshof
12. März 1875
Heute wurde der Abbruch der Gebäude begonnen und zwar mit dem Dach des Thorhauses. Die ganze Gegend wird nun, nachdem die Gebäude des Hofes niedergelegt sind, einen entschieden anderen Character erhalten und für den Altfrankfurter nicht mehr zu erkennen seyn. Eins nach dem Andern.
Band 11, Seite 9
Taubenhof, kleiner
E.183b
4. November 1873
Heute wurde der Anfang mit dem Abbruch gemacht und wurde derselbe an der Mauer an dem ehemaligen Postgebäude begonnen.
Band 11
25. November 1873
Die Mauern liegen bereits nieder, an den Häusern sind bereits die Dächer abgebrochen und die vorderen Schoppen und kleineren Gebäude schon gänzlich verschwunden. In einigen Tagen wird alles der Erde gleich seyn.
Der alte Hollunder sowie der Akazienbaum stehen noch. Nach den Versicherungen der Arbeiter sollen die Mauern außerordentlich fest und haltbar seyn und sprengen sich lieber die Steine mitten auseinander ehe der Mörtel weicht.
Band 11
30. Januar 1874
Alles der Erde gleich und schon die Fundamente für den Neubau gegraben.
Band 11, Seite 11
Abbruch der Gartenmauer
Zwingerstraße | Neue Taubenstraße
15. Januar 1877
Heute wurde der Anfang mit dem Abbruch der Mauern gemacht, welche die eine Seite der Zwingerstraße bildet und die Gärten der Häuser gr. Eschenheimergasse 41, D.164 - sodann 45, D.162 nach dieser Seite hin abschließt.
Die ganze Gegend wird dadurch ein verändertes Aussehen erhalten, wie denn überhaupt noch weitere Umgestaltungen in Aussicht stehen. Die Bodenlinie der Straße liegt bedeutend höher als diejenige der Gärten und wurde dieselbe bei dem Abbruch der Taubenhöfe im Jahr 1856 zu dieser Höhe gebracht und zwar so, daß die
Band 11
Pförtchen
beiden Pförtchen, welche sich darin befanden, nur noch um wenige Fuß über dem Boden herausragten.
Das eine war rundbogig, das andere, ältere, mit einem Spitzbogen überdeckt mit einfacher abgefaster Gewändung. Früher vor dem Abbruch des Taubenhofes, lief die Straße in einer geraden Linie bis nach der Meisengasse, da aber nunmehr die Häuser der Hochstraße bei jener Gelegenheit Gärten erhielten, die den Raum der Straße und noch einen Theil der ehemaligen Taubenhofsgärten bedecken, so mußte dieselbe in einem Winkel abgebogen werden. vid. D.164 gr. Eschenheimergasse 41.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Theaterplatz | Komödienplatz
[kein Datum]
Band 11, Seite 13
Theaterplatz 9
E.186
23. Dezember 1868
In diesem Hause befand sich die Schule des Lehrers Gräf, ein für seine Zeit bekannter Mann und besonders in der Erinnerung fortlebend durch die kleine Lebensscizze, welche Sauerwein 1833 von ihm entworfen hat und welche unter dem Titel der Gräf wie er leibt und lebt in der Localpoesie Frankfuirts sich eine dauernde Stelle erworben hat.
Der vollständige Titel lautet:
Der Gräf wie er leibt und lebt, eine wahrhaftige Schulscene aus den Papieren eines Erstklässers,
Frankfurt a. M. bei Carl Körner, 1833 (Zweite Auflage)
Band 11, Seite 15
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
Frkft. Intell. Bl. vom 30. Juli 1782:
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
[kein Datum]
Es wird auf dem Platz vor dem Schauspielhaus (vor dem neuerbauten) das Monter und Wagenspanner Stübchen nebst dem Spritzenhäuschen auf den Abbruch verkauft um den Platz zu vergleichen.
26. Juli 1782.
Band 11
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
Frkft. Intell. Bl. vom 6. April 1780:
Schauspielhaus
[Theaterplatz]
[kein Datum]
Der Rath läßt das Schauspielhaus erbauen.
Band 11, Seite 16a
Am Thiergarten 52 früher an der Pfingstweide
13. Juni 1879
[Hier und im Folgendem von der Chronologie abweichende Paginierung C. K.]
Gegenwärtig im vollen Abbruch begriffen um auf den Platz ein Schulhaus zu bauen.
Es wurde von der hies. Israelitischen Gemeinde zu diesem Zweck erworben und gehörte früher zu dem Militair Lazareth. Ob es zu dieser Bestimmung erbaut wurde, konnte ich noch nicht ermitteln. Das Hauptportal des einstöckigen Hauses entspricht, wie die Ausführung des ganzen Gebäudes, dem Ende des 17. Jahrh. Im Inneren an den Fenstern, die sich rechts und links neben der Hausthüre befinden, sind gemauerte Sitzplätze angebracht, die der ganzen Räumlichkeit mit den tiefen Fensterblenden einen eigenthümlichen Anstrich geben. Die Steinmetzen Arbeit an dem Hause ist reich, aber etwas roh in Ausführung und Anordnung, so daß ich es unterließ, eine Abb. Davon zu geben. Ueber dem Thürfelde ein Schild mit verschlungenen Bändern, deren Züge ich anfänglich für ineinandergefügte Buchstaben hielt, nun aber gefunden habe, daß es nur ein Ornament darstellt. Das Ganze erinnert im Baustyl lebhaft an unsere aus dem 17. Jahrh. stammenden alten Stadtthore und ist nur weniger fein in Profilirung und Ausführung.
Die hölzerne Treppe hat am Geländer zierlich gedrehte Stäbe, und allerlei seltsames Gewinkel durchzieht das ganze Haus, das übrigens im Lauf der Zeiten manche Veränderung erlitten hat. Hinter demselben ein großer Garten.
Man kann sich die Pfingstweide in der aus unserer Jugend bekannten Ausdehnung
Band 11, Seite 16aa
nun gar nicht mehr recht denken, seitdem der Zoologische Garten angelegt wurde, dessen Begrenzungswand nun das Gegenüber des Hauses bildet, während sonst der Blick unter den dunklen Baumgruppen weg auf die weit ausgedehnten Weideplätze fiel. Fällt nun gar anjetzo das in Rede stehende Haus, das in seinem eigenthümlichen Aussehen der ganzen Gegend den Stempel aufgedrückt hatte, so ist der Eindruck total verwischt und keine Spur des früheren Aussehens mehr vorhanden.
Band 11, Seite 16b
Am Thiergarten 54
13. Juni 1879
Ein mit der Hauptseite nach der Straße zu sehendes Haus, welches lange Zeit von dem Gärtner Neder bewohnt wurde. Früher hieß die Gegend an der Pfingstweide, weil vor Anlegung des neuen Zoologischen Gartens der Weg, an welchem das Haus liegt, auf der gegenüberliegenden Seite von der Pfingstweide begrenzt wurde. Grade dem Hause gegenüber befanden sich die großen Linden und Silberpappeln, die den alterthümlichen, in die Erde eingetieften Brunnen überstanden, und unter diesen Bäumen waren Tische und Bänke angebracht, auf denen bis in die 30er Jahre hinein die Waisenkinder um Pfingsten mit Reißbrei und Kalbsbraten in Folge einer Stiftung öffentlich gespeist wurden. Hier vor diesem Hause stand der Gärtner Neder als Knabe und war Augenzeuge, wie nach der Schlacht bei Hanau Napoleon in Begleitung des Herrn v. Bethmann diesen Weg nach de[m] letzten Gartenhause einschlug. Der Kaiser ritt, umgeben von seiner Generalität und seinen Adjudanten im Schritt daher und hatte Herrn v. Bethmann neben sich, mit dem er sich eifrig unterhielt. Gerade an dieser Stelle oder doch nur einige Schritte entfernt, stand auch das Lazarett, welches im folgenden Jahre ein Raub der Flammen wurde.
Neder selbst hat meinem Freunde, dem
Band 11, Seite 16c
viel verdienten und viel verkannten Localschriftsteller Dr. jur. Pfeiffer, Polizeiassessor, den Vorfall oft erzählt, zumal er mit ihm und dessen Familie befreundet war; wurde der Gegenstand öfter von ihm, namentlich bei Gelegenheit der Abfassung des Buches „Einzug der Alliirten“, das im Jahr 1846 dahier erschien, besprochen. Mein Vater sowohl wie ein großer Theil der uns befreundeten Familien hatten die in dem Buch geschilderten Ereignisse mit erlebt und jubelnd vor Freude anerkannt, wie wahr und getreu die darin enthaltenen Schilderungen seien. Später in den 50er Jahren wurde das Buch von Gelehrten, die aber die Thatsachen nicht mit erlebt hatten, vielfach angefochten, auch theilweise die darin geschilderten Vorgänge zu widerlegen gesucht, allein meiner Ansicht nach ganz ohne Erfolg. Pfeiffer, ein Kind seiner Zeit, erzählt, was er gesehen, erlebt, mitgemacht und mitgefühlt hat; er erzählt das nach seiner Weise und verflicht zuweilen Privaterlebnisse und Gespräche hinein, die ihm von unserer Zeit, der jener Geist und jene Ausdrucksweise fremd geworden, ja sogar veraltet erschienen, zum Vorwurf
Band 11, Seite 16ca
gemacht, ja sogar als Fehler angerechnet worden, ohne zu bedenken, daß gerade in jener unbefangenen und harmlosen Erzählungsweise die Wahrheit gleich einem silbernen Bande leuchtender durchscheint als aus alten trockenen Documenten und gelehrten Forschungen. Ich habe Leute aus allen Schichten unserer Bevölkerung das Buch mit dem allerhöchsten und ungeschminktesten Interesse als durchaus wahr und treffend sowie mit der ihnen zur anderen Natur gewordenen Erinnerung an jene gewaltigen Erlebnisse genau übereinstimmend, rühmen hören, und vermochten dieses Urtheil die hämischen Bemerkungen jener Gegner, die gern selbst es gesagt hätten und gerne selbst die Verfasser wären, nicht umzustoßen. Pfeiffer war ein strenger und gewissenhafter Forscher und durchaus wahrheitsliebend und redlich in seinen Bestrebungen; dieß habe ich mehr als einmal zur Genüge kennen gelernt, und er kann, da er wirkliche Thatsachen berichtet, jedem an die Seite gestellt werden, die Anspruch auf Wahrheit und Deutlichkeit machen.
Der Kern seiner Erzählungen wird einzig in unserer Bevölkerung fortleben.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Thürme in der Stadtmauer | Sachsenhausen
[kein Datum]
Band 11, Seite 17
Elphant | Hirtenthurm | An der Stadtmauer am Frankensteiner Hof in Sachsenhausen | [Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen] No. 1
Juni 1869
Die Abb. [RS0022] stellt diesen Thurm im Jahr 1857, 2. Nov. dar, seit jener Zeit nun ist an demselben vieles verändert worden. Die Mauer, welche der vorliegenden Treppe als Brustwehr diente, ist 1866 abgebrochen worden, sowie die an demselben anstoßende Stadtmauer um ein Bedeutendes niedriger gemacht wurde. Von den alten Thürmen in Sachsenhausen, welche noch erhalten sind, ist es der bedeutendste und schönste und macht trotz seiner Einfachheit einen höchst malerischen Eindruck. Im Inneren enthält er nichts, was architektonisch von Belang wäre, aber von der Außenseite gegen das Mainufer hin, bildet er mit dem daran stoßenden Thorhaus ein äußerst charakteristisches Merkmal. Leider gehen seine Kameraden mit Riesenschritten ihrem Verfall und gänzlicher Zerstörung entgegen.
Das Eckhaus auf der Abbildung trägt an dem Tragstein unter dem ersten Stock die Jahreszahl 1698. Auch an ihm hat sich seitdem die Neuzeit versucht und es mit einem frischen Kalkputz überzogen.
Um die Beschreibung und Auffindung dieser Thürme zu erleichtern, bezeichne ich dieselben durch Nummern, da sie nicht alle besondere Namen führen und fange mit dem in Rede stehenden als No. 1 [an], sodann folgt No. 2, mehr nach dem Holzmagazin hin No. 3. Der an der neuen, im Jahr 1848 durchbrochenen Pforte am nächsten No. 4, ebenfalls Hirtenthurm genannt, am Ende
[Fortsetzung auf Seite 18 S. E.]
Band 11
12. April 1881
Seit Kurzem ist die Mauer, welche nach der Brücke hin führt und welche schon 1867 niedriger gemacht wurde, gänzlich der Erde gleich niedergelegt worden. Es steht nur noch ein kleines Stückchen dicht am Thurm längs des Schoppens aufrecht.
Band 11, Seite [18]
der Auslagergasse neben dem Thore, das in das Auslager (dermalen Holzmag.) führt, No. 5, der Letzte in der Reihe.
Im Anfang des Jahres 1867 wurde die Stadtmauer, welche von dem Thurme nach der Brücke hin führt, bis auf die Höhe von 3 Fuß vom Boden niedriger gemacht; es geschah dieses bei der Anlegung der Treppe, welche von der Brücke herunter führt und verschwand auch bei dieser Gelegenheit das alte „Trinkpförtchen“ in der Mauer zunächst der Brücke. Bei der Anlegung der erwähnten Treppe, mit welcher schon im December 1866 begonnen wurde, fand man bei den Aufgrabungen des Bodens bei diesem Pförtchen die Reste der am 25. Juli des Jahres 1342 sammt dem Brückenthurm von den Wellen der furchtbaren Ueberschwemmung niedergerissenen Catharinencapelle, Gewölberippen, Hausteine und vor allem einen wohlerhaltenen, reich verzierten Schlußstein, s. Abb. [RS0012]
Der obere Aufsatz des Thurmes ist von Holz mit Schiefersteinen beschlagen, der untere Theil massiv von Kalksteinen aus dem Wendelsbruch aufgeführt, die mit starken Läufern und Bindern von blauem Stein Aufgesetzt, ebenso theilweise die Fenster und Thürgewände. Die Läden sämmtlicher Thürme waren zum Aufstellen eingerichtet, wurden aber später vielfach umgeändert. Auf dem Merianschen Plan von 1628 befindet sich der Thurm abgebildet und ist bis zu den oben erwähnten Veränderungen ziemlich unberührt geblieben. Dasselbe gilt von dem vorstoßenden Thorhause, das jedoch von innen seit langer Zeit mit einem kleinen Anbau verdeckt ist. S. Abb.
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22. Juli 1877
Heute fand ich am Fuß des Thurmes neben dem Eingang den sonderbaren Wassertrog, s. A. und Beschreibung.
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23. März 1881
Soeben geht mir eine Notiz des Herrn E. Padjira zu, in welcher er mir die Namen der Thürme, die er bei seinen Nachforschungen gefunden hat, freundlichst mittheilt und die ich nicht vermag, sie meinen Aufsätzen nun voranzustellen.
Band 11, Seite 19
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 2 | Weiss Ross
1863
Im Laufe des Sommers dieses Jahres wurde dieser Thurm seines Daches beraubt, mit einem anderen versehen und in ein Wohnhaus verwandelt, so daß er jetzt schwer aufzufinden ist. s. Ab. Die ganze Umgebung desselben mit dem Stück der alten Stadtmauer, in welcher er stand, war eine äußerst malerische.
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2. August 1877
Seit mehreren Jahren sind um diesen Thurm und in der nächsten Nähe desselben so viele der alten Häuser abgebrochen und durch Neubauten ersetzt worden, daß man sich kaum mehr einen klaren Begriff von dem früheren Zustande zu machen im Stande ist.
Das zu diesem Thurm verwendete Baumaterial ist dasselbe wir bei der No. 1, nur ist mehr rother Sandstein als Haustein verwendet.
Auf dem Merianschen Plan von 1628 hat dieser Thurm einen hölzernen Aufsatz, der verschwunden ist und durch ein zweispitziges Walmdach ersetzt war, das direct auf der Mauer[...] aufsaß. In diesem Zustande kannte ich ihn von Jugend auf bis ihn im Jahr 1863 das obenerwähnte Schicksal ereilte.
Band 11, Seite 21
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 3 | Pulverthurm
Januar 1870
Gegenwärtig wird das Dach des Thurmes, das seit einiger Zeit gänzlich in Verfall gerathen und an verschiedenen Stellen durchlöchert war, abgebrochen, um dem gänzlichen Einsturz vorzubeugen; was weiter geschehen wird, ist nicht abzusehen, jedenfalls geht der alte eigenthümliche Charakter damit gänzlich verloren. Ein oberes hölzernes Stockwerk hatte der Thurm gleich dem No. 2 nicht, sondern nur ein ganz einfaches Walmdach. Einen besonderen Namen desselben konnte ich noch nicht auffinden, wie es mir auch nie gelingen wollte, in das Innere desselben zu gelangen, s. Abb. [RS0202]
Auf dem Merianschen Plan von 1628 besitzt dieser Thurm einen hölzernen Aufsatz gleich dem von No. 3 und war ebenfalls von Hausteinen zum größten Theil aufgeführt mit reichlicher Anwendung rothen Sandsteins.
Zwischen allen Thürmen befanden sich auf der Mauer vorspringende Erker mit Zinnen, welche aber nicht mehr in die Zeit meiner Erinnerung fallen und aller Wahrscheinlichkeit nach im Anfang dieses Jahrh., wenn nicht früher schon, entfernt wurden, vielleicht wie Batton angiebt, bei der im Jahr 1812 vorgenommenen Erniedrigung der Mauer. VII. p. 55. Genaueres darüber ist mir nicht bekannt geworden und dürfte sehr schwer zu ermitteln seyn.
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22. Juli 1877
Heute konnte ich bequem an den unteren Eingang des Thurmes gelangen, welcher sich in dem Hofe des Hauses Lit. N.186a, Rittergasse 78 im Klöppelhof befindet; er ist ganz im alten Zustand erhalten und mit einem Schoppendache überdeckt, die Thürgewänder bestehen aus blauen Steinen und sind einfach
Band 11, Seite 22
abgefaast. Die Thüre von sehr starkem Eichenholz hat ein kleines vergittertes Fenster. Der Raum hinter derselben ist fensterlos, total dunkel und hat nichts Bemerkenswerthes.
Der Thurm gehört der Stadtkämmerei und ist vermiethet. S. Abb. [RS0202] - Der obere Stock ist nunmehr unzugänglich und wächst ein Eschenbäumchen aus ihm heraus. Bei der vorgeschlagenen Straßenveränderung wird er wahrscheinlich fallen.
In dem Hofe liegt eine schwere steinerne Kugel, die wahrscheinlich aus der Belagerung von 1552 herstammt. Die Abb. [RS0202] giebt ein sehr deutliches Bild und ist eine weitere Beschreibung nicht nöthig.
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20. Juli 1880
Seit einiger Zeit sind die alte[n] Gebäude um den Thurm herum vollkommen niedergelegt und steht derselbe als ein trauriger Stumpf mit seinen ihm anschließenden geringen Resten der ebenfalls blosgelegten Stadtmauer allein da. Die ganze Umgegend ist umgestaltet und nicht mehr zu erkennen. - Die jetzige Generation hat auch ihre Rechte und Ansprüche. Der Mohr hat seine Schuldigkeit gethan, der Mohr kann gehen.
Band 11, Seite 23
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 4 | Hirtenthurm | Rehkalb
6. Juli 1877
Schon im Jahr 1851 hatte ich Gelegenheit, das Innere dieses Thurmes zu untersuchen, auch früher schon denselben sammt seiner Umgebung genau gezeichnet, trotzdem aber drängte es mich nunmehr, da die großen Veränderungen, welche der Neubau der Brücke am Obermain nach sich ziehen und denselben in seiner Existenz bedroht, abermals alles Detail womöglich noch in Abbildungen zu retten und hierher in erster Linie neben den Darstellungen seines äußeren Aussehens eine Abbildung [RS0190] seines Inneren und namentlich des zweiten Stockwerks, in welchem sich dermalen die Küche befindet. Es wird sammt dem daran stoßenden kleinen Haus gegenwärtig von dem Schweinehirten bewohnt und bildet sein unterster Theil nur das Treppenhaus zu dem erwähnten Häuschen, der obere Theil aber die Küche. Aus dem nach Osten gelegenen Fenster derselben hat man eine reizende Aussicht nach den Wällen am Holzmagazin und über dieselben hinweg nach den blauen Bergen des Freigerichtes bei Aschaffenburg.
Es ist in der That überraschend, in der engen Straße und bei der scheinbar versteckten Lage des Thurmes einen so schönen Blick zu finden und muß derselbe wohl von jeher so gewesen seyn, indem in der nächsten Nähe gar keine Veränderungen stattgefunden haben. Sehr deutlich zeigt sich die alte Stadtmauer nebst dem Thurm No. 5, der gegenwärtig in Ruinen liegt, s.d. und wahrscheinlich bald der Zerstörung gänzlich zum Opfer fallen wird,
Band 11, Seite [24]
s. Ab. Der Raum mit der heraufführenden Holztreppe und den gemauerten Sitzen in der tiefen Fensternische, welche nunmehr in einen Wasserstein verwandelt ist, macht gar einen behaglichen Eindruck, ebenso die Lucke, durch die man in das Dachgebälke steigt und erinnert vielfach an die Thürme in den kleinen rheinischen Städtchen.
Ein Blick auf die Abbildung, welche uns den Zustand von 1851 vor Augen führt, da noch alles vollkommen erhalten war, zeigt, wird das Gesagte zur Genüge beweisen.
Von außen ist dieser Thurm noch mit am besten erhalten und von einem prachtvollen Nußbaum beschattet, durch dessen beinahe bis auf den Boden des Walles herabhängendes Laub man den Pfarrthurm und einen Theil der Brücke erblickt.
Neben dem Thurm in der Mauer steht noch das alte Thor, das in das ehemalige Auslager führte und erbaut wurde, als dasselbe später als Holz- und Wellenmagazin benützt wurde. Das eigentliche Thor, was zu dem Zwecke der Verbindung diente, lag oder liegt bei dem Thurme No. 5 und wurde erst in neuerer Zeit sichtbar.
Malerischer kann man wohl dahier nichts finden, und die längste Beschreibung wird wie immer hinter der Anschauung zurückbleiben. Zur Erklärung sind die einschlägigen Abb. [RS0201] [RS0200] [RS0203] und Textstellen nachzusehen.
Weiter ist noch zu bemerken, daß dieser Thurm auf der
Band 11, Seite 25
inneren Seite mit Fachwerk zugeschlagen ist, was der Vermuthung Raum giebt, daß er früher eben so gewesen, was auch der Meriansche Plan von 1628 so ziemlich anzudeuten scheint, indem der Thurm auf demselben schon ganz so aussieht wie heute noch. Thor und ganze Umgebung sind neuere Zuthaten.
Das Baumaterial ist dasselbe wie bei den vorigen, doch ist wieder auf den Ecken der blaue Stein vorherrschend.
Die Einrichtung für Läden zum Aufstellen ist noch an den ausgebrochenen Haken zu sehen. Ich verweise wiederholt auf die verschiedenen einschlägigen Abb., welche die ganze Localität zur Genüge erklären.
Band 11
4. Dezember 1877
Dem Thurm sowie den anstoßenden Mauern und Gebäuden droht nun ernstlich der Untergang indem die Stadtkämmerei den Bewohnern auf den 3. Januar 1878 gekündigt hat und soll sodann unverzüglich der Abbruch beginnen. Das Thor nebst dem Holzschreiberhäuschen und dem herrlichen Nußbaum stehen noch, werden aber ebenfalls fallen.
Band 11
25. Februar 1878
Seit ungefähr vier Wochen ist der Nußbaum gefällt und liegen seine Reste vor dem Thurm; das Thor und die angrenzende Mauer sind ebenfalls abgebrochen und liegt nun der alte Wall nackt da. Ueber ihn
Band 11, Seite [26]
herüber ragt der Pfarrthurm. Bei dem Abbruch des an den Thurm angelehnten Abtritts kam ein kleines, sauber in den Kalkputz gezeichnetes Täfelchen zum Vorschein, auf dem sorgfältig eingeritzt steht: Renov. 1828.
Das an den Thurm anstoßende Wohnhäuschen hat bereits einen Theil seines Ziegeldaches eingebüßt. Der Thurm aber steht noch.
Band 11, Seite 27
Thurm No. 4 am Auslager
13. Januar 1878
Heute besuchte ich die Abbruchstätte; das Thor nebst der ganzen Mauer sowie das Holzschreiberhäuschen nebst der dabei befindlichen Einzäunung sind gefallen und steht nur noch der Thurm und der herrliche Nußbaum, der seines Gleichen auf weit in die Runde nicht hat, aber bereits dem Tode geweiht ist. Der hartgefrorene Boden (6 Grad kalt) erlaubte das Herumgehen auf dem aufgefüllten Terrain, in das man noch vor wenigen Tagen bis an die Waden einsank und somit alle und jede Untersuchung unmöglich war. Die ganze Gegend ist total verändert und wird es durch die Entfernung des Thurmes noch mehr werden. Sehen wir, was die nächste Zukunft bringt; ich habe das meinige redlich gethan und gerettet, was in meinen Kräften stand.
Band 11
Thurm No. 4 in der Stadtmauer in Sachsenhausen | Am Holzmagazin
8. Juli 1878
Seit dem 5. d. ist der Thurm gänzlich niedergelegt und der Erde gleich, nachdem zu seinem Abbruch ungefähr drei Tage erforderlich gewesen sind. Besonders Interessantes wurde dabei nicht zu Tage gefördert, das Mauerwerk war noch vortrefflich erhalten und setzte den Brechinstrumenten einen ziemlichen Widerstand entgegen.
Band 11, Seite 29
Thurm in der Stadtmauer zu Sachsenhausen No. 5 | Thiergarten
Januar 1878
Im Laufe des Monats wurde dieser Thurm seines oberen hölzernen mit Schiefersteinen beschlagenen Stockwerks beraubt, nachdem dasselbe derart baufällig geworden war, daß es Einsturz drohte. Neben diesem Thurm befindet [sich] das alte eigentliche Eingangsthor in das Auslager und ist dasselbe gegenwärtig bis zu einem Drittel seiner ehemaligen Höhe mit Erde zugeschüttet, so daß nur der obere Theil seines Bogens etwa 4 Fuß über dem Boden erscheint. Ein gleiches Schicksal hat mit ihm ein anderes Thor, das aus dem Thiergarten Bollwerk in die Auslagergasse und den ehemaligen Zwinger führte und sich bei dem Thurm in der Mauer befindet, die sich an die Mainmauer rechtwinkelich anschließt.
s. Ab. [RS0189], welche beide Thore deutlich zeigt. Auf dem Merian‘schen Plan von 1628 ist der Thurm mit diesem Thore bereits zu sehen, während das ersterwähnte von innen mit einem Häuschen zugebaut ist.
Er stand als der nächste und letzte am Holzmagazin und war von dem hinter ihm gelegenen höheren Thiergarten Bollwerk bequem zu übersehen, s. Ab.
Ich habe ihn zu öfteren Malen genau untersucht und nichts besonders Bemerkenswerthes in seinem Inneren gefunden, dagegen war er von außen höchst malerisch. Im Augenblick bietet er das Bild einer traurigen Ruine dar, und der Wind streicht durch die offenen Fenster und Schlitze. Die Ausfüllung des Bodens,
Band 11, Seite [30]
welche sich auch auf den hinter der Mauer liegenden Zwinger erstreckt, geschah wahrscheinlich bei der Einrichtung des Holzmagazins um den schwerbeladenen Wagen leichtere Ein- und Ausfahrt zu verschaffen und wurde bei dieser Gelegenheit das ganze Terrain eingeebnet.
Band 11
6. März 1877
Durch den Bau der Obermainbrücke wird die ganze Gegend verändert und droht dem Ueberrest des Turmes nebst seiner ganzen Umgebung der gänzliche Untergang.
Band 11
2. Oktober 1877
Ein großer Theil der den Thurm umgebenden Mauern und sämmtliche in dem Bleichgarten dabei gestandenen Häuser sind mittlerweile abgebrochen und der Erde gleich gemacht worden; die obenerwähnten Thore stehen zwar noch, allein wahrscheinlich werden sie ebenfalls bald dem Schicksal der Zerstörung anheimfallen.
Nach der Rittergasse hin ist ein Durchbruch hergestellt und zu diesem Zwecke das Haus No. 18, N.136 daselbst niedergelegt worden, es wird nicht lange mehr dauern, so erkennt das Auge die Stätte nicht wieder.
Band 11
4. Dezember 1877
Seit ungefähr 14 Tagen ist der Thurm der Erde gleich gemacht sammt dem größten Theile der ihn umgebenden Mauern, und das Terrain um denselben schon auf eine Höhe von 13 Fuß bereits ausgefüllt.
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Thürmchen, Altanen und hängende Gärten
1865
Es war früher vielfach gebräuchlich, auf den Dächern zwischen den Schornsteinen und Giebeln durch untergelegte Stützen und Balken einen kleinen horizontalen Boden zu gewinnen, der meistens mit Brettern belegt war und durch ein eisernes oder hölzernes Geländer brustwehrartig gegen die Tiefe nach der Straße oder dem Hofe hin, abgeschlossen war. Meistens hatte man rings umher an den sonnigen Dachwänden Blumen in Töpfen und in mit Erde gefüllten Kasten angebracht, manchmal sogar ganze Lauben mit Bohnen und Kapuzinerblumen gebildet, die an Schnüren willig und dankbar hinaufwuchsen. Gewöhnlich trieben hier die Kinder des Hauses ihr ungestörtes Wesen; und es waren gar trauliche Plätzchen, von denen man in das umliegende Getreibe recht behaglich hineinschauen konnte.
Hier in einen ziehbrunnenartigen Hof, dort in eine Werkstätte voll lustig pfeifender Schuhmacher- und Schneidergesellen, zuweilen aber auch über die ganze Stadt weg mit ihren Kirchen und Giebeln hinaus in die blaue Ferne. Glücklich wurde immer der gepriesen, auf dessen Hause sich
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eine Altane befand, oder ein Thürmchen, die damals ebenfalls in Masse vorhanden waren und entweder als Schluß eines Treppenhauses oder selbständig oft aus dem wunderlichsten unbeschreiblichen Gewinkel über die Häusermassen hervorstiegen. Man war da ganz in der Nähe der Wetterfahnen und Dachknäufe, und der aus den umliegenden Schornsteinen aufwirbelnde blaue Rauch mit seinem eigenthümlichen Geruch erhöhte das malerische der Situation noch um ein Bedeutendes. Wahre Schwelgereien in ahnungsvoller Romantik waren die Stunden, welche man Abends, vor Allem aber an sonnigen Samstag-Nachmittagen, an denen die Schule freigegeben war, hier oben verlebte, mit dem beseligenden Kindergefühl „Morgen früh ist Sonntag und keine Schule.“ Ich erinnere mir in der Graubengasse vieler solcher Plätzchen, doch fanden sich die meisten in der unteren Straße, Neugasse, Markt, nach dem Dom hin, vor. Auch auf dem Graben und der Catharinenpforte sowie Bleidenstraße waren sie in Masse, und in letztgenannter Straße verschwand erst in diesen Tagen einer der schönsten mit dem Abbruch des Hauses K.171 und K.172. Eins der schönsten Gärtchen bot das Dach der Goldenen Waage in der Höllgasse s.d. und ich wüßte fast dahier nichts Aehnliches. Die Zahl der Thürmchen anzugeben,
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wäre eine sehr schwierige Aufgabe, trotzdem, daß gegenwärtig eine große Menge davon verschwunden sind; allein auf dem großen Panorama von Morgenstern, welches den Zustand unserer Stadt im Jahr 1809 - 1811 darstellt, finden sie sich noch so ziemlich alle vor, sie sind kaum zu zählen.
Die bedeutendsten waren: Auf dem v. Reineck‘schen Haus in der Hasengasse, Döngesgasse, Französische Krone, auf den Häusern zum Fingerlein in der Schnurgasse, auf dem v. Adlerflycht‘schen Hause in der Gallengasse, auf dem Hause zum Schönstein am Fahrthor, auf dem goldnen Roß am Goetheplatz, dann Goldne Waage, Klein Nürnberg hinter dem Lämmchen, Gläsern Hof, Römer, Würzburger Eck in der Schnurgasse, Eselsstall jetzt Rheinischer Hof am Leonhardsthor auf dem Meyer‘schen Haus E.138 große Bockenheimergasse; Schlesingerhof in der Schlesingergasse, Großen Speicher Rosengasse, und noch an vielen anderen Orten. Zwei der allerschönsten Altanen mit Blumen entdeckte ich erst dieser Tage auf einem Hause in der Borngasse. Ihre nähere Beschreibung ist bei den betreffenden Häusern nachzusehen, eine ausführlichere Darstellung findet sich bei dem Hause Klein-Nürnberg, s.d. welche so ziemlich für alle paßt, und am meisten auf Vollständigkeit Anspruch machen kann. Nach und nach verschwin-
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den alle diese Dinge, weil sie als sogenannte unbenutzte Räume keine Zinsen tragen und bei dem immer größeren Bedürfniß nach Raum, werden der jetzigen Generation bald alle jene Zeugen einer friedlich verlebten Vergangenheit aus dem Gedächtniß ausgetilgt sein.
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Töngesgasse (Tönges- oder Antoniusgasse)
[kein Datum]
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Grosser Bär | Kleiner Bär | Hof zum Bären | Zwei Bären
Töngesgasse 40 | Holzgraben 11
G.27
4. Mai 1853
Ein stattliches Haus, über dessen Eingangsthor, reich mit Steinhauerarbeit umgeben, zwei Bären von sehr guter Arbeit sich befinden, welche den Namen des Hauses versinnbildlichen. Es ist vielfach verändert, doch ist trotz alldem die alte Fensterstellung noch deutlich zu erkennen und sind nur hie und da die Kreutzstöcke aus den den Fenstern herausgeschlagen um größere Oeffnungen zu gewinnen.
Im Hinterhause links steht über einer, mit einem Spitzbogen überwölbten Thüre die Jahreszahl 1494 ausgehauen. Dieser Theil des Hinterhauses scheint mir dem Gewölbe im Vorderhaus neben dem Thorbogen sammt diesem der älteste Ueberrest der vielfach reparirten Gebäude zu seyn. Die inneren Räume des ebenbenannten Theiles haben in der Zeit der Renaissance eine ziemlich durchgreifende Veränderung erlitten. Man hat eine nicht unschöne Decke hineingelegt, welche beifolgendes Wappen mehreremals trägt und zierlich in Füllungen ausgearbeitet ist, welche wieder Thiergestalten und sonderbare Verzierungen in sich schließen. Hölzerne starke Pfeiler mit gegliederten Bügen stehen darin zur Unterstützung der Decke. Im ersten Stock sind in den alten sehr tiefen Fensternischen Steinsitze angebracht. Nach der Seite des Hofes zu hatte das Haus nach Abbruch des darangebauten kleinen Verbindungsganges sein alterthümliches Aussehen vollkommen erhalten.
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6. April 1855
Im Augenblick ist das Innere des Hinterhauses zu einer Fabrick einzurichten, zu welchem Behuf eine Lauftreppe in die eine Ecke des unteren großen Raumes gestellt wurde, wie auch durch das Anbringen eines großen Schwungrades, um Lasten in den oberen Stock zu schaffen, die Localität ein durchaus verändertes Ansehen erhält.
Aus den Fenstern, die in das enge Gäßchen im Hofe führen, hat man als nächstes Gegenüber die Hinterhäuser von Lit. G.25, G.26, Töngesgasse 42, 44 von höchst alterthümlichem Aussehen mit alten Fenstern, welche noch runde Scheiben haben und mit Mauergiebeln, die im alten Kalkputz stehen, ohne angestrichen zu seyn.
Die obenerwähnte Jahreszahl 1494, welche oben an einer Thüre dieses Hauses sich befindet, scheint überhaupt die Erbauungszeit der sämmtlichen jetzt vorhandenen Gebäude zu seyn, die nur nach und nach durch Reparaturen in ihre jetzige Form gebracht wurden, wenigstens deuten die Rippen in den Gewölben so wie die ganze Form derselben auf jene Zeit zurück. Die Hintergebäude ruhen auf der alten Stadtmauer und hoffe ich, Gelegenheit zu haben, später eine eingehendere Untersuchung derselben geben zu können.
Ich erinnere mich des Hauses als eines Spielplatzes meiner Jugend und [ich] kann den Eindruck, den mir
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die langen klösterlichen Gänge machten, durchaus nicht vergessen. Ebenso das Heiligenbild im Hofe, das mir schon als Kind gefallen hatte.
Rechts im Hofe neben dem Eingangsthor befindet sich in einer halbrunden Nische mit Muscheln verziert der wahrscheinlich alte Brunnen. Ueber demselben das beigefügte Wappen der Familie Rhost v. Eisenhardt,
s. Abb. - Der hinter dem Hause liegende Garten stieß auf den alten ehemaligen Stadtgraben. Heutigen Tages noch machen die Gebäude vom Graben aus gesehen einen ziemlich mittelalterlichen Eindruck trotzdem daß durch abermalige Veränderung die Dächer derselben sehr entstellt wurden.
Band 11
Juli 1856
Als ich heute das steinerne Standbild des Hl. Christoph näher untersuchte, fand ich, daß derselbe wahrscheinlich auch aus der Zeit von 1494 stammt und sogar sehr schön in Auffassung sowohl wie in der Ausführung ist, die Säulchen an den Seiten mit ihren Sockeln und den daran befindlichen Wappen sind ebenfalls alt und hat mich nur im Anfang der im vorigen Jahrh. aufgesetzte Baldachin irre geführt.
Welcher Familie die beiden Wappen angehören, wird die Folge ergeben.
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10. Mai 1859
Heute zeichnete ich das Steinbild des Hl. Christoph und
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wurde bei dieser Gelegenheit mit dem jetzigen Besitzer des Hauses, Herrn Rieger bekannt, welcher mir mit großer Freundlichkeit im Inneren alles zeigte und mich in den Stand setzte, die Stadtmauer, auf der das Haus ruht, näher zu untersuchen. Da fand ich denn zu meinem größten Erstaunen, daß dieselbe noch ganz erhalten ist, aus sieben Bogen besteht, welche die ganze Länge des Hauses einnehmen. Dieselben haben unten eine Dicke von 9 Fuß, oben von 8 und sind nun über 700 Jahre alt und reichen bis in den ersten Stock, woselbst alsdann die Mauern im 15. Jahrh. aufgesetzt sind; es fällt dieß hier recht ins Auge, da der Aufsatz natürlich in viel geringerer Stärke aufgeführt, einen Unterschied von ein paar Fuß bildet. s. Ab. [R1027] Die untere Mauer von 1140, das aufgesetzte Stück von 1494.
In dieser alten Mauer nun befanden sich allerhand Seltsamkeiten und unerklärliche Sachen, in der Dicke derselben hinziehend Luftlöcher aus dem Kellergewölbe; ein geheimes ausgemauertes Versteck, welches ebenfalls bis in den Keller reichte u.s.w. Die Verjüngung nach oben war nach innen zu gerichtet und hatte deßhalb auf dieser Seite die Mauerfläche eine schräge Neigung.
Ein altes Treppenthürmchen links im Hofe ist mittlerweile verschwunden, indem Herr Rieger es abbrechen ließ.
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Bei einer eben im Hofe vorgenommenen Ausgrabung eines ungefähr 10 Fuß tiefen Loches findet man ein altes Pflaster, ebenso eine Menge verzierter Bodenplättchen in zwei verschiedenen Mustern, die ich selbst in großer Anzahl gesehen habe und zeichnete, wahrscheinlich stammen sie aus der Renaissancereparaturperiode. Die dritte Umgestaltung und theilweiser Neubau, aus welcher der Brunnen im Hofe stammt und das Portal sowie ein steinernes Gartenhäuschen und welche mit großem Aufwand ausgeführt wurde, fällt in [die] 1780[er] JahreR61:R266.
Die vorstehenden Abb. [R0757] [R0756] sind betreffenden Ortes nachzusehen. Von dem im Jahre 1719 stattgehabten großen Brande wurde das Haus nicht berührt.
Band 11
1. September 1873
Seit ungefähr 14 Tagen ist der obenerwähnte alte Brunnen Behufs der Erweiterung des Vorderhauses abgebrochen worden, und der von ihm eingenommene Raum wurde überbaut.
Der Verkauf des Hauses wird abermalige Veränderungen bringen.
Band 11, Seite 41
29. September 1873
Durch den Verkauf des Hauses drohen demselben abermalige Veränderungen und wird bald nichts mehr von den alten Bauten übrig seyn. Zu meiner großen Ueberraschung fand ich heute bei einer nochmaligen Untersuchung im Hinterbau einen Raum, der bis jetzt ganz verbaut und, als Fabrik und Lagerraum benutzt, in seiner Eigenthümlichkeit nicht zu erkennen war. Er hat die größte Ähnlichkeit mit dem Refectorium des Weißfrauenklosters, s.d. - Decke und Wände bestehen aus Holztafelwerk, und die drei Fenster, welche nach dem Hofe gerichtet sind, wurden durch äußerst zierlich profilirte Fensterpfeiler, welche viel reicher wie die obengenannten sind, voneinander getrennt. s. Ab. [R0765] [R0758] Die hintere, nach dem Garten gerichtete Wand ist die uralte Stadtmauer und gibt dem Gemach durch ein in einem Bogen eingebrochenes Fenster auch von dieser Seite Licht.
Der Einbruch dieses Fensters und die zierliche Holzverschalung des ganzen Bogens sind gleichzeitig mit der ganzen Einrichtung und stammen aus dem Ende des 15. Jahrh.
Zwei Tragsteine, welche theilweise das Deckengebälke tragen helfen, sind elegant profilirt aus der spätgothischen Zeit wie der ganze Bau, s. Ab. [R0761]
Dieser Raum liegt ungefähr vier Fuß höher als die übrigen Lokalitäten des Erdgeschosses und ist durch Reparaturen und unzählige Einbauten und Veränderungen über alle Maßen entstellt. Es stellt sich immer mehr und mehr heraus, daß dieses Haus mit großem Aufwand erbaut wurde, wie die reiche Ausstattung mit Steinmetzenarbeit zeigt; es ist eine wahre Fundgrube für den Alterthumsforscher und thut mir in der Seele weh, die schönen Ueberreste alter Zeiten so nach und nach verschwinden und entweiht zu sehen. Ich bin froh, so viel davon gerettet zu haben; was mag erst alles schon verloren gegangen seyn, ehe ich darauf aufmerksam war.
Als Herr Baron v. Häckel im vorigen Jahrh. das Haus bewohnte
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und Goethe als Knabe in demselben aus und einging, mag es wohl noch anders ausgesehen haben.
Band 11
30. Januar 1874
Mittlerweile sind meine Befürchtungen eingetreten und ist der Hinterbau des Hauses durch Veränderungen und Einbauten über alle Maßen geschädigt und entstellt. In erster Linie steht die Erbauung eines Treppenthurmes im Hofe, welcher an der Wand des Hinterhauses angebaut wurde und die nächste Folge hatte, daß das Steinbild des Hl. Christoph von seiner Stelle heruntergenommen werden mußte und jetzt im Garten einstweilen abgestellt ist, woselbst auch die verschiedenen Theile des obengenannten Brunnens ihren Platz gefunden haben. Im Inneren ist ebenfalls alles auf den Kopf gestellt und sieht im Augenblick trostlos aus. Der schöne Garten, der früher einen so friedlichen und stillen Eindruck machte, hat nun einen Ausgang nach dem Graben erhalten, indem man vorläufig die Mauer durchbrach um die Baumaterialien leichter herbeischaffen zu können, auch liegt er ganz voll Steine, Schutt und Bauholz, und alle Spuren früherer Behaglichkeit und Ruhe sind vernichtet. Nie habe ich eine solche Zerstörung gesehen. -
Durch meine Bemühungen ist es mir gelungen, das Standbild des Hl. Christoph zu retten. Der vorläufige Pächter der ganzen Localität, Herr Wenzel, erhielt von dem jetzigen Eigenthümer, Herrn Consul Hahn, dasselbe zum Geschenk um es dem Städtischen Museum, das in dem neuen Archivgebäude begründet werden soll, zu überlassen. Vorläufig ist es im Römer sicher untergebracht.
[Seite 43 und 44 bei Paginierung übersprungen S. E.]
Band 11, Seite 45
Das Wappen über dem Brunnen sowie die daneben sitzenden Kinderfiguren sind nun auf meine Verwendung hin über dem Thore, das nach dem Graben hin gebrochen wurde, angebracht und machen eine gute Wirkung.
Die ganze Localität ist nun in einen Restaurationsgarten umgewandelt und auf 10 Jahre vermiethet.
Das schöne alte Gewölbe neben dem Thorbogen sowie diese selbst steht noch. Das Ganze trägt nun den stolzen Namen „Cafe Göthe“.
Band 11, Seite 47
Junger Bär
Töngesgasse 38 | Holzgraben 9
G.28
4. November 1864
Das [Haus] stammt seinen Formen nach aus der Mitte des vorigen Jahrh. und ist der massive Unterbau mit Steinhauerarbeit reich verziert, einzelne Theile des Vorderhauses jedoch sind älter. Unter einem großen Thorbogen hindurch gelangt man in einen geräumigen Hof, in welchem die Säulen, von denen ein weit vorspringender Theil des Vorderhauses, das auf demselben hohl stand und getragen wurde, bemerkenswerth sind, indem sie die Jahreszahl 1617 in Holz erhaben geschnitzt tragen, s. Abb. Im Hof links hinten ein Brunnen in einer Nische, welche von einer Muschel geschlossen wird, mit einer schönen Kinderfigur, s. Abb. [R1527], darüber ein ursprünglich nicht dahin gehöriges Wappen oder Zeichen des Hauses, vielleicht der ehemalige Schlußstein des Thores, ein Bär mit einem Stern oder Sonne über dem Kopf.
Band 11
18. Juni 1873
Die obenerwähnten Säulen sind bei einer in diesen Tagen vorgenommenen und noch im Gang befindlichen Reparatur und Umänderung des Hauses halb in die Wand eingemauert worden, indem ein Theil des Thorbogens zu Läden eingerichtet wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Nische an dem Brunnen überbaut, so daß derselbe nun unter einem etwa 10 Fuß vorspringenden Unterbau steht, jedoch sonst ganz erhalten ist. Die Hinterbauten enthalten nichts Bemerkenswerthes. Bei dem Brand von 1719 wurde dieses Haus verschont.
Band 11, Seite 49
Schönborner Hof
Töngesgasse 34 | Hasengasse 9
G.30
12. Juni 1858
Rechts im Hofe des ansehnlichen Hauses an einem Eckpfeiler geschnitzte Ornamente, ebenso im Hinterhause ein Treppengeländer, dessen Pfosten aus roh gearbeiteten Figuren bestehen, mit verschiedenem, im Geschmack aber nicht ganz reinem Schnitzwerk. Auch in dem unteren Raume des Hinterhauses steht eine Säule mit einem reich verzierten Capitel, dieselbe, halb in eine Wand eingemauert, ist gewunden und mit Laubwerk verziert, aber ebenfalls roh. Es sollen früher noch viele derartige Dinge in dem Hause gewesen sein, die aber nach und nach verschwanden. Haus und Hof sind mir von Jugend auf bekannt und wurde, soweit meine Erinnerung reicht, darin keine Hauptveränderung vorgenommen.
Ueber dem großen Eingangsthor in der Töngesgasse ein Wappen in Stein.
„Ist seit dem großen Brand von 1719 von vornenher wieder ganz neu aufgebaut worden.“
Müller, Beschr. Frankfurt p. 36
deßgleichen Faber Beschr. v. Fft. p. 65.
Band 11
12. Juni 1864
An der Rückwand des Hauses in dem Hofe, welcher seinen Eingang von der Hasengasse aus hat, befindet sich eine Tafel eingemauert, die offenbar aus einem im Jahr 1719 zerstörten Hause stammt, ihrer Form nach in das Ende des 16ten Jahrhunderts gehört und sehr reinlich und fein in ihren Verzierungen mit dem Meißel ausgeführt ist. Sie trägt folgende Inschrift:
Band 11, Seite [50]
Ein liedt salomo im hohen chor.
Wo got den bau nit selber macht
Und er nit selber helt die wacht
Ist aller menschen sorge umbsunst
gar nichts mag helfen fleisz und kunst
zu got all dein vertrauen setz
Bis er dich deins leidtsz ergetz.
Band 11
28. August 1878
Wird gegenwärtig bis auf den Grund niedergerissen um den Neubauten Platz zu machen, die Hintergebäude in dem nach der Hasengasse zu gelegenen Theil sammt dem Thorbogen, der von dieser Straße in den Hof führte, sind bereits gefallen, und das Uebrige wird baldigst folgen, wodurch dieser Theil der Straße ein ganz verändertes Ansehen erhält. Es sind an diese Bauten und Plätze meine allerfrühesten Jugenderinnerungen geknüpft und hat mich der Abbruch, der allerdings eine gebotene Nothwendigkeit ist, schmerzlich berührt.
Band 11, Seite 51
Aschaffenburger Hof
Töngesgasse 32
G.31
12. Juni 1858
Wurde bei dem Brande von 1719 vielfach ruinirt ohne jedoch der gänzlichen Zerstörung zu unterliegen.
Doch scheint es, als seien doch in Folge desselben umfassende Neubauten vorgenommen worden, denn an einem Brandmauergiebel des nach der Hasengasse zu gelegenen Hinterhauses findet sich eine halb zerstörte Jahreszahl eingehauen:
1 7 2 (?), wahrscheinlich 1720. Sodann die Buchstaben:
A S T. M.
Band 11
28. August 1878
Alles der Erde gleich und der Neubau bereits bis zum ersten Stock in höchst geschmackloser Weise aufgeführt. Die Fundamentarbeiten ließen alte Kellergewölbe und sehr starke Mauern sehen, welche dem Abbruch einen bedeutenden Widerstand entgegensetzten und sehr lange Zeit in Anspruch nahmen.
Band 11
4. April 1878
Wird soeben bis auf den Grund abgebrochen und kommen bei der hinteren Seite, welche ein Theil der älteren Stadtmauer zu seyn scheint, Fenster mit alten Gittern, so etwa aus dem Ende des 17ten Jahrh. zum Vorschein. Wie es scheint, wurde dieser Theil bei dem Brande von 1719 verschont.
Band 11, Seite 53
Töngesgasse 30 | Fettmilchsplätzchen
G.32
28. April 1878
Das Haus wird soeben bis auf den Grund abgebrochen.
Es hat architektonisch nichts Bemerkenswerthes.
Band 11, Seite 55
Fettmilchs Schandsäule
Töngesgasse
Juli 1859
In der Döngesgasse neben dem Hause G.33 auf dem freien Plätzchen, wo der Brunnen steht, stand früher das Haus, worin Fettmilch wohnte; er wurde wegen Aufwiegelei und Aufruhrstiftung am 28. Febr. 1616 hingerichtet, geviertheilt und sein abgehauener Kopf auf dem Brückenthurm nach der Brücke zu aufgesteckt. Das Haus wurde demolirt und auf dessen Platz am 22. August 1617 eine steinerne Schandsäule gesetzt. Diese Säule ging bei dem Brande von 1719 zu Grund bis auf das Untergestell, und es wurden wahrscheinlich bei dem Umsturz der Aufsatz desselben in seine drei Theile, aus denen er zusammen gesetzt war, getrennt. Diese drei Stücke wurden von da an im Hofe der Constablerwache, dem damaligen Zeughause aufbewahrt, d.h. sie lagen im Hofe im Freien. (Fettmilchs Büchse sowie eine Axt mit der er sich vertheidigt, wurden ebenfalls daselbst verwahrt und befinden sich nun im Zeughaus [...] an der Weißfrauenkirche). Im Jahr 1829, als der Quai vom Metzgerthor nach der Brücke gebaut wurde, verwendete man die drei Säulenstücke zum Ausfüllen, da liegen sie begraben.
Diese Nachricht hat mir Herr Metzgermeister Meister gegeben, welcher es gesehen hat, wie man die Steine von der Constabler Wache herbeischaffte und in den Ausfüllraum legte. Die Metallplatten waren aber nicht mehr vorhanden, doch sah man deutlich noch die Löcher, wo solche befestigt waren.
Im Jahr 1820 war der Sockelstein in der Döngesgasse noch auf seinem alten Fleck vorhanden.
Band 11, Seite [56]
In der Mitte der Säule waren nach einer hierüber vorhandenen Abbildung drei metallene Platten befestigt mit folgender Inschrift:
Vincentius Fettmilch dulcia=
rius Tribunus falsa spe literis
et Sigillis seditose motis, Ma=
gistratu mutato judaeis pu=
blicatis Principum Commissario=
rum Legatis derisis ipsaque Caesa=
rea proscriptione occupato
commeatu ac propugnaculis
pertinaciter Spreta, cum bo=
nos in Summam non Semel tre=
pidationem tam Sponte quam
corruptus adduxisset; prid.
Calend. Mart. M.D.CXVI. digitis per=
juris, capiteque ad pontem a Turri
ri porrecto, plexus, corpore ve=
ro de quator furcis in diversas
Vias publicas Suspenso, conjur=
gi; Liberis que Exilium sibi Domus
dejectae loco cippum hunc in=
samen promeruit.
Sempiternae Rebellionis memoriae.

Daß dieser Platz bleibt öd und wüst,
dem Vincenz Fettmilch schuldig ist,
Welcher diß Stadt drey ganzer Jahr
Gebracht hat in manch groß Gefahr
Band 11, Seite 57
Dessen er endlich hat darvon,
Getragen diesen bösen Lohn,
Daß er endlich an der Richtstatt,
Seyn zwey Finger verlohren hat,
Hernach den Kopf, geviertheilt drauf
Und die vier Theil gehenket auff,
An die vier Strassen dieser Stadt
den Kopff man auffgestecket hat.
Am Brücken Thurm auch Weib und
Kind
Ewig des Lands verwiesen sind,
Das Hauss geschleifft des ich allhier,
Zur treuer Warnung stehe Dir.
XXVIII. Feb. MDCXVI.

Lersner, 1. Buch, p. 394.
Es gibt eine besondere Abbildung der Schandsäule, welche mir auch schon vorgekommen ist, sodann findet sich eine recht deutliche Darstellung derselben auf dem Merianschen Plan von Frankfurt.
Band 11, Seite 59
Trierisch Plätzchen
Töngesgasse 25
G.34
Juni 1860
Das Haus brannte im Jahr 1719 bis auf den Grund nieder, es gehörte damals einem Bäcker Namens Joh. Daniel Frick und wurde, wie der Tragstein unter dem 1ten Stock ausweist, auch von demselben wieder aufgebaut.
Am Eck hat es als Tragstein einen schön gearbeiteten Löwenkopf, s. Ab.
Band 11, Seite 61
Töngesgasse 33
G.38
8. August 1858
Wurde bei dem Brand von 1719 total zerstört und wurden zu seinem Wiederaufbau wahrscheinlich die Ueberreste verwendet, wie dieß am allerbesten bei seiner im Hofe G.39 sichtbaren Brandmauer zu sehen ist, welche aus einer Menge
Band 11
180
als Bausteine vermauerten Werkstücke besteht, die Verzierungen aus dem Ende des 16. Jahrh. tragen, s. G.39.
Vor dem Brande gehörte es einem Bäcker Namens Joh. Philipp Greis.
Band 11, Seite 63
Maulbeerhof
Töngesgasse 35 | Aennchengasse | Andreasgässchen
G.39
12. Juni 1858
In dem Hausgang von der Töngesgasse her ist der alte Schildstein des Hauses, einen Maulbeerbaum darstellend, eingemauert. Das Haus wurde bei dem Brand von 1719 total zerstört und sammt seiner Nachbarn mit Verwendung der alten Steine wieder aufgebaut, dieß bezeugt der ebenerwähnte Schildstein sowohl als auch die in den Hof
Band 11
181
hineinstoßende Brandmauer des Hauses G.38, die aus den Ueberresten eines Ende des 16. Jahrh. aufgeführten Baues hergestellt ist, indem eine Menge mit Steinhauerarbeit verzierte Steine dazu verwendet wurden, s. Ab. [R0963]
Das Haus besitzt eine Thorfahrt in das Aennchengäßchen nach dem Trierischen Hof hin sowie einen Ausgang in das Andreasgäßchen in der Graubengasse. Vor dem Brande hieß der Besitzer Johannes Schmelzer.
Band 11
1. August 1879
Soeben wurde die Thorfahrt bis auf den Grund niedergelegt um wahrscheinlich einem Neubau Platz zu machen und wurden dadurch ein Theil der hinteren Brandmauer des Hauses G.100 mit alten Fenstern, welche steinerne Kreuzstöcke haben, sichtbar. Ueber diese Mauer s. G.100 [Vogelsgesanggasse 7].
Durch diesen Abbruch erhält die ganze Gegend ein anderes Aussehen und sind durch die Verlegung des Marktes in die neue Markthalle noch weitere Veränderungen zu erwarten.
Band 11, Seite 65
Goldner Stern | Sternberg | Affenstein
Töngesgasse 43
G.43
10. Mai 1859
Ueber der Hausthür im Schlußstein die Abbild. eines Sterns. Das Haus brannte 1719 bis auf den Grund ab und gehörte sammt dem Nebenhause in der Graubengasse 37, welches dasselbe Schicksal hatte, einer Wittwe Namens Anna Chevusin, Amme (Hebamme).
Band 11
2. Oktober 1876
Seit einigen Tagen wird der Unterbau zu Laden eingerichtet, was dem Hause ein verändertes Ansehen giebt.
Band 11, Seite 67
Französische Krone | Kummelsack
Töngesgasse 49
G.46
4. Juni 1860
Brannte 1719 bis auf den Grund nieder, gehörte einem Kaufmann Namens Nicolaus Claus und wurde auch wahrscheinlich von diesem wieder aufgebaut, wie das N. C. beweist, das bei der Hausmarke angebracht ist.
Der Tragstein ist gemeinschaftlich mit dem Hause 47.
Band 11
29. Juli 1875
Von dem Herrn Fuchs seit einiger Zeit erkauft und Behufs der Einrichtung zu einem Spezereigeschäft in den unteren Theilen total verändert.
Band 11, Seite 69
Esel | Kleiner Esel | Isal | Iserle | Drei goldne Lilien
Töngesgasse 51
G.47
10. Mai 1864
Ueber der Hausthür im Schlußstein das in der Abb. [R0771], s.d. gegebene Wappen, dem ich schon lange vergeblich nachstrebte indem unglücklicherweise grade an diesem Platz die Hausnummer angebracht war, welche es verdeckte, nun aber werden im Erdgeschoß Läden eingerichtet, zu welchem Zweck auch die schönen Steinhauerarbeiten an der Thüre flach gehauen wurden. Ich kam grade dazu und erfuhr, daß auch der Thürsturz weggehauen werden soll, ließ daher das Schildchen mit der Nummer 51 abnehmen, worauf das Wappen zum Vorschein kam, das ich also vor seinem Untergange noch glücklich rettete.
Trotz aller Bemühungen wollte es mir bis jetzt nicht gelingen, die Familie herauszufinden, welcher dieses Wappen angehört, es ist offenbar altadelig; ob es das der Erbauer ist? Die Dynastenkappe macht mich stutzig.
1719 brannte das Haus bis auf den Grund nieder, es gehörte damals einem Juwelier Namens Peter Rennier, Tit., welcher es auch wahrscheinlich wieder aufbaute.
Band 11, Seite 71
Weissenau
Töngesgasse 57
G.51
Mai 1863
Das Haus brannte im Jahr 1719 bis auf den Grund ab, es gehörte damals einem Lederhändler Namens Tit. Andreas Nekel. Sonderbarerweise trägt es in seiner Wetterfahne die Jahreszahl 1709, was ich mir dadurch erklären kann, daß eine alte Wetterfahne bei dem Neubau darauf angebracht wurde.
Band 11, Seite 73
Weinrebe | Grosse Weinrebe
Töngesgasse 61 | Eck mit dem Liebfrauenberg
G.53
30. Mai 1867
An dem Tragstein auf dem Eck unter dem 1ten Stock eine Traube mit Weinlaub ausgehauen und daneben die Jahreszahl 1720.
Bei dem Brande von 1719 wurde das Haus bis auf den Grund zerstört, es gehörte damals der Wittwe des verstorbenen Raths-Herrn Wilhelm Brachmann.
Im ersten Stock finden sich mehrere Bilder von Schütz vor.
Band 11, Seite 75
Wölfchen | Wolfelin
Töngesgasse 17
H.151
29. November 1864
Ein ansehnliches massiv von Stein aufgeführtes Haus mit Figuren, welche die Ueberhänge tragen und einem ziemlich großen Hof, der die Einfahrt durch ein Thor in der Steingasse hat. An einem Tragstein unter dem ersten Stock in der Töngesgasse ein leeres Wappenschild. Bei dem Brande von 1719 wurde es bis auf den Grund zerstört, es gehörte damals dem Herrn Seger von Berge, Handelsmann, und Jungfer von Berge. Im Hofe über einer Thür ein Wappen, das hier beifolgt.
I. Die Figuren auf dem Felde links oben halte ich für Hüfthörner. Auf dem Helm wahrscheinlich ein halber geflügelter Löwe. Die Ausführung des Wappens ist roh, scheint jedoch älter als 1720 zu sein.
Figur II. scheint nach dem Brande gemacht zu sein, ist sehr roh, im oberen Felde wahrscheinlich ein Adler, im unteren wahrscheinlich ein Löwe.
Band 11, Seite 77
Weisser Esel | Allerheiligen | Arheiligen
Töngesgasse 15
H.152 | H.153
12. Juni 1864
Bei dem Brande von 1719 wurden diese beiden nun zusammengehörigen Häuser bis auf den Grund zerstört. Lit. H.152, neben dem Eck gelegen, gehörte vor dem Brande einem Knopfmacher Namens Johann Zacharias Hardegen, No. H.153 einem Schuhmacher Namens Johann Wendelin Lips, dessen Namenszug in den Anfangsbuchstaben auf dem Tragstein mit H W L gegeben sind. Wenn die Häuser vereinigt wurden, weiß ich nicht. Der Plan von Ulrich vom Jahr 1811 zeigt sie noch als getrennt.
H W L.
1720.
Tragstein unter dem ersten Stock.
Band 11, Seite 79
Töngesgasse 11
H.155
Mai 1860
Brannte im Jahr 1719 bis auf den Grund nieder.
Es gehörte damals einem Goldarbeiter Namens Daniel Schildt.
Wurde im Jahr 1720 wieder auferbaut, wie ein mit dem Nebenhause 9 (s.d.) gemeinschaftlicher Tragstein unter dem ersten Stock, dessen eine Hälfte fehlt, sowie auch die in dem Horststein der gemeinschaftlichen Brandmauer eingehauene Zahl, ausweist.
Band 11, Seite 81
Helm goldner
Töngesgasse 9
H.156 | H.157
Mai 1860
Brannte 1719 bis auf den Grund nieder und gehörte damals einem Schneider Namens Abraham Klug.
Ist mit dem Hause H.157 gegenwärtig in eins zusammengezogen, s,d,
Es brannte im Jahr 1719 bis auf den Grund nieder und wurde im Jahr 1720 wieder aufgebaut, wie ein mit dem Nebenhause 11 gemeinschaftlicher Tragstein unter dem ersten Stock anzeigt. Auch im Horststein der Brandmauer findet sich die Zahl 1720, s. Nebenhaus 11.
Band 11, Seite 83
Orteneck | Haus des Marcolf von Lyntheim
Töngesgasse 9
H.157
Mai 1860
Ist jetzt mit dem Hause H.156 zusammengezogen, s.d. und haben beide Häuser zusammen die Nummer 9.
Brannte im Jahr 1719 bis auf den Grund nieder. Gehörte damals einem Schneider Namens Johann Eberhard Wische. Es war das Haus des Marcolf von Lyntheim und gab der Straße, deren Eck es bildet, den Namen.
Marcolf von Lyntheim kommt 1303 als Schöffe vor, und 1305 wird die Straße bereits die Gasse des Marcolf von Lyntheim genannt.
Band 11, Seite 85
Engelthaler Hof
Töngesgasse 5 | Fahrgasse 101
H.159
Juni 1859
Ein mit ungeheurem Aufwande in Stein ausgeführtes Haus mit einem auf Säulen ruhenden Balkon und einer Menge von Figuren und Köpfen. Ueber der Hausthüre unter dem Balkon folgende Inschrift:
Admodum Reverenda domina Juliana Schmidin
fuldensis abbatissa in valle Angelorum in Wette=
ravia me vidit vetustam fecit venustam fato com=
bustam ex cinere suscitavit. MDCCXX °
Ueber den Fenstern des ersten Stocks hält ein Engel ein Buch, auf dessen Blättern sich folgende Inschrift befindet:
[auf zwei Seiten aufgetrennte Inschrift S. E.]
EX / DIVM
CINERE / ERIT
POST / FOR
IN CEN / TIOR
[MZ_11-1]

Warum der Schreiber diese höchst sonderbare Raumeintheilung wählte, vermochte ich bis jetzt noch nicht zu ergründen.
Früher war der Ausgang in das kleine Gäßchen nach der Fahrgasse hin, mit einem Thorbogen überwölbt, der oben eine Gallerie trug, die eine Art Altane bildete, gleich der am Nürnbergerhof und mit Blumen besetzt war, so daß sie einem förmlichen Gärtchen glich und ein außerordentlich malerisches Ansehen hatte; in den 40ger Jahren jedoch wurde bei einer Reparatur dieses Thor entfernt und auf die jetzige Weise hergestellt, weil man glaubte, daß es so schöner sey.
Band 11, Seite 87
Alt Windeck | Windeck
Töngesgasse 1 | Eck mit der Fahrgasse
H.161
Mai 1860
Brannte im Jahr 1719 bis auf den Grund nieder, wurde aber, wie wir aus der Jahreszahl am Fußgestell der Figuren sehen, welche als Träger unter dem Ueberhang des ersten Stocks angebracht ist, in demselben Jahr wieder aufgebaut. Diese Figur, s.Abb. [R0810], welche große Schönheiten hat, ist von einem hiesigen, 1680 geborenen Bildhauer Namens Johann Georg Schön ausgeführt, wie Hüsgen in seinem Art. Magazin Seite 310 angiebt und dürften sich unsere heutigen Künstler dieselbe schon manchmal zum Muster nehmen. In ganz ähnlicher Weise ist in der Schnurgasse 46 an dem Hause zum kleinen Riesen, G.77, s.d. die Figur daselbst behandelt und freut es mich doppelt, diese meine Ansicht dieser Tage durch einen unserer bedeutendsten Künstler getheilt und bestätigt zu wissen, indem derselbe unabhängig von mir an drittem Ort beinahe mit den nämlichen Worten seiner Bewunderung für dieses Werk Ausdruck verliehen.
Vor dem Brande gehörte das Haus einem Messerschmied Namens Philipp Ludwig Mannberger.
Band 11, Seite 89
Grosser Baumgarten
Töngesgasse 6
H.163
Juni 1862
Dieß Haus wird auf dem Brandplan von 1719 als ein Hinterhaus von dem Hause [Töngesgasse] 8 bezeichnet und gehörte damals einem Weinhändler Tit. Augustus Graumann, der auch eine Weinwirthschaft hatte. Es muß dem Plan nach bis auf den Grund niedergebrannt sein. Hinter dem Hause lag ein ziemlich großer Garten, in welchem wahrscheinlich eine Weinwirthschaft betrieben wurde.
Ob der Eigenthümer es wieder aufgebaut oder ein Anderer und zu welcher Zeit dieß geschehen, ob sogleich oder später, konnte ich noch nicht ermitteln. Die Buchstaben S. L. deuten auf einen anderen Erbauer, s. Abb. [R1017]
Der in der Abb. gegebene Schlußstein befindet sich über einer Thüre des Hinterhauses, er zeigt einen Baum und zu beiden Seiten desselben die Buchstaben L. S. in sehr roher Arbeit.
Band 11, Seite 91
Buchenau | Schildeck
Töngesgasse 10
H.165
April 1862
Im Hinterhaus sind noch einige Bogen der ehemaligen Stadtmauer ganz erhalten, werden aber wahrscheinlich jetzt bei der begonnenen Umgestaltung für immer verschwinden.
Band 11
5. Mai 1879
Die Hinterbauten sammt der ehemaligen Stadtmauer sind soeben bis auf den Grund niedergelegt, so daß man vom Graben aus herein in den Garten und Hof sehen kann. Auch an dem Nebenhause 8 ist die Stadtmauer abgebrochen. Es sollen Neubauten aufgeführt werden, welche durch die neue Markthalle bedingt sind.
Die alten Schießscharten sind fast sämmtlich in den Bereich der Zerstörung gefallen.
Band 11, Seite 93
Bernhof | Baugarten | Schildeck
Töngesgasse 12
H.166
12. Februar 1862
Im Hofe an dem Thorpfeiler des Vorderhauses findet sich in Stein gehauen die Inschrift
[MZ_11-2] „ F 1727. April.“ ungefähr 4 Fuß über dem Boden, dieß zeigt die Zeit der Erbauung durch einen Herrn Finger an, indem das Haus bei dem Brande von 1719 ein Raub der Flammen wurde; es gehörte damals sammt dem Nachbarhause (10) einem Weinhändler Lamp.
In dem Keller fand ich einen 8eckig behauenen Stein, dessen eine breite Fläche einen roh gearbeiteten, auf einem Wappenschilde befindlichen Frankfurter Adler trug, der Form nach dem Anfang des 17ten Jahrh. angehörig. Auch hat der Keller merkwürdige alte Spuren und ist jedenfalls der alte Klosterkeller geblieben, d.h. ein Theil desselben, der seiner Festigkeit wegen dem Feuer trotzte. Im Hofe weiter an einer Brandmauer des Hinterhauses im Stein eingehauen B. J. E. 1803. -
Im Hinterhaus noch drei Bogen der ältesten Stadtmauer noch ganz erhalten, dieselbe geht weiter an dem Nachbarhaus (10) durch, ebenfalls erhalten und tritt nun in ihrer ganzen Dicke vor die Brandmauer der Häuser auf dem Graben. Oben wird sie als Gang benutzt, und unten sind die Bogen theilweise bis auf 1/3 ihrer Dicke vermauert. Im Augenblick werden bedeutende Baureparaturen vorgenommen, deren Ergebniß noch nicht abzusehen ist.
Band 11
April 1862
Die alte Stadtmauer wird bloßgelegt um wahrscheinlich für immer zu verschwinden, s. Nebenhaus 10.
Im Hofe über dem Thor des Vorderhauses ein leeres Wappenschild mit einer Krone darüber.
Band 11
22. September 1877
Bei dem eben im vollen Gange befindlichen Abbruch der Schoppengebäude auf dem Graben, welche sich an die Mauer des Hauses anlehnen, wurde ein in diese
Band 11, Seite [94]
Mauer eingesetzter in Stein gehauener städt. Adler sichtbar, welcher die Jahreszahl 1727 trägt.
Siehe Antoniterkloster.
Band 11, Seite 95
Antoniter Kloster
Töngesgasse 16
H.167b
12. Juni 1864
Vor langen Jahren schon war mir die Existenz der beiden ungeheuren Pfeiler bekannt, ohne daß es mir möglich geworden wäre, dieselben näher zu untersuchen und über ihren eigentlichen Zweck und Entstehungszeit
Band 11
Stadtmauer Pfeiler Zimmergraben
genügende Auskunft zu erhalten; da sie durch die an die Stadtmauer direct angebauten Schoppen gänzlich verdeckt sind, war eine genaue Besichtigung außerordentlich schwierig, schon der herrschenden Dunkelheit wegen, bis mir endlich heute Gelegenheit wurde, dieselben zu zeichnen und zu vermessen.
Sie sind 7 ½ Fuß breit, 8 ½ und 9 ½ Fuß dick, stehen 27 Fuß weit auseinander und ungefähr in der Mitte der Hintergebäude des Hauses Töngesgasse 16, H.167b, was an der Stelle des ehemaligen Antoniterklosters im Jahr 1803 aufgeführt wurde.
Zwischen ihnen in der Mitte befindet sich ein in Stein roh ausgehauener Adler mit dem Buchstaben F und der Jahreszahl 1726, was darauf hinzudeuten scheint, daß bei dem ungeheuren Brand von 1719 die alte Stadtmauer stark angegriffen und bei ihrer nöthig gewordenen Ausbesserung mit einem städt. Adler versehen worden war. Meiner Ansicht nach und soweit es das trübe Dämmerlicht erlaubte, sind die Pfeiler alt und gehören der Mauertechnik nach einer frühen Zeit an, wofür auch schon der Umstand spricht, daß die Abschrägung des einen um einen ganzen
Band 11, Seite [96]
Fuß tiefer ansetzt als bei dem andern, was in den neueren Zeiten ganz gewiß nicht vorgefallen wäre, s. Abb. [R1018]
Band 11
21. September 1877
Soeben wird an der Stadtmauer an der Stelle des Hauses Töngesgasse 12, H.166, welches bisher von einem Schoppengebäude überbaut war, ein städt. Adler freigelegt, welcher die Jahreszahl 1727 trägt.
Band 11
25. September 1877
An der Stelle der Stadtmauer hinter dem Hause Töngesgasse 18, H.168, wird eben durch Abbruch der Schoppengebäude ein städt. Adler freigelegt mit der Jahreszahl 1784, s. Töngesgasse 18.
Band 11
1. Oktober 1877
Noch zwei Adler in dr Stadtmauer wurden freigelegt durch den Abbruch der Schoppengebäude, sie befinden sich an den Stellen der alten Stadtmauer hinter den Häusern Töngesgasse [Leerstelle] und tragen die Jahreszahl 1726.
Die beiden in dem vorstehenden Aufsatz vom 12. Juni 1864 erwähnten Pfeiler wurden mittlerweile freigelegt und kann ich das darüber Gesagte hier nur wiederholen.
Band 11, Seite 97
Juni 1869
Von dem alten Kloster, welches bei dem obenerwähnten Brand zu Grunde ging, hat sich die Bildhauerarbeit des Giebelfeldes über dem Haupteingang erhalten und befindet sich nun dahier wohlaufbewahrt in dem städt. Archiv, nachdem vorher der hies. Alterthumsverein dieselbe aufbewahrt hatte. Sie ist stark beschädigt und dermalen in zwei Stücke gebrochen, während sie früher aus einem Stein bestand, der bei dem Wiederaufbau des Klosters keine Verwendung fand und vielleicht irgend in einem Winkel des Hofes lag. Später, als das Kloster ganz einging und in Privatbesitz des Herrn Meyer gelangte, wurde der Stein in dem Keller aufbewahrt, weil man ihn bei dem Neubau des Hauses vorgefunden hatte und nicht zerstören wollte, hier fand ihn Herr Osterrieth und verschaffte ihn der Sammlung des Vereins.
Mündliche Mittheilung H. Osterrieths, s. Abb.
Band 11, Seite 99
Töngesgasse 18
H.168
25. September 1877
Das Haus wurde bei dem Brande von 1719 bis auf den Grund zerstört und gehörte damals einem Kaufmann Namens Peter Münch. Es bestand aus einem Vorderhaus, einem Nebenhaus und einem Hinterhaus
Band 11
332, 333, 334
und trägt auf dem Brandplan die Nummern 332, 333, 334.
Bei den gegenwärtig im Gang befindlichen baulichen Veränderungen auf dem Graben wurden die an dieser Stelle an das Haus angelehnten Schoppengebäude abgebrochen und in der Mauer (Alte Stadtmauer) ein Adler sichtbar mit der Jahreszahl 1724, nebst einem vermauerten Bogen der Stadtmauer.
Mehrere Häuser hatten Thüren durch die Stadtmauer nach dem Graben und kann dieser, wie es scheint, offen gewesene Bogen eine solche gewesen seyn, vielleicht war er auch nur durchgebrochen um den Brandschutt leichter wegführen zu können, auf dem Brandplan findet sich nur eine Thüre oder Durchbruch bei den Antonitern und bei dem v. Reineck‘schen Haus.
Band 11, Seite [100]
Töngesgasse 18
H.168
25. September 1877
Bei den eben im Gang befindlichen baulichen Veränderungen wurde an der hinteren Seite der alten Stadtmauer nach dem
Band 11
Mauer auf dem Graben Adler
Graben ein Adler blosgelegt mit der Jahreszahl 1724; es ist der dritte, der sich vorgefunden hat. Auch ein Bogen in der Stadtmauer wurde sichtbar, welcher vielleicht früher offen gewesen seyn mag um das Abräumen des Schuttes nach dem Brande von 1719 zu erleichtern. Die Mauer erlitt, wie es scheint, damals argen Schaden und wurde vielfach ausgebessert.
Die Adler tragen somit die Jahreszahlen 1724, 1726, 1727, und zwar sind es deren 5 an der Zahl und darunter 3 mit der Bezeichnung 1726, welche nach und nach zum Vorschein gekommen sind.
Band 11, Seite 100a
Töngesgasse 24
H.170
25. Januar 1880
Stammt aus dem vorigen Jahrh. und wird eben bis auf den Grund abgebrochen.
Hat nichts Bemerkenswerthes.
Band 11
329
Wurde bei dem Brande von 1719 bis auf den Grund zerstört; es gehörte damals einem Schneider Namens Heinrich Kühn.
[Hier und im Folgendem von der Chronologie abweichende Paginierung S. E.]
Band 11, Seite 100c
Töngesgasse 22
H.171
25. Januar 1880
Stammt aus dem vorigen Jahrh. und wird eben bis auf den Grund abgebrochen.
Hat nichts Bemerkenswerthes.
Wurde bei dem Brande von 1719 bis auf den Grund zerstört;
Band 11
327
es gehörte damals dem Herrn v. Rheineck.
Band 11, Seite 101
Adler Apotheke
Töngesgasse 26 | Hasengasse 2
H.172 | H.176
14. Februar 1865
Bei dem großen Brande von 1719 wurde das Haus bis auf den Grund zerstört und wahrscheinlich im folgenden Jahre wieder aufgebaut. Es gehörte damals einem Stein- und Diamantschneider Namens Johann Helfrich Riss, Tit.
Weiter wüßte ich nichts zu erinnern als den Umstand, daß ich von einem Fenster der nach dem Trierischen Hof hinsehenden Mansardstube eine Ansicht des Trierischen Hofes kurz vor dem Abbruch desselben, s.d. und Abb. genau nach der Natur in Farben ausführte. Diese Zeichnung ist eine technische Merkwürdigkeit und zwar insofern als sie ausgeführt ist ohne vorher gezeichnet zu seyn, gleich mit dem Pinsel, was in der Aquarellmalerei keine leichte Aufgabe ist. Nun aber kommt das Merkwürdigste: Als ich im Jahr 1851 diese Arbeit unternahm und an einem sonnigen Morgen fröhlich von dem Dachstübchen über den Trierischen Hof wegsah, hatte ich keine Ahnung, daß 60 Jahre vorher jemand aus diesem Fenster geschaut, dieses Haus bewohnt, dessen wenn auch nur kurze Anwesenheit darin, demselben ein wenige Glorie verleiht. Es war Wolfgang Amadeus Mozart, welcher darin wohnte, und somit ist aller Wahrscheinlichkeit nach diese Aussicht dieselbe, die auch er geschaut hat. Diese Nachrichten sind durchaus zu-
Band 11, Seite [102]
verlässig und stammen von dem noch lebenden Urenkel des damaligen Besitzers des Hauses, Herrn Dr. jur. Danker, dessen Urgroßvater Herr Apotheker Danker während der Wahlzeit des Kaisers Leopold, Ende Sept. 1790 das nach der Döngesgasse hin gelegene Zimmer seines Hauses an Mozart vermiethet hatte.
Nähere vortreffliche Details über Mozarts Hiersein finden sich in einer Novelle von G. W. Pfeiffer, welche in den Frankfurter Familienblättern vom Jahrgang 1862 abgedruckt ist und mit dem 1ten Jan. beginnt.
Band 11
14. Januar 1880
Das Haus wird soeben bis auf den Grund abgebrochen um neu auferbaut zu werden, nachdem schon seit einigen Jahren die Apotheke gegenüber auf das Trierische Plätzchen verlegt worden war. Durch die Verlegung des Marktes in die auf dem Graben erbaute Markthalle hat diese ganze Stadtgegend eine andere Gestalt erhalten, wozu namentlich die nothwendig gewordene Verbreiterung der Hasengasse das meiste beitrug.
Das Haus ist schon seit längerer Zeit mit dem Hause Hasengasse 2, H.176 vereinigt, welches soeben mit abgebrochen wird.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Trierische Gasse
[kein Datum]
Band 11, Seite 103
Trierisches Gäßchen 7
H.73
Mai 1859
Ueber der Hausthür im Schlußstein beifolgende Abbild. [R1000] in Stein gehauen (wahrscheinlich aus der hl. Schrift).
Das Haus brannte 1719 bis auf den Grund nieder, und das Bild ist, wie es scheint, gleich dem am Nachbarhause in jener Zeit entstanden, s. 9. Es gehörte damals einem Schneider
Band 11
141
Namens Elias Wüst.
Band 11, Seite 105
Trierisches Gäßchen 9
H.74
Mai 1859
Ueber der Hausthür im Schlußstein beifolgende Abbildung [R0999] der Taufe im Jordan. Das Haus brannte 1719 bis auf den Grund nieder; es ist also anzunehmen, daß dieß Bild bei dem Neuaufbau gemacht wurde, in welche
Band 11
142
Zeit es seiner Behandlungsart nach, auch gehört. Der Name des Eigenthümers war Johann Mensel.
Band 11, Seite 107
Trierischer Hof
Trierische Gasse 11 | Steingasse 7
H.75
4. Juni 1850
Am 9. Mai des Jahres 1850 begann der Abbruch der Gebäude und Schoppen des Trierischen Hofes, nachdem schon lange vorher die Rede davon gewesen. Ich verfügte mich natürlich mehrmals des Tages an Ort und Stelle um die etwaigen bei dem Abbruch und den vorkommenden Ausgrabungen gemachten Funde zu besichtigen und wo nöthig zu zeichnen. Es hat etwas eigenthümliches, den letzten Momenten eines theuren Jugendspielplatzes beizuwohnen, und alle die bekannten und liebgewordenen Plätzchen und Eckchen verschwinden und aufgedeckt zu sehen. Man fing damit an, das kleine Weinlaubumrankte Häuschen Lit. H. No. 36 [H.36] abzubrechen. - H No. 36 habe ich selbst abgeschrieben; die Nummer war an dem Häuschen angemalt, obgleich sie in der Fahrgasse sich ebenfalls vorfindet. Nachdem man die Ziegelbedeckung des Häuschens weggenommen, kamen die braunen alten Bretter des Daches zum Vorschein, und als auch diese verschwunden waren, stand nur noch der erste Stock desselben mit seinen ausgehängten hohlen Fenstern traurig da. Eine Katze schlich wehmüthig um ihren zerstörten Wohn- und Tummelplatz und konnte sich unter dem abgedeckten Dache und den vor dem Häuschen aufgehäuften Balken nicht mehr zurecht finden. Der letzte Bewohner desselben war ein uralter bettlägeriger Mann, ein Schneider Namens Schönfeld; er wurde in seinem Bette herausgetragen und in eine für ihn gemiethete Wohnung in der Graubengasse gebracht, woselbst er einige Tage darauf starb. Der Abbruch des Häuschens geschah so schnell, daß
Band 11, Seite [108]
Herr Dr. med. Bagge, Armenarzt, welcher zwei Tage vorher den kranken Mann noch darin besucht hatte, nicht mehr das Häuschen, geschweige denn den Patienten im Trierischen Hofe fand. Der Mann war noch ein von dem ehemaligen Kurfürsten von Trier eingesetzter Verwalter; er war hoch in den Neunzigern, und ich habe ihn selbst einige Tage vor dem Abbruch in dem Häuschen besucht, allwo ich ihn im Bette liegend in der Stube des ersten Stockwerks fand.
Bald war auch der untere Theil des Häuschens verschwunden, und nun zeigte sich der alte steinerne Brunnenkranz von blauem Basalt in seiner ganzen Rundung, wohlerhalten wieder, nachdem er über 130 Jahre bei der Erde gedeckt und überbaut gewesen, so daß nur ein ganz kleines Stück des Kranzes von außen sichtbar geblieben war. Die Schoppen und Waarenlager fielen ebenfalls, worauf ein großer Theil der alten Original- Ringmauer mit einer der Stadtmauer bei den Dominikanern ähnliche Bogenstellung zum Vorschein kam.
Diese Mauer war dieselbe, welche den Hof nach dem Geißgäßchen hin abgrenzte und auch von außen immer den Eindruck hohen Alters machte. Durch ihre Stärke geschützt, war sie bei dem ungeheuren Brande von 1719 unversehrt geblieben. Nachdem nun auch auf der Seite nach der Steingasse hin die letzten hölzernen Bauten gefallen waren, stellte sich auf einmal das Bild des Brandplatzes in überraschender Weise dar. Man hatte nach
Band 11, Seite 109
dem Brande die Wohnhäuser nicht wieder aufgebaut, weil kein Geld dazu vorhanden war, sondern den Platz, um ihn zu verwerthen mit Schoppen bedeckt, welche an die stehengebliebenen Mauerreste angelehnt und eingebaut waren, dadurch wurden die Mauern ziemlich geschont und zeigten nun ein vollkommenes Bild des Aussehens des gesammten Platzes kurz nach dem Brand. Sogar die Spuren des Rauches und der Flammen konnte man daran noch deutlich erkennen. Am besten erhalten war ein Theil der Mauern der Capelle mit 2 gothischen Fenstern aus der ersten Zeit des Spitzbogens ohne Maßwerk und Nasen von Basalt einfach in Faasen ausgeführt. Diese Fenster standen nach Osten und sahen auf ein schmales unbebautes Plätzchen, das zwischen der Kapelle und der Ringmauer des Hofes nach der Steingasse hin, lag. s. Steingasse 9.
Nach theilweiser Hinwegräumung des Schuttes wurde der Grundriß der Capelle sichtbar; sie muß doppelte Gewölbe gehabt haben, denn auf dem Boden fand sich wohlerhalten eine Säulenstellung in der Mitte, deren Sockel vollkommen im alten Brandschutt verborgen und dadurch geschützt mit voller Schärfe dastanden. Die Capelle lag mit dem Chor und der Altarstätte nach Osten und wahrscheinlich etwas im Boden eingetieft, so daß man einige Stufen hinabsteigen mußte, oder aber es kann auch gewesen sein, daß der Brandschutt im Hofe so hoch lag, daß man die Kosten der Wegschaffung scheute und darauf geradezu weiterbaute. Ungefähr 4 Fuß hoch waren die Sockel und Säulen erhalten, und mit der oberen
Band 11, Seite [110]
Fläche des Bodens im Hofe gleich gemacht. Wahrscheinlich waren sie abgehauen, weil sie von Stein, unverbrennlich, vielleicht durch den Gewölbeeinsturz zerschlagen, hindernd im Wege standen.
Von den sonstigen Ueberresten der Capelle und der andern Bauten finden sich in den benachbarten Straßen noch eine Menge. Namentlich sind es zierlich gegliederte Pfeilerüberreste, welche die Stelle von Abweis- und Schrotsteinen in der Stein-, Gelnhäuser- und Lindheimergasse heutzutage vertreten.
Ueberreste von alten Plattenböden fanden sich ebenfalls, namentlich aber war ein altes Kellergewölbe mit aufgemauerten viereckten sehr dicken Tragepfeilern ein Gegenstand, der der größten Aufmerksamkeit würdig war. Der Thorbogen am Eingang gegen das Plätzchen hin zeigte noch in den obersten Steinen die Ansätze der Wölbung, welche bei dem Einsturz des darüber befindlichen Thorhauses stehen geblieben war. Es war ein Interimsdach darüber gelegt, und in diesem Kleide war es unserer ganzen Generation wohl bekannt; das alte Stück Mauer rechts vom Eingang auf dem Plätzchen war ebenfalls noch Original Ringmauer und hatte namentlich des Abends sehr oft in der Dunkelheit mit dem danebenliegenden Bogen des kleinen Trierischen Hofes vollkommen das Aussehen einer uralten Gebäulichkeit. Namentlich gilt dieß von der Zeit, in welcher die kleinen Laternen noch in den engen Straßen nicht verdrängt waren. Eine einzige derselben war in besagtem engen Gäßchen angebracht, dem Eichenbergischen Eckhaus gegenüber, und die Beleuchtung derselben war so bescheiden, daß sie den Beschauer über die eigentliche Form der umliegenden Gebäude vollkommen im Zweifel ließ, was aber nur den romantischen Eindruck der ganzen Ortsgelegenheit ungemein erhöhte.
Das hölzerne Thor, welches allabendlich geschlossen
Band 11, Seite 111
wurde, war über und über mit Zetteln und Anzeigepapieren beklebt, und darüber ragte in der Ferne über Dächern, Mauern und Schornsteinmassen der alte Pfarrthurm heraus.
Das Thor nach der Schnurgasse war erhalten, hatte seinen schönen vollkommenen Spitzbogen noch und nach außen eine Blende, in welcher ein Heiligenbild stand. Ueber demselben blühte regelmäßig im Sommer eine Königskerze. Die beifolgenden Abbildungen, welche sämmtlich so genau als möglich an Ort und Stelle ausgeführt sind, geben ein weit anschaulicheres Bild der Lokalitäten als dieß die beste Beschreibung im Stande ist. Man vergleiche sie deßhalb.
Ueber die Geschichte des Hofes und seiner Gebäude giebt Batton vortreffliche Notizen und Einzelheiten.
Auf dem Brandplan sind die Angaben über den Hof ungenau und nicht zuverlässig, denn das ganze Stück Ringmauer nach dem Geißgäßchen und dem kleinen Trierischen Hofe hin ist als zerstört angegeben während ich es vollkommen erhalten sah und zeichnete. Die Capelle fehlt gänzlich und ist deßhalb der ganzen Angabe nicht recht zu trauen.
Band 11
Grenzmauer in der Steingasse
Juni 1850
Vor dem gänzlichen Abbruch von Juni dieses Jahres [1850] ging von dem Hause H.97, Steingasse 9, anfangend die Mauer des Hofes in gleicher Breite mit der Straße weiter, weil sie hier die Grenze des ehemaligen Hofes bildete; jetzt aber wird sie um etwa 12 Fuß zurückgezogen, wodurch vor dem Hause ein Plätzchen entsteht und das Haus zum Eckhaus wird. Die alte Ringmauer hatte dicht bei dem Hause eine Thür nach der Steingasse hin, welche aber stets verschlossen und von innen verriegelt war,
Band 11
Thürklopfer
an dieser Thüre befand sich ein wundervoller Thürklopfer mit einem durchbrochenen Klopferblech, ein Nesselblatt darstellend.
Band 11, Seite [112]
Als ich nun im Jahre 1845 in meiner Vertrauensseligkeit denselben einem Bekannten zeigte, war nach vier Tagen der Klopfer sammt dem Blech verschwunden und wie er mir später selbst sagte, in seinem Besitz. Er hat denselben leider nicht mehr, sondern ihn bald darauf verkauft oder vertauscht.
So pflegt es mit vielen Alterthümern zu gehen.
Hinter der Thüre befand sich ein kleiner freier Raum zwischen der Ringmauer und den Schoppengebäuden, der von keiner Seite leicht eingesehen werden konnte; er lag einsam da und war gleich der Thüre reichlich mit Brennesseln, Gras und Hollunder bewachsen, ein unschätzbarer Spielplatz für uns Knaben, denn von dem Ueberrest der ungeheuer dicken Ringmauer, auf der der Besitzer des Hauses Steingasse 9, s.d., sich sogar von seinem Hofe aus ein Gärtchen angelegt hatte, da das Haus theilweise auf derselben aufgebaut war, wußten wir Knaben leicht einen Weg hinunter zu finden, den uns so leicht Niemand streitig machen konnte, s. oben.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Trierisches Plätzchen
[kein Datum]
Trierisches Plätzchen
Band 11, Seite 113
Trierisches Plätzchen 5
G.90
10. Oktober 1859
Ueber der Hausthüre des massiven Unterbaus im Schlußstein die Buchstaben W.B. Bei dem großen Brande von 1719 wurde das
Band 11
172 173
Haus sammt dem dazu gehörigen Hinterhause bis auf den Grund zerstört und von seinem damaligen Besitzer, wie es scheint, wieder aufgebaut, es gehörte damals einem Schneider Namens Balthasar Wagner.
Band 11, Seite 115
Trierisch Plätzchen 7
G.91
15. Mai 1874
An der Hausthüre im Thürgewand eine Bombe ausgehauen
Band 11
Bombe 1796
mit der Inschrift Anno 1796, 13. Juli, s. Schäfergasse 19-21.
Bei dem Brande von 1719 wurde das Haus bis auf den Grund zerstört. Der Eigenthümer war der Dr. med. Wolfgang Gülich.
Band 11
174
Band 11, Seite 117
Listiges Haus | Listegen Hus | Lystege
Trierisches Plätzchen 4
H.146
9. Mai 1859
Ueber der Hausthüre im Schlußstein beifolgendes Wappen, s. Ab. [R1003]
Das Haus brannte 1719 bis auf den Grund nieder und ist anzunehmen, daß es alsbald wieder aufgebaut wurde.
Die nach dem Trierischen Hof hin gelegene Brandmauer des Hauses, welche keine Fenster hat, ist aus Bruchstücken und Ueberresten eines
Band 11
167
älteren Baues aufgeführt, wahrscheinlich mit den dem Brandschutt des Trierischen Hofes entnommenen Steinen, da der Hof nicht wieder aufgebaut wurde.
Auf dem Brandplan ist es als Obermeyer‘sche Behausung angegeben.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Tuchgaden | Tuchgattern
[kein Datum]
Band 11, Seite 119
Weiblein | Grosses Weiblein | Alt Weiblein
Tuchgaden 3
M.166
22. Mai 1859
Der jetzige Besitzer Herr Reuter ließ das Haus im Jahr 1843 bis auf den ersten Stock niederreißen und neu aufbauen. Es war ein Haus in Holzarchitektur mit geschnitztem Giebel, siehe Abb. [R0444] II.131., welche vom Dom aus gezeichnet ist. Eine Tafel, sie sich am Haus mit alter Schrift befand, ließ Herr Reuter sorgfältig abnehmen und brachte sie im Hofe an einem passenden Platze an; die Inschrift lautet
Zum grossen Waybel bin ich genant
Von Alters her also bekannt. 1613
Eine neue Tafel in gleicher Größe ließ er gegenüber anbringen mit folgender Schrift
Neuerbaut von Jacob Reuter 1843.
Auch die geschnitzten Träger bewahrte er sorgfältig, wie er überhaupt beweist, daß er den lebendigen Sinn für die Sache in sich trägt.
Als Schlußsteine der unteren Thüröffnungen folgende Marken, s. Ab. [R1126] [R1128]
Die Steinhauerarbeit des stehengebliebenen massiven Unterstocks hat außerordentlich zierliche und originelle Formen und sind die Abb. nachzusehen.
Band 11, Seite 121
Gadeneck | Neue Gaden
Tuchgaden 2
M.200
22. Juni 1858
Ein altes Haus mit massivem steinernem Unterbau und schönen hölzernen Streben unter dem Ueberhang des ersten Stocks. An dem Eck auf dem mittleren die Figur eines Ochsenmetzgers mit seinem Schlagbeil, darüber auf einem Täfelchen die Jahreszahl 1545, darunter ein Schild mit der Inschrift
C V N R A T
Die eine Figur zur Seite, eine Justitia, hält ein Schwert und eine Wage und trägt die Inschrift Justitia, die andere, eine nackte weibliche Figur bringt sich mit einem langen Dolche zwischen den beiden Brüsten eine tiefe Wunde bei und führt die Inschrift Lucretia. Auf dem steinernen Theile des Sockels finden sich die Buchstaben V . D . M . I . E. Verbum domine manet in eternum (aeternum)
Die Ausführung der Figuren ist roh, dagegen die Ornamente fein.
Band 11
Oktober 1865
Seit einigen Tagen ist die Verdachung über den Tragsteinen weggenommen worden und wurden dieselben mit weißer Oelfarbe angestrichen, wodurch nun alles viel deutlicher zu erkennen ist, wie bei der dunklen Holzfarbe allein auch ein Haupttheil des alterthümlichen und charakteristischen Aussehens verloren ging.
H. [Zunftszeichen] O. [MZ_11-3] kam dabei an dem mittleren Träger zum Vorschein.
Die rundbogigen Thüren im Erdgeschoß sind tief gekehlt und äußerst reinlich in der Ausführung.

Buchstabe U

Band 11, Seite [unpaginiert]
Untermainquai
[kein Datum]
Band 11, Seite 123
Stadtmauer am Untermainthor | Am ehemaligen kleinen Main
10. August 1873
Ungefähr gegenüber dem v. Rothschild‘schen Hause ist in der Futtermauer ungefähr 10 Fuß über dem ehemaligen Wasserspiegel des sogenannten kleinen Mains eine Steinplatte eingefügt, welche auf einem etwa einen Zoll tiefer liegenden Felde die erhaben gearbeitete Inschrift trägt 1663. Dicht daneben eine zweite Tafel mit der Inschrift Renovatum 1695, s. Ab.
Beide Steine sind nunmehr beinahe ganz überwachsen.

Buchstabe V

Band 11, Seite [unpaginiert]
Vilbelergasse
[kein Datum]
Band 11, Seite 125
Vilbelergasse 29
C.34
8. Juli 1864
Ein ganz von Backsteinen aufgeführtes Haus, vielleicht das einzige in dieser Art hier, die Fenster liegen mit ihren steinernen Kreutzstöcken in ziemlich tiefen Blenden, welche oben mit einem flachen Bogen überwölbt sind. Ueber der Hausthür eine neue Blende ein Wappen, das sich auch an dem Hause C.40, Hammelsgasse (17) findet, s.d. - Die eisernen Anker an dem Hause bilden in ihrer Stellung die Jahreszahl 1 6 6 1 [MZ_11-4]
Band 11
24. Juni 1873
Ueber dem Einfahrtsthor im Schlußstein ein bisher von einem Schild bedeckt gewesenes Steinbild: ein Falke oder Sperber, der eine Rolle Papier oder einen Stab im Schnabel hält, von einem Kranz mit Bändern umgeben und gar nicht ungeschickt ausgeführt.
Siehe auch:
Band 11, Seite 127
Vilbelergasse 23
C.37
Mai 1862
Ein Haus mit einem Giebel nach der Straße zu gekehrt, dessen Aussehen noch ziemlich den Stempel der Erbauungszeit an sich trägt, die Fenster ausgenommen, die zwar in ihrer Raumeintheilung vielleicht noch die alten sind, allein jedenfalls früher runde Scheiben hatten und somit dem Hause ein ganz anderes Ansehen verliehen. Unter dem Nasengiebel findet sich die Jahreszahl 1587. Recht alterthümlich macht sich das noch vorhandene spitzbogige Hofthor.
In dem Hofe selbst sowie in dem Hause findet sich sonst nichts Bemerkenswerthes weiter vor.
Band 11
Dezember 1864
Soeben ist das erwähnte Hofthor, das eine zwar einfache, aber trotzdem sehr geschmackvolle Durchscheidung der Stäbe in dem Scheitel seines Bogens hatte, sammt einem oberen Theil der Mauer abgebrochen. Jetzt erst erkennt man genau die noch ziemlich alte Form des Hauses. Der Giebel des Zwerghauses nach dem Hofe zu hat ebenfalls noch die Oeffnung mit einem Spitzbogen in Holz ausgeführt. Die Fenster aber haben am ganzen Hause noch die alten Formen.
Band 11, Seite 129
Pfau, goldner
Vilbelergasse 26 | Bleichstraße 7 | Elephantengäßchen 10
C.72 | C.76
Mai 1859
An einem in die Elephantengasse stoßendes Thor beifolgende Hausmarke im Schlußstein.
Ueber dem Eingangsthor im Elephantengäßchen hinten steht „Zum goldnen Pfau“. Im Hofe daneben am Hause C.76, ebenfalls zum Pfau gehörig, ist über einer Kellerthür die Jahreszahl 1629 eingehauen.
An einer gegen das Neue Thor hin gerichteten Brandmauer befindet sich eine Tafel mit folgender Inschrift:

VEBEREINKVNFT
No. 106.
DE 1.TEN SEBR. 1797
[MZ_11-5]
Soll wahrscheinlich heißen Uebereinkunft No. 106 den 1ten Septemb. 1797.
Auf der Brandmauer eine Wetterfahne von Blech, einen Pfau vorstellend. Tafel und Wetterfahne sind nun durch das in diesem Jahr neugebaute Haus verdeckt.
Band 11
22. Juni 1864
Abends 8 Uhr brach ein furchtbarer Brand im Hofe des Pfaues aus und legte bis gegen 11 Uhr Abends den größten Theil der Schoppengebäude und Lagerhäuser sammt deren reichem Inhalt in Asche. Das Feuer entstand in dem Pelzlager eines Herrn Dummich, welcher des Verdachtes der Brandstiftung sich nicht entledigen konnte und gegenwärtig sammt seiner Frau in Untersuchungshaft nächstens vor den Assissen abgeurtheilt werden wird.
Band 11
Juni 1866
Sitzt seit einem Jahr im Zuchthaus sammt seiner Frau.
Band 11, Seite 131
Pfau
Vilbelergasse 26
C.72
2. Juli 1864
PCH . B . SS = CHV. B.M = G.D.L. B. M. = 1787. [Zeichenabstände und Interpunktion unklar S. E.]

Diese Inschrift befindet sich an einem Brunnenstein.
Ich lese sie:
PCH. Brunnen Schultheis
CHV. Brunnen Meister
GDL. Brunnen Meister
Der Brunnen steht in dem hinteren Theil des Hofes.

Weiter eine Inschrift auf einem steinernen Täfelchen an einer Brandmauer: JOHANNES AMEIS. 1797.
[Klebespuren eines ehemals montierten Blattes S. E.]
Band 11, Seite 133
Elephant
Vilbelergasse | Eck mit der Elephantengasse 1 | Vilbelerstraße 32
C.79
Mai 1859
Das nach der Vilbelergasse hin liegende Vorderhaus brannte im Jahr 1811 ab und wurde neu erbaut, am Hinterhaus in der Elephantengasse über der Hausthür ein Elephant in Stein gehauen (roh) mit 1760. Daneben an einem Tragstein unter dem ersten Stock I. A. D. 1680.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Vogelsgesanggasse
[kein Datum]
Band 11, Seite 135
Augsburgerhof
Vogelsgesanggasse 12
G.93
11. Juni 1877
Wurde bei dem Brande von 1719 bis auf den Grund zerstört, gehörte damals einem Herrn Seyfardt von
Band 11
103
Hohenstein, wurde wie es scheint, sogleich wieder aufgebaut und hat im Erdgeschoß ein einfaches feuerfestes Gewölbe mit einfachen Rippen ohne Schlußstein, gleich wie das Haus No. 10, G.94. An dem Hause befindet sich ein Ziehbrunnen, in welchen jetzt eine Pumpe gestellt ist. Sonst nichts Bemerkenswerthes.
Band 11, Seite 137
Augsburgerhof
Vogelsgesanggasse 10 | Wildemannsgasse 7
G.94
11. Juni 1877
Wurde bei dem Brande von 1719 bis auf den Grund zerstört und gehörte damals einem Herrn Seyfardt von Hohenstein; wahrscheinlich wurde es sogleich wieder aufgebaut und erhielt im Erdgeschoß ein feuerfestes Kreuzgewölbe mit einfachen Rippen ohne Schlußstein,
Band 11
103
das mit einer schweren eisernen Thüre verschlossen wurde, die in Eisen getriebene Ornamente hat.
Das Haus geht durch in die Wildemannsgasse und hat sonst architektonisch nichts Bemerkenswerthes.
Band 11, Seite 139
Vogelsgesanggasse 6 | Wildemannsgasse 3
G.96a | G.96b
25. Juni 1880
Das Haus wurde bei dem Brande von 1719 bis auf den Grund zerstört, es gehörte vor demselben einem Gürtler Namens Gottfried Holler, ob es derselbe wieder aufbaute, ist nicht wahrscheinlich, da in dem massiven Unterbau über der Hausthüre die Jahreszahl 1793 nebst dem Namen M. S. Kern eingehauen ist. Es ist möglich, daß bis zu dieser Zeit der Platz wüst und unbebaut gelegen hat, wie das an mehreren Orten in hiesiger Stadt der Fall gewesen, indem die Eigenthümer aus Mangel der dazu benöthigten Mittel nicht im Stande waren, die Häuser selbst wieder aufzubauen.
Das Haus geht nach der Wildemannsgasse durch und ist in dieser mit No. 3 bez. G.96b.
Band 11, Seite 141
Augsburger Hof
Vogelsgesanggasse 7
G.100
August 1858
Das Haus im Eck, es wurde bei dem Brande von 1719 theilweise erhalten, wie man aus einem schöngearbeiteten Tragstein ersehen kann, der gleich bei dem Eingang im Inneren rechts einen Theil des Gebälkes zu tragen bestimmt ist und seiner Formen nach in das Ende des 16. Jahrh. gehört.
Bei dem Wiederaufbau nach dem Brande wurde das Haus im Inneren des Erdgeschosses hohl gestellt, so daß die oberen Stockwerke auf ungeheueren Durchzügen ruhen und den ganzen unteren Theil freilassen, wodurch ein großer eigenthümlicher Raum entsteht, der durch ein kleines Lichthöfchen erhellt wird. s. Abb. [R0650] Es finden sich noch manche Ueberreste des früheren Baus vor und der ebengenannte Raum wird im Augenblick dazu benutzt, um Meßläden darin zu verwahren. Bei einem jedesmaligen Aufschlagen derselben wird es leer, und diese Gelegenheit habe ich benutzt, um ihn abzubilden. Etwas ähnliches dürfte wohl dahier kaum existiren.
Vor dem Brande gehörte das Haus einem Herrn Seyfardt von Hohenstein.
Auf dem Brandplan ist dieses Haus seiner Lage nach in einer anderen Raumeintheilung angegeben, und hätte demnach Batton Recht, welcher angiebt, das Haus sei mit einem Ausgang nach dem Andreasgäßchen in der Graubengasse
Band 11, Seite [142]
versehen. Ulrich auf seinem mit Ausnahme einiger weniger Stellen sehr zuverlässigem Plan, der im Jahr 1811 erschien, läßt dieß nicht erkennen, sondern es gehört dieser an der fraglichen Stelle in das Gäßchen tretende Bau dem Hause zum Maulbeerhof in der Töngesgasse 35, G.39 an, das einen Ausgang hier besitzt. Auf dem im Jahr 1859 erschienenen Stadtplan von A. Ravenstein ist ebenfalls eine genaue Feststellung nicht zu ermitteln, indem durchaus nicht festgestellt ist, zu welchem Hause der fragliche Bau gehört. Durch eigenen Augenschein und Untersuchung habe ich mich nun überzeugt, daß dieser Ausgang in der Graubengasse in dem sogenannten Andreasgäßchen wirklich vorhanden ist und heutzutage noch besteht. Die Mauer, welche das Haus nach dem Maulbeerhofe hin begrenzt, ist in dem Brande wahrscheinlich nicht zerstört worden; sie besaß nach dem genannten Hause hin mehrere Fenster mit alten steinernen Kreuzstöcken, welche wahrscheinlich bei dem Wiederaufbau zugemauert wurden und heute noch sichtbar sind, indem die Mauer, welche früher die Seite eines Hauses bildete, nunmehr theilweise frei liegt und die im Hofe derselben sichtbaren jenen Fenstern angehörigen Blenden, deren eigentlichen Zweck nur schwer erkennen lassen.
Band 11
5. August 1879
Meine oben ausgesprochene Vermuthung ist durch den im Augenblick im Gang befindlichen Abbruch des Hinterhauses des Maulbeerhofes vollkommen bewahrheitet.
Band 11, Seite 143
Augsburgerhof
Vogelgesanggasse 9
G.101
August 1858
Unter diesem Hause zieht die Durchfahrt nach dem Aennchengäßchen und dem Trierischen Plätzchen hin und auf der äußeren Seite über dem Thorbogen stand auf einem Bande mit golden[en] Buchstaben angeschrieben „Zum Augsburger Hof 1785“.
Batton giebt an, es stünde nur Augspurg 1785, wenn er richtig gelesen hat, was ich aber bezweifle, so müßte die Inschrift mittlerweile erneuert worden seyn, denn ich habe sie selbst abgeschrieben, ehe sie durch den in diesen Tagen vorgenommenen Neuanstrich und theilweise Reparatur des Hauses zerstört wurde. Sie war verblichen und trug in der Form und dem Charakter der Buchstaben vollkommen das Gepräge des vorigen Jahrh.
Bei dem Brande von 1719 wurde das Haus bis auf den Grund zerstört, es gehörte damals einem Herrn Carl Seyfardt von Hohenstein.
Band 11
1. August 1879
Soeben wird der schmale Raum neben dem Thorbogen nach dem Hofe hin, welcher nur die Hausthüre nebst einem Fenster enthielt, zu einem Laden eingerichtet, indem durch die Eröffnung der neuen Markthalle in der Hasengasse alle diese Häuser im Werthe bedeutend gestiegen sind und nun nutzbar gemacht werden.

Buchstabe W

Wahrzeichen

Band 11, Seite [unpaginiert]
Wahrzeichen
[kein Datum]
Band 11, Seite 145
[kein Datum]
[Eingeheftetes Druckwerk, Seite 145 bis 149; zentrierte Texte linksbündig S. E.]

DIE
WAHRZEICHEN
VON
FRANKFURT A. M.
Von
Carl Theodor Reiffenstein.

(Mit einer Tafel Abbildungen) [hier nicht vorhanden S. E.]

Separatabdruck aus dem ersten Bande der neuen Folge des Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst 1860
Band 11, Seite [146]
Eschenheimerthurm
I.
Der Eschenheimerthurm.
Noch vorhanden. (Abb. 1)
Der im Jahr 1346 bei der damals vorgenommenen Stadterweiterung unter Kaiser Ludwig des Baiern Regierung erbaute Eschenheimerthurm ist unstreitig einer der schönsten Ueberreste mittelalterlicher Befestigungen in Deutschland. Nur durch ein Wunder entging er bei der in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts begonnenen Demolirung der Festungswerke dem Abbruch, um jetzt der Stadt zu einer der grössten architektonischen Zierden zu gereichen. Seine fünf Spitzen, mit denen er über dem Zinnenumgang gekrönt ist, gelten als das Wahrzeichen an ihm und wenn in der Vorzeit die Handwerksburschen gefragt wurden, „was ist das Wahrzeichen am Eschenheimerthurm zu Frankfurt am Main?“ so war die Antwort, „dass er fünf Spitzen hat und doch nicht sticht“.
Es ist auffallend, und kann als ein Hauptbeweis aufgeführt werden, wie lange das Wahrzeichen schon gilt, dass man als besonders kennzeichnende Eigenthümlichkeit die fünf Spitzen wählte, wlche ausser ihm noch von einer Menge anderer Thürme in den verschiedenen Städten Deutschlands getragen wurden, während man e i n Merkmal, das er wahrscheinlich von allen Thürmen in der ganzen Welt nur allein besitzt, überging. Dieses Merkmal ist seine Wetterfahne, welche von neun Schusslöchern durchbohrt ist, die in ihrer Stellung gegeneinander eine Neune bilden, an deren Entstehung sich eine schöne halbverhallte Volkssage knüpft, nach welcher ein Wilddieb Namens Hans Winkelsen sein durch Verwundung oder Tödtung
Band 11, Seite 147
Eschenheimerthurm | Steinbild am Rebstock in der Kruggasse. Mönch und Nonne
3
eines Forstwarts verwirktes Leben dadurch gerettet haben soll, dass er, als man ihn von dem Eschenheimerthurm, wo er gefangen sass, hinaus nach dem Galgen fahren wollte, versprach, diese Fahne in neun aufeinanderfolgenden Schüssen zu treffen und zugleich damit eine Neun hineinzuschiessen, was, wie der Augenschein lehrt, er auch glücklich vollführte. Sehr alt kann desshalb die Sage nicht sein, indem sie jedenfalls aus einer Zeit stammt, in welcher die Verbesserung der Feuergewehre bereits soweit gediehen war, dass man mit Sicherheit auf den Erfolg eines derartigen Schusses rechnen konnte, was ohngefähr nach der Mitte des 17. Jahrhunderts der Fall war. Geschossen sind die Löcher unzweifelhaft, ob jedoch durch Zufall oder Absicht bleibt eine offene Frage, zu welcher das Volk kurz entschlossen in der Sage die beste Antwort fand. Historisch ist bis jetzt noch nichts aufgefunden, was auch nur im Entferntesten dazu eine Beziehung hätte.

II.
Das Steinbild am Rebstock in der Kruggasse. Mönch und Nonne
Noch vorhanden. (Abb. 2)
In der Kruggasse an der vorspringenden Brandmauer des Hauses L. 85 (6 neu) neben dem Gasthause zum Rebstock ist in der Höhe des dritten Stocks ein Steinbild eingemauert, welches offenbar nicht dahin gehört und zu den seltsamsten Erzählungen Anlass gab, da man von unten aus nicht genau unterscheiden konnte, was es eigentlich vorstellen sollte. Gewöhnlich wurde es für einen Mönch ausgegeben, der eine Nonne durch ein Gitter umarmt; dem ist aber nicht so, es stellt vielmehr einen Mann dar, welcher an einem Weinstock (Rebstock) hinaufsteigt. Wahrscheinlich befand sich das Bild früher unten über dem seit langer Zeit abgebrochenen Thor des ehemaligen Hofes zum Rebstock und diente gleichsam als Namensschild. Es gehört seiner Ausführung nach, die eine ziemlich rohe ist, in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Baldachin darüber, welcher als durchaus nicht zur Sache gehörig, weggelassen wurde, ist wenigstens dreihundert Jahre jünger und scheint bei der Translocirung gemacht worden zu sein. Wann dies geschah ist bis jetzt nicht genau zu ermitteln gewesen. Nach der Sage soll an der Stelle des jetzigen Hofes zum Rebstock ein Garten gewesen sein, in welchem eine Rebe zu einer solchen Stärke gedieh, dass ein Mann daran nicht hinaufsteigen konnte, was wahrscheinlich auch dem Platze den Namen zum Rebstock verliehen hat.
Band 11, Seite [148]
4
III.
Die Maurerkelle im Dom.
Nicht mehr vorhanden. (Abb. 3.)
Im Dom an dem zweiten Pfeiler rechts beim Eingang ganz oben über dem Kapital, wo das Gewölbe aufsitzt, bemerkte man einen dunklen Körper, der einem Messerstiel von unten gesehen nicht unähnlich war. Es sollte dies der Stiel einer Maurerkelle sein, die mit der Spitze in die Mauer gesteckt seit langer Zeit ihren Ruf als Wahrzeichen des hiesigen Domes zu bewahren wusste. Bei der vor zwei und drei Jahren stattgehabten Restauration der Kirche kam man natürlich auch an jene durch die Sage geheiligte, freilich sehr schwer zugängliche Stelle und es ergab sich, dass die Phantasie des Volkes seit wer weiss wie langer Zeit an einem Rüsthaken hing, den man fälschlich für den Schaft einer Maurerkelle gehalten hatte; er wurde entfernt. Die Topographie ist um eine Notiz reicher und unsere Stadt um ein Wahrzeichen ärmer geworden.

IV.
Der Rabe im Gerichtssaale des Rathhauses.
Nicht mehr vorhanden.
Die Entstehung dieses Wahrzeichens beruht ungefähr auf Folgendem:
Im Jahre 1606 wurde ein gewisser Hans Reible, ein Hosenstricker aus Ekelshausen, wegen Mordversuchs, den er an seinem Meister Jacob Schregel auf Anstiften von dessen Ehefrau verübte, allhier gefänglich eingezogen und am 2. September 1608 zum Tode verurtheilt und hingerichtet. v. Lersner lässt sich darüber in seiner Chronik von Frankfurt B. I. p. 498 wörtlich also vernehmen:
„Als dieser Thäter das Juramentum Calumniae praestirte, ist eine Raab zum Schornstein durch das Camin in das Gericht geflohen, sich in der Zeit, da er den Eyd geleistet, über ihn herumgeschwungen, und nachmals wiederum zum Römer durch das Fenster hinaus geflogen, diese Historia stehet abgemahlet oben im Saal wo offentlich Gericht gehalten wird, und nennt man es das Wahrzeichen auf diesem Saal“
Diese Abbildung ist jetzt nicht mehr vorhanden, wie überhaupt die ganze Sache höchst zweifelhaft erscheint.
Band 11, Seite 149
5
V.
Der Hund mit dem Kind.
Noch vorhanden. (Abb. 4.)
Ein liegender Löwe, welcher mit den Vordertatzen einen menschlichen Kopf hält, aus rothem Sandstein gehauen und bereits stark verwittert und geschwärzt. Er liegt auf einem kleinen Vorsprung einer Brandmauer des Eckhauses der Brücken- und Elisabethenstrasse zu Sachsenhausen in einer Höhe von ungefähr 30 Fuss und hatte früher sicherlich eine andere Bestimmung. Der Sage nach ist es ein Hund, der bei einer grossen Ueberschwemmung ein Kind gerettet hat. Das Steinbild ist sehr alt, aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts und wurde vielleicht im Jahr 1709, als man einen Theil der älteren Gebäude des Deutschherrenhauses niederriss und neu aufführte, dort überflüssig und hierher versetzt. Das Haus, an dessen Brandmauer er seinen Platz gefunden, stammt aus dem Ende des 16. Jahrhunderts.
Die eigentliche Bedeutung kann nicht ermittelt werden.

Vorstehender Aufsatz war ursprünglich für die „Leipziger Illustrirte Zeitung“ bestimmt, von deren Redaktion ich zu dessen Ausarbeitung im Sommer vorigen Jahres ersucht worden war; nachdem ich aber denselben sammt Zeichnungen eingeschickt hatte und ungefähr zwei Monate ohne alle Antwort verstrichen waren, wurde mir von der Redaktion mitgetheilt, dass ein gewisser Herr Dr. Schefer in Dresden, welchere den stehenden Artikel „Städte-Wahrzeichen“ für jenes Blatt besorgt, mein Manuscript ohne Angabe der Gründe zurückgesendet habe mit der Bemerkung, er wolle nur die Zeichnung des Eschenheimerthurmes für die Sammlung behalten und den übrigen Text überhaupt nur als Material benutzen. Die Redaktion glaubte, ich würde mich desshalb zu einer Preisermässigung verstehen; ich aber, weit entfernt auf einen solchen Vorschlag einzugehen, bat mir das ganze Manuscript zurück, was ich auch umgehend erhielt.
In der Leipz. Illustr. Zeitung aber erschien am 10. Sept. 1859 unter dem bekannten Titel „Städte-Wahrzeichen“ in der Rubrik Frankfurt am Main der Eschenheimerthurm aufgeführt und obgleich die dabei gegebene Abbildung mit meiner eingesendeten Zeichnung auch nicht die allerentfernteste Aehnlichkeit besitzt, sondern eine schlechte wahrscheinlich von einem Nichtfrankfurter gemachte Copie nach einem Blatte des dahier bei Carl Jügel vor langer Zeit erschienenen Albums von Frankfurt zu sein scheint, so finden sich doch in dem dieselbe begleitenden Texte so auffallende Aehnlichkeiten mit dem meinigen, ja sogar ganze Wendungen, die ich bisher als mein ausschliessliches geistiges Eigenthum betrachtet hatte, darin getreu wiedergegeben, dass ich mich gedrungen fühle, unsere freundlichen Leser darauf aufmerksam zu machen und die Würdigung jener beiden Aufsätze der eigenen Beurtheilung eines Jeden anheimzustellen.
[Ende des eingehefteten Druckwerks S. E.]
Band 11, Seite 151
Bockenheimer Warte
6. Juli 1862
An einem aus der Mantelmauer des Thurmes heraustretenden Erker oder erkerartigen Ausbaus, welcher jedenfalls die bessere Vertheidigung des Thores und Bestreichung der Straße bezwecken sollte, findet sich Anno 1745 eingehauen, was auf die Erbauungszeit dieser Vertheidigungsanlage hinzudeuten scheint.
Die Baugeschichte der verschiedenen Warten ist von den verschiedensten Leuten schon bearbeitete worden, da aber viele derselben immer einer für seine Notizen den andern benutzt und die Bearbeitungen selten auf wirklichen eigenen Anschauungen und Untersuchungen beruhen, so konnte es geschehen, daß mehrere gar nicht unwichtige Einzelheiten übersehen wurden und ganz unerwähnt blieben; es wird deßhalb von mir das Fehlende, soweit mein Wissen und meine an Ort und Stelle gemachte Beobachtung ausreicht, hiermit nachgeholt.
Diese Warte zeichnet sich durch einen niedrigeren Thurm, auf dem aber ein sehr hoher Helm sitzt, sehr bemerkbar aus, s. Ab. [RS0101]
Hatte früher eine behagliche Schoppenwirthschaft.
Band 11, Seite 151a
Sachsenhäuser Warte
2. Mai 1843
[Hier und im Folgendem von der Chronologie abweichende Paginierung, teilweise ergänzt S. E.]
Am 2. März 1767 wird das alte Gebäude auf der Sachsenhäuser Warte, worin der Wartmann wohnte, auf den Abbruch versteigert.
Frkftr. Intellgbl. 2. März
Ueber der Thüre des Hauptbaues findet sich auf einer großen reich verzierten Tafel von rothem Sandstein folgende Inschrift eingehauen:
Jussu Amplissimi Senatus
Aedes hasce speculatorias
et forestales
jam div. ruinos as noviter
denuo
Extrui curarunt
aediles
Dr. Philipp ab. Heyden Scabinius
et Senator
Dr. Joh. Siegner J. V. L. et Senator
sex ordinis
Dr. Joh. Georg Rau Senator Tertiis ordinis
Andreas Liebhard Architectus
Anno Salutis M.D.C.C.L.XVII.
Ueber dem Thorbogen, der im Rundbogen überdeckt ist, findet sich auf einem durch eingerissene Linien im Kalkputz hergestellten Täfelchen die Jahreszahl 1788.
Dieser Umbau betraf namentlich das Haupthaus, welches für die damalige Zeit ziemlich stattlich in Stein aufgeführt wurde und in seinem ersten Stock ein schönes großes Zimmer enthält, das für die Benutzung der Städt. Behörden stets in Bereitschaft gehalten, aus seinen Fenstern eine prachtvolle Aussicht nach der Stadt und dem Gebirge hat.
Der runde Thurm ist von einer achteckigten Mantelmauer umgeben, welche seinen Eingang vertheidigt; der Eingang in diese Umfassung selbst geschieht über eine hölzerne von außen angelehnte Treppe. Sie ist wie die sämmtlichen Ringmauern von vielen Schießscharten durchbrochen, die den vorbeiziehenden Weg
Band 11, Seite [151b]
bestreichen, und an ihrer westlichen Außenseite finden sich mehrere Kreuze von Sandstein eingemauert.
An der Südwestseite des Thurmes ist ein in rothem Sandstein außerordentlich rein und scharf ausgeführter Reichsadler angebracht, welcher zwei Schilde mit städt. Adlern in seinen Klauen hält. Ueber ihm auf demselben Stein die Jahreszahl 1470.
Trotzdem daß er auf der Wetterseite steht. ist er ganz vortrefflich erhalten. Der Thurm sowie einzelne Theile der Ringmauer, der in derselben gelegene Ziehbrunnen, dem in einer nach außen halbrund vortretenden Nische ein Platz angewiesen ist, sowie das neben ihm befindliche spitzbogige Pförtchen rühren noch aus der ersten Anlage her, das Thürchen dagegen, welches neben dem Wohnhause in der Ringmauer sich befindet, verdankt in seiner jetzigen Gestalt seine Entstehung dem oben erwähnten durchgreifenden Neubau. Der Ziehbrunnen war seit langer Zeit von außen mit einem Schieferdache geschützt und wahrscheinlich auch bei jenem Umbau mit einem steinernen Deckel versehen worden und durch eine hineingestellte Pumpe zugänglich gemacht, daneben hing an einem eiserner Löffel zum Trinken. Er wurde viel von den im Felde beschäftigten Arbeitern sowie von den Vorüberziehenden benutzt. Im Laufe der Zeiten wurden die Gebäude sowohl als die Umgebung vielfachen Veränderungen und Reparaturen unterworfen, wie ich denn mich noch aus dem Jahr 1836 des Bestehens von Mauerresten der äußeren Umfassung sowie der Gräben recht gut erinnere.
Von dem Thurm aus ist die Aussicht überraschend; nach Süden liegt die Bergstraße, Melibocus u.s.w. vor uns, dann folgen in weiter Ferne die Vogesen, die Haardt, der Donnersberg, die Gebirge bei Kreuznach (Goar und Rheingrafenstein), alsdann
Band 11, Seite [151c]
der Niederwald bei Rüdesheim, die Rheingauer Berge als da sind die Rabenköpfe, Hallgarter Zange, kalte Herberge, nachher der ganze Taunus in einer einzigen ununterbrochenen Linie bis über Homburg hinaus, ferner die Berge bei Gelnhausen, der Spessart, das Freigericht (Hahnenkamm) und der Odenwald (Otzberg), s. Abb.
Band 11
3. Oktober 1877
Durch abermalige Veränderungen namentlich in malerischer Beziehung haben den Hof total entstellt. Das Dach über dem Ziehbrunnen ist entfernt, der steinerne Deckel desselben liegt in einem Winkel im Hofe. Die das Thürchen überschattenden Bäume nebst der Bank darunter sind weggenommen und Beete an deren Stelle angelegt, der freie Gang um das ganze Gebäude ist nunmehr auf der Seite gegen die Stadt hin abgesperrt, so daß die ebenerwähnte kleine Thüre von außen nicht mehr frei zu erreichen ist, kurzum alle reizenden Details verschwunden und nichts als nackte reale Neuzeit. Durch das Pförtchen sah man den Pfarrthurm und einen Theil der Stadt, jetzt aber ist der ganze Sachsenhäuserberg derart mit Häusern, namentlich Brauereien, bebaut, daß dieß ganz unmöglich wird. Bis in die nächste Nähe und sogar über die Warte hinaus nach Isenburg zu haben sich die Ansiedlungen ausgedehnt.
Band 11
20. August 1881
Die abermalige Erneuerung des Kalkputzes an einem Theil des Thurmes (Westseite) sowie an der Mantelmauer hat das Zumauern beinahe sämmtlicher Schießscharten zur Folge, auch wurden die Kreuze von Kalkputz dermaßen überdeckt, daß sie kaum mehr zu finden sind. Die Oeffnung für den Schlagbaum ist ebenfalls zugemauert.
Band 11, Seite [152]
Der frühere Bewohner der Warte hatte eine ziemlich schwunghafte Wirthschaft in Betrieb und waren Tische und Bänke im Hofe sowohl als auch vor dem Pförtchen im Freien in höchst behaglicher Weise aufgestellt, jedoch seit sehr langer Zeit ist dieß bereits aufgegeben und der Besuchende nur auf das, allerdings vortreffliche, Wasser des Brunnens angewiesen.
Band 11, Seite 153
Friedberger Warte
2. Juni 1860
Von allen Warten ist die Friedberger eine der am besten erhaltenen, namentlich der Zwinger, der durch den runden Mantel des Thurmes gebildet wird, vollkommen noch im alten Zustande, durch verschiedene Thüren abgesperrt, welche den Eingang erschweren, beinahe unmöglich machen und noch dazu die letzte vor dem Eingang durch eine Fallthüre erschwert, welche zugbrückenartig aufgezogen wurde und die Thüre bedeckte, dadurch aber vor der Thüre eine ziemlich tiefe brunnenartige Oeffnung herstellte, so daß man eigentlich an dieselbe nicht gelangen konnte.
Auch die Rinne für die Kette oder das Seil, an welchem ein Signalkorb hinaufgezogen wurde, noch ganz erhalten. Das Seil trat unter dem Halbkreisbogenfries, welches an seiner unteren Seite durchlöchert war, heraus und lief dann frei an der Wand des Thurmes herunter.
Die Fallthüre hat starke eiserne Bänder, ist zwar ein bißchen verfault und bereits geflickt, allein immer noch ohne Gefahr zu überschreiten. Das Wohnhaus ist seit dem vorigen Jahrhundert um einen Stock erhöht worden, d.h. der nach der Straße gelegene Bau, von welchem aus der Schlagbaum aufgezogen wurde. Von dem früheren niedrigeren Dache konnte man durch eine mit Gewändern von blauem Stein eingefaßte ungefähr 3 Fuß hohe Oeffnung in den Umgang gelangen. Die im Hofe an die südliche Mauer angelehnten Wohngebäude sind noch ziemlich im alten Stande. Vortrefflich erhalten
Band 11, Seite [153aa]
ist der Ziehbrunnen, der halb in der Mauer steht, so daß er auch von außen gebraucht werden konnte.
Das spitzbogige Thor war mit starken Nägeln und Borden beschlagen, der eigentliche Eingang geschah durch ein kleines, mit einem Spitzbogen überdecktes Pförtchen neben dem Brunnen. Heute noch ist die Maschinerie und das Räderwerk dieses tiefen Ziehbrunnens vollkommen im Stande. Die Gegend um die Warte war einsam und hatte sich daselbst die nach dem Kühhornshof hinziehende Landwehr in einzelnen Stücken ziemlich lange erhalten. Die Ab. besagen das Nähere.
Band 11
2. Oktober 1876
Durch die im vorigen Jahre stattgehabte Einrichtung des Thurmes als Aussichtsplatz und die damit verbundene Herstellung des ihn umgebenden Mauerwerks ist ein großer Theil der eigenthümlichen Einrichtungen verloren gegangen.
Auf der Warte in den unteren Räumen des Hauses sowie in dem mit Bäumen bestandenen Hofe wird seit Jahren eine gemüthliche Wirthschaft betrieben, die viel besucht wird und ziemlich gute Verpflegung liefert.
Am Thurm außen prangt noch wohlerhalten.
Band 11, Seite 153a
Galgenwarte | Mainzerwarte
Juni 1844
Sie ist noch ziemlich erhalten und namentlich an dem Thurme das Loch mit der Rinne für eine Kette oder ein Seil zum Aufziehen eines Korbes vollständig vorhanden, sie war in der Mauerdicke angebracht und trat das Seil erst unterhalb des Halbkreisbogenfrieses zu Tage. Der Aufgang zum Thurme ist wie bei allen übrigen durch eine runde Mantelmauer geschützt und leicht zu vertheidigen. Ein mit einem Spitzbogen überdecktes Thor vermittelt den Eingang, neben welchem sich im Innern an der Mauer ein Brunnen befindet, der auch durch eine Pumpe von außen benutzt werden kann.
Von dem sie umgebenden älteren Mauerwerk ist noch gerade dem Thurm gegenüber und von diesem nur durch die Straßenbreite getrennt, ein Kellergewölbe gelegen, das mit einer kleinen goth. Thüre versehen ist, deren Gewände aus rothem Sandstein bestehen. Dieser Eingang, zu dem man mehrere Stufen hinuntersteigen muß, liegt unter dichtem Gestrüpp äußerst malerisch halb verborgen.
Auch bei dieser Warte war ebenfalls im vorigen Jahrhundert der Mantel des Thurmes mit einem erkerartigen Ausbau versehen, s. Ab. [RS0100] [RS0099]
Band 11
2. Juli 1857
Mittlerweile im Laufe der Jahre hat auch diese Warte, namentlich die Wohngebäude, bedeutende Veränderungen erfahren, die ihr äußeres Ansehen mehr oder minder entstellen. Auf das Wohnhaus wurde ein erhöhter Anbau gesetzt und hier und da die Fensterstellung verändert.
Band 11, Seite [154]
12. Oktober 1880
Nachdem die Ringmauern sowohl wie auch das Wohnhaus in den 60er Jahren und später manche Veränderungen erfahren hatten, wurde in den letzten Jahren das Haus bis auf den Grund niedergerissen und neu auferbaut, auch wurde neben das alte mit einem Spitzbogen überdeckte Eingangsthor an die Stelle des daselbst befindlichen kleinen Eingangspförtchens ein zweites, dem ersten beinahe gleich großes Thor gebrochen und ziemlich geschickt in die Mauer eingesetzt, so daß man es beinahe für alt halten könnte.
Die alte Einrichtung des Brunnens mit einer durch die Mauer gehenden Ziehstange wurde abgeändert und ist derselbe nunmehr nur von innen zu gebrauchen. Ebenso wurde der erkerartige Ausbau an dem Mantel des Thurmes entfernt und dadurch dem ganzen Aussehen ein Hauptcharakterzug genommen.
Auf der Warte wird von jeher eine gute Wirthschaft betrieben und sind in dem gegenüberliegenden Gärtchen behagliche Sitze und Tische für die Gäste angebracht. Früher war der Ort unbeschreiblich einsam und nur von dem durchgehenden Fuhrwerk belebt, jetzt aber, seitdem die Eisenbahnen in Betrieb sind, haben sich bis in die allernächste Nähe Ansiedelungen herangezogen.
Band 11, Seite 155
Mainzerwarte 1396 erb., 1552 zerstört
Bockenheimer [Warte] 1406 erb., Thurm verändert
Friedbergerwarte 1476 erb., 1634 durch Feuer gelitten
Sachsenhäuserwarte 1411 zerstört
Röderwarte 1396, erb., Ende 18. Jahrh. halb abgetragen
Bornheimerwarte 1504 noch existent
Landwehr 1788 geschleift

Wassertröge (Capitele oder Weihwasserbecken) | Sachsenhausen

Band 11, Seite 157
Wassertröge (Capitele oder Weihwasserbecken) | Sachsenhausen
22. Juli 1877
Heute fand ich an dem Fuße des Hirtenthurms am Frankensteiner Hof den auf der Ab. No. [Leerstelle] genau wiedergegebenen Stein. Er dient gegenwärtig als Wassertrog für die Hühner der Thurmbewohner, hat jedoch offenbar früher eine ganz andere Bestimmung gehabt. Meiner Meinung nach ist es ein altes Säulencapitel oder ein ehemaliges Weihwasserbecken. Sonderbarerweise fand ich am 29. Juli [1877] in einem Gärtchen am Wasserweg einen ganz ähnlichen Stein, nur viel größer und aus blauem Stein hergestellt, er dient gleichfalls gegenwärtig als Wasserbehälter und hat es mit ihm wahrscheinlich die gleiche Bewandtniß wie bei dem obenerwähnten, denn ich kann mir nicht denken, daß man bei der Herstellung eines gewöhnlichen Wasserbeckens derartige Formen und Steinhauerarbeit aufwendet. Leicht wäre es möglich, daß beide Steine entweder aus den älteren Theilen des Deutschherrnhauses stammen, bei deren Abbruch man sie als überflüssig geworden auf die Seite schaffte oder auch können sie aus den eingegangenen Kirchen oder Capellen stammen. Wie gesagt liegt die Vermuthung nahe, daß es alte Säulencapitele sind.
Wie lange sie schon an diesen Orten sich befinden und wo sie herstammen, konnte ich trotz aller Mühe nicht ermitteln, für mich habe ich sie erst an den obengemeldeten Tagen gefunden und wurde
Band 11, Seite [158]
mir von der Nachbarschaft der Bescheid, sie hatten von jeher da gelegen. So liegt vielleicht noch manches verborgen und geht ungesehen und ununtersucht zu Grunde. s. Abb.
Band 11
Ueberreste der ältesten Bauten in Sachsenhausen
Bei dieser Gelegenheit will ich nicht unterlassen, die spärlichen Reste alter Zeit, welche sich in Sachsenhausen vorfinden, hier der leichteren Uebersicht wegen zusammenzustellen; es gehören dahin das alte Kreuzfragment, welches ehemals auf dem Wendelsweg lag und nunmehr verschwunden ist, s. Ab., sodann der Schlußstein der Catharinencapelle sammt einigen Bogen und Gurtstücken, der Hund mit dem Kind (Wahrzeichen) und die beiden ebengenannten Steine. Weiter ist mir vor der Hand nichts bekannt.

Meine oben ausgesprochenen Vermuthungen über die Steine, welche dermalen als Wasserbehälter dienen, wurde mir von Kundigen vielfach bestritten und behauptet, es seyen von jeher Wasserbehälter und keine Capitele gewesen; es mag seyn, ich will nicht eigensinnig auf meiner Meinung beharren, jedenfalls aber sind sie sehr alt.
Derjenige, welcher mich in meiner Meinung schwankend machte, war der Dombaumeister Denzinger und auf sein Urtheil halte ich große Stücke, denn er ist einer derjenigen, die wirklich etwas verstehen und nicht blos mit Geschwätz um sich werfen.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Weckmarkt
[kein Datum]
Band 11, Seite 159
Bestätteramtsgebäude | Neues Kaufhaus
Weckmarkt 3
M.210
14. Mai 1873
Wurde in seiner jetzigen Gestalt 1503 - 1513 neu erbaut. Batt. IV. 18. Note 12. und bildete früher den Vorhof der alten Judenschule, s.d. sowie Batt. IV. 19.
Heute wurde der Anfang mit dem Abbruch gemacht.
Band 11
22. Mai 1873
Das Dach ist bereits herunter gebrochen.
Band 11
5. Juni 1873
Völlig bis auf die unteren Theile der Vorderwand der Erde gleich, s. Ab. [R0374] vom 31. Mai, welche die Abbruchstätte sehr deutlich zeigt.
Band 11, Seite 161
Stadtwage
Weckmarkt 1
M.210
25. Mai 1873
Die Niederlegung des Gebäudes wird nächstens beginnen, beleuchten wir also noch einmal die Räumlichkeiten soweit es möglich ist und suchen in Schrift und Bild, der Nachwelt eine deutliche Erinnerung zu hinterlassen. Von außen hat das Gebäude trotz seiner Einfachheit einen imposanten Charakter und macht mit der übrigen
Band 11
Adler
Umgebung einen höchst harmonischen Eindruck. Drei Adler von Stein sind daran angebracht, wovon zwei auf der Ostseite und einer über dem Portal auf der Nordseite sich befindet, von den zwei Erstgenannten ist einer auf der Ecke nach Süden in einer Höhe von etwa 10 Fuß über dem Boden eingesetzt; er ist der kleinste und befindet sich auf einem Wappenschilde, nur ist er leider auf eine barbarische Weise zerschlagen, indem man, um einem daran vorbeilaufenden Standkändel Raum zu verschaffen, statt mit einem Knie darüber hinwegzugehen, lieber ein Stück von dem Adler abhieb. Es ist und bleibt dieß eine einzige Schande für diejenigen Beamten, welche mit der Leitung und Beaufsichtigung der Reparaturen an den städtischen Bauten betraut sind oder damals waren. Ein vierter Adler ist auf der Südseite des Hauses über dem Thor gemalt, er hat rechts und links oben zwei kleine schräg gegeneinandergestellte Wappenschilder neben sich, deren jedes einen Reichsadler trägt. Im Inneren des Gebäudes fesselt der untere, den ganzen Stock ausfüllende Raum unsere Aufmerksamkeit im höchsten Grade. Keine ähnliche Localität befindet sich hier. Ihre Decke ruht auf Trägern von Eichenholz, die äußerst fein und zierlich profilirt sind und einen vortrefflichen Eindruck machen. s. Ab. [R0371] [R0375] Vor allem ist der eiserne Wagebalkenhalter mit seinen zierlichen Wappenschildern ins Auge zu fassen, sodann finden wir in der Wand ein kleines
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Eiserne Thür
Schränkchen (Könsterlein), dessen eiserne Thüre eine Vorrichtung zum Einwerfen von Geldstücken hat und äußerst fein gearbeitet ist. s. Ab., also eine Kiste mit reich verziertem Schloßblech, s. Ab. [R0380]
Band 11
Altar
An der westlichen Wand, die an das eben im Abbruch befindliche Bestätteramtsgebäude anstößt, sind zwei Figuren al fresco angemalt zu beiden Seiten eines unter einem zierlichen Baldachin aufgehängten, aus Holz geschnitzten Crucifixes vor dem aus einem eleganten Sockel, welcher gleichfalls reich verziert ist, ein eiserner Träger herauswächst, auf dem sich ein eiserner Leuchter mit einer hölzernen Kerze befindet. Das Ganze erinnert an die alte Zeit und macht eine gute Wirkung. Leider fehlt die Spitze des Baldachins und ist auf eine so unglückliche Weise nach einer Zeichnung von Carl Ballenberger ergänzt, daß ich
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mich nicht entschließen konnte, dieselbe auf meine Abbildung [R0382] mit aufzunehmen. Die beiden Figuren stellen den Hl. Bartholomäus und Karl den Großen dar und scheinen stark restaurirt zu seyn.
Der Eingang zu diesem Raum geschah durch das große Thor, das sich dem südlichen Portale des Domes schräg gegenüber befand, ein zweites nach dem Rosenplätzchen mündendes Thor, das die Ausfahrt wesentlich erleichtert, indem das Wenden im Innern des Gebäudes vermieden wurde, ist neueren Ursprungs. Noch ein Eingang befand sich in der Mauer nach dem Bestätteramtsgebäude, ebenso wie eine Thüre nach dem Hofe. In diesem Raum befand sich die Stadtwage und war derselbe stets mit Fässern und Ballen belagert.
Zu den Räumen des oberen Stocks gelangte man über die in dem anstoßenden Bestätteramtsgebäude liegende Treppe, die jedenfalls ihre Entstehung einer späteren Zeit verdankt, wie aus den Verschneidungen der Stäbe an der durch die westliche Giebelwand gebrochenen Thüre, zu welcher sie führt, zu ersehen ist. Wahrscheinlich wurde diese Einrichtung erst um die Mitte des 17. Jahrh. gemacht. In dem ersten Stock, welcher einen geräumigen Saal enthält, ist ein Theil des städtischen Archivs
Band 11
Kamin
untergebracht. Ein großer Kamin erregt hier unser lebhaftes Intresse, welcher trotz seiner Einfachheit geschmackvoll und vortrefflich in Stein ausgeführt ist und auf seiner Hauptfronte zwei Adler trägt, die aber im Laufe der Zeiten so oft mit Farbe überstrichen sind, daß sie alle Schärfe und Deutlichkeit verloren haben und kaum mehr zu erkennen sind. Hier wird man die Baufälligkeit erst recht gewahr, und man begreift eigentlich nicht, daß bei dieser Verwahrlosung das Gebäude nicht schon längst zusammengebrochen ist. Von der Nothwendigkeit des Abbruchs dieses einfachen und schönen Denkmals einer reichen Vergangenheit überzeugt und erfüllt verlassen wir den Raum, beseelt von dem lebhaften Wunsche, daß es gelingen möge, einen ebenbürtigen Neubau an seine Stelle zu setzen. Jedenfalls wird Frankfurt um ein charakteristisches Denkmal seiner Vorzeit ärmer, was es umso schwerer trifft, als es in dieser Beziehung außerordentlich wenig zu verlieren hat. Ob die im unteren Raum befindlichen Wagenhalter dieselben sind, welche in Venedig verfertigt wurden, konnte ich noch nicht ermitteln. s. Notiz darüber und Abbild. [R0386]
Band 11, Seite 163
Butterwage
6. August 1873
Gestern wurde die an die Stadtwage angebaute Butterwage abgebrochen und kam ein altes vermauertes Fenster sowie ein kleines mit einer eisernen Thüre versehenes Schränkchen zum Vorschein.
Band 11
Stadtwage
22. September 1873
Seit dem 19ten d. ist die Stadtwage vollständig geräumt und geschlossen und wird der gänzliche Abbruch derselben nicht mehr lange anstehen, sondern nächster Tage erfolgen.
Im Laufe des vorigen Monats wurden die kleinen Lädchen auf der Vorderseite des Gebäudes abgebrochen, so daß nur noch der Eckladen steht. Bei dieser Gelegenheit wurden die bisher theilweise verdeckten Fenster des Gebäudes freigelegt.
Band 11
Brunnen an der Stadtwage
8. November 1873
Es war früher ein Ziehbrunnen, der auch von dem Hofe der Stadtwage aus gebraucht werden konnte. Die mit einem Halbkreisbogen überdeckte Oeffnung in der Mauer wurde, wie es scheint, im Jahr 1792 vermauert und eine Pumpe nach dem Plätzchen zu hineingestellt. Ueber demselben auf einem mit einem zierlichen Kranze umgebenen vergoldeten ovalen Feld in Stein gehauen die Inschrift:
C. Seyboth . Brunnenschultheis . B. J. Zickwolff . J. F. Busch .
J. P. Lengfelder . J. J. Ohlenschlager . Brunnen Meister . 1792.
Band 11
12. November 1873
Beinahe alles der Erde gleich und zerstört.
Band 11
Stadtwage
20. Januar 1874
Vor ungefähr 8 Tagen wurde der steinerne Adler über dem Thor herausgebrochen.
Band 11
Stadtwage
29. Januar 1874
Gestern wurde angefangen, das Dach abzudecken und heute damit fortgefahren.
Band 11
11. Februar 1874
Bereits das ganze Dach samt den beiden Treppengiebeln heruntergebrochen, der Altar ausgebrochen, die Wagenhalter herausgenommen und ein Theil der Balkendecke eingerissen.
Band 11, Seite 164
Stadtwage
9. März 1874
Heute wurden die drei starken Träger von Eichenholz, welche das Gebälke des Erdgeschosses unter dem ersten Stock trugen und sammt diesem Gebälk, nachdem das Gebäude beinahe ganz abgebrochen war, noch aufrecht standen, mittelst Zugseilen, an denen 16 Männer thätig waren, umgerissen. Es gab ein furchtbares Gepolter und eine haushohe Staubwolke; nachdem diese verzogen war, lagen die Stützen zwar am Boden, hatten sich aber von den gewaltigen Durchzügen doch nicht getrennt, sondern waren mit diesen fest verbunden geblieben und erforderte die Trennung der stark verbolzten Balken noch großen Kraftaufwand.
Es steht nun von dem ganzen Gebäude nichts mehr als das nordöstliche Eck der Schildmauer mit den daran gebauten kleinen Fleischschirnen des Metzgers Lautenschläger. Um dieses Lädchen zu erhalten, mußte man das Mauerstück, das ihm als Rückwand dient, stehen lassen indem Herr Lautenschläger dasselbe erst nach zwei Jahren, wie man vernimmt, verlassen will.
Band 11
13. März 1874
Nunmehr ist alles der Erde gleich und außer dem obengenannten Lädchen und dem daranstoßenden Mauerstück beinahe keine Spur des Gebäudes mehr vorhanden.

Der Wagebalken in der Stadtwage ist im Jahre 1442 in Venedig gemacht worden und kostet 14 Pfund, 13 [Groschen], 3 Heller.
Martinieri IV. p. 1821 . Leipzig 1740 - ges. und crit. Lexik.
Band 11, Seite 164a
Leinwandhaus
Weckmarkt 5
M.211
2. März 1881
Seit einiger Zeit ist man beschäftigt, die unteren schönen Räume des Leinwandhauses zu anderen Zwecken einzurichten, namentlich den nach Süden gelegenen Theil. Die schönen Spitzbogen, welchen denselben von dem nördlichen Theile trennen, sind vermauert worden und damit der hallenartige Eindruck vollkommen ausgetilgt. Der Raum zieht unter dem ganzen hinteren Bau her und wird dessen Decke von achteckigten starken hölzernen Trägern mit Bügen und breiten Unterzügen getragen.
Auf der Westseite außen befindet sich ein sonderbarer Anbau, der wahrscheinlich dazu diente, um an dieser Stelle zwischen drei Fenstern die Mauern zu verstärken oder zu stützen. Er verengt das schmale Höfchen, das zwischen ihm und dem Hause, welches ein neuerer Anbau ist und die Bezeichnung Am Schlachthaus 6 trägt, beinahe um die Hälfte und macht einen seltsamen Eindruck. Auch dieses Haus, das zum Leinwandhause gehört, unterliegt soeben vielfachen Veränderungen, die es theilweise entstellen und unkenntlich machen.
[Von der Chronologie abweichende Paginierung S. E.]
Band 11, Seite 165
Weinmarkt
18. September 1879
An der Rückseite des Revisionsgebäudes auf dem Weinmarkte befinden sich zwei Steine eingemauert, die offenbar, nur um sie zu erhalten, an diesem ganz neuen Bau ihre Stelle erhielten. Der eine trägt einen Frankfurter Adler, der in seiner Ausführung gar nicht übel ist, der andere unten stehende Inschrift. Sie sind ungefähr 4 Fuß hoch und, wie es scheint, schon mehremale von ihrer Stelle versetzt worden.
Oenopolium . jussu . ampliss . Senatus . moeno .
Francofurtensis . noviter . strui . curarere . aediles .
D. Joh. Carolus a Kaib . S. C. M . cons . scab . et . senator
D. Nic. Conrad Hupka . J. U. D. et . senator .
D. Carolus . Greis . senator .
Anno . salutis . M.D.C.C.X.L.IV .

Als auf Befehl hohen Senates von Frankfurt die Gebäude auf dem Weinmarkt neu errichtet werden sollten, wurden zur Beaufsichtigung dieses Baues bestellt
Dr. Joh. Carl von Kaib Kaiserlicher Rath Schöff und Senator
Dr. Nic. Conrad Hupka J. U. D. und Senator
Dr. Carl Greis, Senator
Im Jahr des Heils 1744.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Wendelsweg
[kein Datum]
Band 11, Seite 167
Kreutze am Wendelsweg
4. November 1864
Auf einem Acker am Wendelswege ziemlich weit oben am Wald, liegen mehrere steinerne Kreutze, ob dieselben an dem Kirchhofe, der früher an der Stelle des jetzigen Wendelssteinbruchs gestandenen Kapelle (Wendelskapelle) herrühren, konnte ich bis jetzt noch nicht ermitteln, ebensowenig als den Ursprung der eingemauerten 4 Kreutze an der äußeren Mauer der Sachsenhäuser Warte, s.d.
Band 11
9. April 1867
Die obenerwähnten Kreuze sind mittlerweile verschwunden, dagegen zwei andere gefunden worden, welche hier in Abb. [RS0089] folgen. Das eine von rothem Sandstein lag mit der behauenen Seite auf dem Boden, halb in den Grund versunken und ist erst seit einigen Wochen ausgegraben und an seinen jetzigen Platz gestellt worden, worauf ich sogleich an Ort und Stelle eine genaue Zeichnung gemacht habe. Die Deutung der darauf befindlichen Linienfragmente, die Hausmarke und Kreuze ausgenommen, welche sich von selbst erklären, will ich unterlassen, indem die Anhaltspunkte dafür gar zu gering sind und das Unternehmen als zu gewagt erscheinen lassen.
Das andere dagegen von blauem Bockenheimer Stein ausgeführt, ist bei weitem interessanter und habe ich in hiesiger Gegend diese Form noch niemals gefunden. Ich füge eine Ergänzung
Band 11, Seite [168]
bei, die ich allerdings muthmaßlich nenne, das aber in dem noch vorhandenen Reste des Kreuzes so vollkommen ausgesprochen liegt, daß höchstens über die Endigung der Arme ein Zweifel entstehen könnte. Man muß allerdings viel derartige Dinge gesehen und gezeichnet haben, muß ferner sehen und zeichnen können und nicht in den Tag hineinreden, sondern vorher überlegen, ehe man einen Ausspruch thut.
Leider liegt dieser merkwürdige Rest am Wege, ungesehen und unbemerkt und wird gleich anderen daselbst liegenden großen Steinbrocken bald als werthvolles Material für den Straßenbau seine gänzliche Zerstörung unter den Händen eines Steinklopfers finden.
Siehe Abb. Band [Leerstelle]
Band 11
22. September 1876
Ist mittlerweile, wie ich vorausgesagt, spurlos verschwunden.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Weissadlergasse, grosse
[kein Datum]
Band 11, Seite 169
Paradies
Große Weißadlergasse 23 | Rothekreutzgasse
F.25
10. Juni 1864
Die meisten Häuser der Rothkreutz-, Rosen- und Weißadlergasse stammen aus dem 16ten und 17ten Jahrh. und haben ihr Aussehen, namentlich was das Detail anbelangt, sehr verändert. Dieß ist besonders bei der Weißadlergasse der Fall, welche eine Geschäftslage geworden ist, und in Folge dessen das Erdgeschoß der Häuser meistens zu Läden eingerichtet wurde. Am meisten im alten Styl erhalten hat sich die Rosengasse, und theilweise führt uns ihr Anblick vollkommen in das 17. Jahrh. zurück.
W. S. B. 1620 . Tragstein unter dem 1ten Stock.
Das Haus ist sonst in seiner äußeren Form erhalten, aber alle Fenster geändert und im Erdgeschoß Läden eingerichtet.
W S B
1 6 2 0 .
[MZ_11-6]
Band 11, Seite 171
Puppenschränkchen | Rosenthal | Roseneck
Weißadlergasse 29
F.28
6. April 1860
Seit Anfang des Monats im Abbruch begriffen. Unter dem Tragstein der Brandmauer im 2. Stock gegen das Nachbarhaus F.29 hin ist beifolgender ist beifolgender Stein angebracht, s. Ab. [R1400] mit den Jahreszahlen 1617 . 1752 . I. C. S. R. F. N [Monogramm] R [MZ_11-7]
Wahrscheinlich die ersten Zahlen die Erbauungszeit und die zweiten eine Restauration oder vielleicht theilweisen Neubau andeutend.
Dieß Haus hat mit Unrecht einen gewissen geschichtlichen Ruf, indem es die Volkssage als das Wirthshaus bezeichnet, in welchem Goethes Gretchen Kellnerin gewesen sein sollte. Diese Annahme entbehrt nun so durchaus aller Wahrscheinlichkeit, daß es kaum der Mühe werth ist, sie zu widerlegen, doch will ich nur Goethes Ausspruch anführen, indem er sagt - Dichtung und Wahrheit Band 21 p. 29: „Nach Gretchens Viertel kam ich nie wieder, nicht einmal in die Gegend“, was gewiß die schlagendste Widerlegung ist, die gefunden werden kann und welche alle weitere Erörterungen abschneidet. Es ist kaum glaublich, daß Goethe so ganz in der Nähe seines elterlichen Hauses seine losen Streiche getrieben hätte, die seinem strengen Vater doch gewiß sehr unangenehm seyn mochten, und wie ist es ferner möglich, einen Stadttheil zu meiden, in dem man wohnt und den man nothwendigerweise passiren muß sobald man nur den Fuß vor die Hausthüre sezt.
Diese Bemerkungen sprach in einmal im Alter-
Band 11, Seite [172]
thumsverein des Abends in einer Sitzung aus, und es vergingen keine 14 Tage, so waren sie gedruckt zu lesen, aber nicht unter meinem Namen. Sollte dieser Aufsatz dereinst veröffentlicht werden, so will ich wenigstens die Ehre der ersten Beweisführung behalten. „Dichtung und Wahrheit“ sind schon lange gedruckt in jedermanns Händen, und doch wurde diese Stelle von all den gelehrten Herren übersehen und der blaue Unsinn gedankenlos immer weiter nachgeschwätzt bis ich sie als Beweisführung heranzog, nun war es auf einmal selbstverständlich. - Ist mir übrigens schon oft so gegangen.
Band 11
24. November 1879
Ueber den Namen des Hauses „Bobbeschenkelche“ findet sich in den Frankfurter Hausblättern Beilage zum Anzeiger unter dem 22. Nov. 1879 folgende stichhaltige Erklärung:
Mein Großvater (Schneidermeister Stephan Barth) wohnte mit seiner Familie im Hause „Zum großen Rosenthal“, Bobbeschänkelchen (für Puppenschränkchen) genannt. Zu jener Zeit war in der in dem Hause befindlichen Wirthschaft die Zusammenkunft der Sattler (Herberge); diese hatten unter anderen Zunftgegenständen auch ein Glasschränkchen mit einer Kutsche und angeschirrten Pferden. Meines Vaters älterer Bruder, welcher ebenfalls Schneider wurde und zu jener Zeit schon arbeiten konnte, machte sich den Spaß und kaufte zwei Puppen, kleidete dieselben als Kutscher und Bedienten und brachte sie auf der Kutsche in dem Schränkchen an. Von da wurde das Glas-Schränkchen und bald das Haus selbst von den dort verkehrenden Gästen „Bobbeschänkelche“ genannt.
Dieß geschah Ende der [17]80er Jahre. Demnach aber kann zu Goethes Jugendzeit das Haus noch nicht Zum Bobbeschänkelche geheißen haben, denn wie mein Vater erzählte, war damals am Hause angeschrieben „Zum großen Rosenthal“, wie es jetzt wieder in letzteren Jahren an dem neuen Hause angebracht ist und blos im Volksmunde der Name gebraucht wurde.
Band 11, Seite 173
Hirscheck
Weißadlergasse 31 | Gr. Hirschgraben 26
F.29
17. Mai 1860
Ueber der Hausthür ein Wappen, ein Mann, welcher einem Bären den Rachen aufreißt. Sodann mehrere Tragsteine, die auf das Ende des 17. Jahrh. deuten, an dem einen, welcher hier abgebildet ist, findet sich eine Bretzel ausgehauen, also ein Zeichen, daß das Haus von einem Bäcker erbaut ist. An dem Tragstein auf dem Eck unter dem ersten Stock fand sich ein kleines leeres Wappenschild angebracht. Gegenwärtig, 17. Mai [1860] befindet sich das Haus in vollem Abbruch.
Band 11, Seite 175
Weißadlergasse 26
F.30
18. März 1873
Soeben werden an dem Hause die unteren Räume zu Läden eingerichtet und somit das alterthümliche Aussehen des Hauses bedeutend verändert. Auch die alten Tragsteine unter dem ersten Stock, welche sehr schön ausgeführt sind, wurden zerstört.
Das Haus bildet das Eck mit dem kleinen Hirschgraben und hatte lange sein alterthümliches Aussehen bewahrt.
Band 11, Seite 177
Weisser Adler
Weißadlergasse 10
F.39
23. März 1873
Heute wurde das alte Schild des Hauses, der schöne weiße Adler, der künstlich von Blech gemacht war, und so lange es mir denkt, zwischen den Fenstern des ersten Stocks aufgestellt war, heruntergenommen, da man dem Hause einen neuen Anstrich verleihen will.
Band 11
3. Juni 1873
Ist wieder aufgestellt.
Band 11, Seite [unpaginiert]
Weissadlergasse, kleine
[kein Datum]
Band 11, Seite 179
Kleine Weißadlergasse 12 | Kleiner Kornmarkt 13
F.198
10. Juni 1858
Unter dem ersten Stock ein steinernes Wappen mit der Wandfläche bündig eingemauert, leider durch den darüber gelegten Kalkputz zur Hälfte zerstört oder unkenntlich gemacht. Es trägt auf der noch kenntlichen Seite den Buchstaben A. und die Hälfte einer Jahreszahl.
1 6 …..
Die untere Hälfte des Wappens ist halb zerstört, ebenso die eine Hälfte der Jahreszahl. Was das Wappen anbelangt, so trägt dasselbe in seinem Querbalken entweder 3 Sterne oder 3 Rosen. s. Ab. [R0725]
Band 11
1. Dezember 1871
Seit 8 Wochen sammt dem Nebenhause 15, F.199, s.d. abgebrochen und zu der nebenanliegenden Brauerei gezogen. Leider ging dabei das Wappen gänzlich verloren, indem die Arbeitsleute bei dem Abbruch darauf keine Aufmerksamkeit verwendeten und es als Bausteine in eine der Mauern verbrauchten. Wäre ein Mensch von Bildung bei dem Bau beschäftigt gewesen, so würde er das unmöglich geduldet haben, und der Stein wäre erhalten worden.
Band 11, Seite 181
Kleine Weißadlergasse 14 | Kleiner Kornmarkt 15
F.199
August 1859
Ein höchst merkwürdiges Haus, wie die Abbildungen zeigen. Es ist das einzige Exemplar der Art in unserer Stadt, eine förmliche Sommerlaube in einem Gäßchen, das nicht breiter ist als höchstens 10 Fuß.
Wahrscheinlich ist früher der Platz nach dem Hirschgraben hin offen gewesen, was um so leichter möglich ist, als in der unmittelbaren Nähe der Stadtmauer man in früherer Zeit die Häuser nicht so dicht stellte, auch dieselben meistens keine Gärten hatten und nicht so hoch waren.
Ein solcher Garten mag denn auch besagtem Hause gegenüber gewesen sein. Böhmer, dem ich das Haus zeigte, trat entschieden dieser meiner Ansicht bei, und auch der Belagerungsplan von 1552 scheint dieß zu bestätigen, obgleich unglücklicherweise gerade jene Stelle im Holzstock schadhaft ist. Merians Plan von 1628 zeigt den Platz als bereits mit Häusern bebaut. 1583 wurde die Stadtmauer an den Hirschgräben von der Catharinenpforte an niedergerissen und Häuser auf den Plätzen erbaut, doch können immer kleine Gärtchen und freie Plätze geblieben sein, was den damaligen Erbauer des fraglichen Hauses wohl bestimmt haben mag, um sich den Genuß der Luft zu verschaffen, jenen originellen Bau aufzuführen, der immer in seiner Art ein einziges Beispiel bleibt.
Das Vorderhaus Kleiner Kornmarkt 15, F.199 hat außer seinem in das 17. Jahrhundert weisenden Giebel nichts architektonisch Bemerkenswerthes (Kleiner Kornmarkt 15).
Band 11
11. Dezember 1868
Das merkwürdige Dach der Sommerlaube abgebrochen und durch ein neues ersetzt bei Gelegenheit des Neubaus der daneben befindlichen Brauerei.
Band 11
1. Dezember 1871
Seit 8 Wochen bis auf den Grund abgebrochen und zu der
Band 11, Seite [182]
nebenan liegenden Brauerei gezogen. Mit ihm fällt eines der merkwürdigsten Häuser, die ich je gesehen habe, s. Ab. [R0721] [R0723]
Band 11, Seite [unpaginiert]
Weissfrauen Strasse
[kein Datum]
Band 11, Seite 183
Weißfrauenstraße 6 | Weißfrauenstraße 2 | Weissfrauenkloster 6 | | Kirche 2
I.245b | I.246
1. Juni 1856
Soeben wird eine gänzliche Wiederherstellung und theilweiser Umbau der Weißfrauenkirche vorgenommen, was mich bestimmt, vorher noch einmal eine genauere Untersuchung der einzelnen Theile der Gebäude anzustellen, weil vielleicht manches nunmehr für immer verschwinden dürfte, sowie Manches zum Vorschein kommt, was bisher unbeachtet geblieben war. Im Jahre 1142 wurde sie eingeweiht, also können wir das als das Jahr ihrer Vollendung betrachten, unterwerfen wir jedoch das ganze Gebäude wie es jetzt vor uns steht, einer eingehenden scharfen Prüfung, so ergiebt sich, daß aus dieser soeben angeführten Zeit auch nicht die geringste Spur mehr äußerlich zu sehen ist und der ganze Bau weit mehr den Eindruck macht, als ob er in das 14. oder 15. Jahrh. gehöre, was auch durch eine Inschrift sich klarzustellen scheint, die im Kranze des Mittelgewölbes mit großer Beschwerlichkeit und Mühe von mir endlich entziffert wurde. Sie heißt „Anno MCCCCLXXI wart . die kire . reformerd.“, was auf eine Hauptreparatur deutet. In ihrer äußeren Erscheinung bietet sie, da sie im Laufe der Zeiten schon vielen baulichen Veränderungen unterlagen, nichts besonders frappantes dar, doch finden sich bei genauerer Besichtigung die einzelnen Spuren aus dem 14. Jahrh. bald heraus. Zu ihnen gehört vor allen Dingen die über der Eingangsthüre zur
Band 11, Seite [184]
Kanzel außen auf der Straße eingemauerte steinerne Platte, auf der in deutscher Minuskel eine Inschrift eingehauen ist, die von der im Jahr 1342, 24. Juli dahier stattgehabten großen Ueberschwemmung des Mains Kunde giebt. Sie lautet: „In profesto Magdalenae inundavit moganus et senatus populusque francofurtensis voto me frequentavit.“
Weiter ergiebt sich als der älteste noch vorhandene bauliche Theil die von Holzhausische Grabcapelle und finden wir bei Lers. Chr. Th. II, B. II, p. 88 berichtet, daß dieselbe 1466 auf Egidii eingeweiht worden sey.
Das Weitere siehe unten bei ihrer näheren Beschreibung. Auf dem Dach der Kirche steht ein schlankes Glockenthürmchen in äußerst eleganten Formen und Verhältnissen, das mit einem zierlichen Knauf und Kreutzblumen endigt. Von altem Holzschnitzwerk fanden sich einige Ueberreste an den Chorstühlen unter der Orgel vor, ebenso ein verziertes Schloßblech an einer kleinen in der Ecke unter der Orgel befindlichen Thüre, die nach den Gebäuden der jetzt Stern‘schen Fabrik führt, von
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dort aus aber vermauert ist. Diese Thüre stammt aus späterer Zeit, so etwa gegen Ende des 15. Jahrh. Das Merkwürdigste und Bedeutendste aber war die Bemalung der Wände mit Frescobildern, die bei dem jetzt vorgenommenen Abkratzen derselben Behufs der Restauration wieder zum Vorschein kamen. Sie mögen wohl dem oben angegebenen Jahre 1471 ihre Entstehung zu verdanken gehabt haben und bei einer im Jahre 1764 vorgenommenen abermaligen Restauration übertüncht worden sein, da Hüsgen in seinem 1790 erschienenen Art. Mag. mit keinem Worte Erwähnung thut, so schließe ich, daß dieselben damals, als er das Buch herausgab, schon verschwunden waren.
Ich halte sie für verloren, da sie gar zu sehr ruinirt sind um erhalten werden zu können und deßhalb wahrscheinlich abermals übertüncht werden müssen, um alsdann für immer verschwunden zu sein, doch gebe ich hier eine Beschreibung, die ich gestern an Ort und Stelle gemacht habe. Das Bild an der westlichen Wand der Kirche zeigt den Heiland am Kreutze, rechts und links Maria und Johannes, nebst noch einer großen Anzahl von Engeln, welche Spruchbänder tragen, deren Inschriften jedoch nicht mehr zu entziffern sind. Sie sind in deutscher Minuskel geschrieben und die Buchstaben stehen so dicht aneinander gedrängt, daß sie nicht mehr unterschieden werden können, da durch das Abkratzen die weiße Farbe des Grundes, auf dem sie stehen, beinahe ganz verschwunden ist.
Band 11, Seite [186]
Unter dem ganzen Gemälde lief auf einem Streifen mit goldnem Rand eine Inschrift ebenfalls in deutscher Minuskel hin, welche aber auch nicht mehr zu lesen ist, deren Buchstaben waren 4 ½ Zoll hoch und roth auf schwarzem Grunde. Darunter ein 42 Zoll breiter Rand aus gothischem buntem Laubwerk mit geschmackvoll eingestreuten Ornamentblumen gebildet.
Das Bild auf der an diese Wand in einem Winkel anstoßenden nördlichen Seitenwand, dem Schulgebäude zunächst, war äußerst schwer zu erkennen; es bestand aus den vierzehn Nothhelfern, die Figuren in halber Lebensgröße mit großen Heiligenscheinen, auf denen Spuren von Schrift zu Tage traten, deren kleinsten Theil ich aber nur zu lesen vermochte, diese Schrift war gleich der vorigen und die wenigen von mir mit Sicherheit eroberten Stellen waren so unbedeutend und beschränkten sich auf so wenige Buchstaben, daß durchaus kein Sinn und Zusammenhang hineinzubringen war.
Das einzige Wort, das ich zu erkennen glaubte, war „barmhertzikyt“, bestimmt jedoch kann ich es nicht behaupten.
Auch unter diesem Bilde lief der Streifen mit der Inschrift roth auf schwarzem Grunde her, ebenso wie auch der breite Rand mit Laubwerk sich vorfand und unten ganz deutlich einen über 18 Zoll breiten Franzenbesatz erkennen ließ, so daß die ganzen Bilder als aufgehängte
Band 11, Seite 187
Teppiche erschienen wie dieß häufig der Fall war und dahier an der Außenseite des Doms unter dem Portal des Pfarrthurms rechts noch heute zu sehen ist, gleich wie auch an dem großen Adler an der Stadtwage an der Rückseite der Judenschule, s.d.
Das folgende Bild stellt Maria mit dem Christuskinde auf dem rechten Arm vor, sitzend auf einem Thron im blauen Gewand, mit einer altdeutschen Haube auf dem Kopf und dahinter ein Heiligenschein mit einer unleserlichen Inschrift. Sie ist umgeben von Heiligen, deren Heiligenscheine ebenfalls Schriftspuren tragen, die aber auch nicht mehr zu entziffern sind. Die Einfassung ganz wie bei den vorigen, jedoch sehr zerstört und unkenntlich.
An der westlichen Wand hinter der Orgel befand sich noch ein die ganze Breite derselben einnehmendes Bild, ein jüngstes Gericht darstellend, allein dasselbe ist nicht in Fresko ausgeführt, sondern mit Leimfarben auf den todten Kalkputz gemalt und gehört einer viel späteren Zeit an als die anderen, es ist überhaupt total werthlos.
Band 11
Altes Steinbild aus der Barfüßer Kirche
Eines alten Steinbildes muß ich noch erwähnen, das bei dem Abbruch der Barfüßerkirche aus derselben hierher versetzt wurde und unter der Orgel in die Wand eingesetzt ist. Es ist an anderen Orten schon näher beschrieben. Ritters evang. Denkmal u.s.w., daß ich nur auf das Original selbst sowie auf meine davon gemachte genaue Abbild. verweise.
Band 11, Seite [188]
Bei der bereits oben erwähnten Erbauung der Klostergebäude im Jahr 1593 hatte wahrscheinlich auch die Kirche eine Reparation zu erleiden. Die letzte Hauptreparatur aber erhielt dieselbe im Jahr 1812. Es wurde damals die mittlere Hauptthüre zugemauert, die darüber befindliche Verdachung weggenommen und nur eine mit einem wagerechten Sturz überdeckte Thüre für die Geistlichen gelassen, die nunmehr direkt von der Straße aus auf diesem Wege zu der Kanzel gelangen. An beiden Ecken der Kirche wurden Thüren für die Gemeinde eingebrochen und auch auf eben diese Weise jenes unvergleichliche Fenster geschaffen, bei dessen Herstellung jedoch der gute Wille des Thäters, einen Spitzbogen zu formieren, offenbar nicht zu verkennen ist.
Als man dieser Tage den Fußboden der Kirche aufbrach, kamen eine Menge alter Grabsteine zum Vorschein; denjenigen aber der im Jahr 1271 dahier im Weißfrauenkloster verstorben seyn sollenden Margarethe, Tochter des Friedrich II. vermochte ich allen Suchens ungeachtet nicht darunter aufzufinden.
Band 11
1858
Die Restauration der Kirche ist durch den Architekten Burnitz nunmehr vollendet und ist dieselbe dem Gottesdienst wieder übergeben worden.-
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Epitaphium der Familie v. Cronstetten
Juni 1856
Anno 1472 . uff + Samstag + nach + aller=
heiligen + dag + starp + der + ersam +
steffen + hen + ein + anheber + und +
stifter + dieser + kapelle + dem + got +
gnedig + wel + sin + amen .
Auf der Rückseite fand ich folgende Inschrift:
„Im Jahr Christi 1786 bei Abbrechung der Barfüßer Kirche ist dieses Epitaphium aus der Stephan von Cronstettischen Erbbegräbnißcapelle hierhergebracht worden.“
Es besteht aus einer Holztafel, welche die Form eines auf beiden Seiten aufgerollten Pergamentblattes hat und hing über dem Eingang zur Holzhausischen Begräbniscapelle.
s. Barfüßer Kirche.
Band 11, Seite [190]
Aelteste Stadtmauer
Was nun die übrigen Klostergebäude anbelangt, so tragen sie theilweise die Spuren hohen Alters und namentlich ein Theil der Umfassungsmauer derselben, welcher nach dem Garten des weißen Hirsches liegt, ist das Aelteste, was wir in Frankfurt von derartigen Dingen noch aufzuweisen haben. Es ist ein ziemlich großes Stück der ersten städtischen Ringmauer mit Zinnen und Umgang noch vollständig erhalten, und wenn man den oberen Theil derselben, welcher unstreitig älter ist als die Ringmauern, welche unter Ludwig dem Bayer (1340 ungefähr) angefangen wurden, aufmerksam betrachtet, so findet sich, daß derselbe auf ein noch viel älteres Mauerstück, welches wahrscheinlich ebenfalls als Ringmauer diente und aus ganz anderen Steinen erbaut, besteht, aufgeführt ist.
Wir haben also in dem unteren Stück jedenfalls ein in das 9. Jahrh. hinaufreichendes Mauerfragment vor uns. Auch ist der ganze Eindruck, den sie von außen, d.h. von dem Hofe und Garten des weißen Hirsches aus macht, höchst überraschend und interessant, wie man aus den verschiedenen Abbildungen ersehen wird. Ich wüßte dahier in unserer Zeit kaum einen Platz, der uns das frühere Mittelalter noch so zu versinnlichen im Stande wäre, wie dieser. Dazu kommt noch die Abgeschiedenheit und Einsamkeit der Umgebung sowie die alten dunklen Lindengänge des Gartens, aus dem das ganze Kloster heraussieht, und wenn nicht fort-
Band 11, Seite 191
während von der nahen Weißfrauenstraße und den Eisenbahnen der Lärm herüberdränge, so würde das Bild ganz vollkommen sein. In den dreißiger Jahren habe ich es noch ganz ungeschwächt so gesehen.
Band 11
Die Klostergebäude
In den anstoßenden, jetzt zur Stern‘schen Fabrik gehörigen Gebäuden, wohin auch die obengenannte kleine Thüre führt, finden sich ebenfalls manche, wenn auch nicht so alte, doch überraschend vollständig erhaltene Räume und Reste der klösterlichen Einrichtung vor.
In dem einen Bau, welcher an die Kirche anstoßend, von Süden nach Norden zieht und auf der alten Stadtmauer nördlich endigt, befindet sich ein noch vollständig erhaltener Speisesaal der ehemaligen Stiftsdamen, ganz in Holz getäfelt mit hölzernen Decken und schön gegliederten Tragebalken von Stein, mit fünf Fenstern, deren Gewänder ebenfalls höchst geschmackvolle Steinschnitte zeigen und nach dem Schulhof der jetzigen Weißfrauenschule sehen. Eine genaue Abbildung davon, s.d., nebst allen Detailzeichnungen wird das Uebrige deutlich machen, namentlich ist das eine Schloßblech an der kleinen Thüre höchst interessant. Diese Gebäude nun scheinen sämmtlich aus dem Ende des 16. Jahrh. herzurühren, wenigstens zeigt dieß der Styl, in dem sie ausgeführt sind, und als weiterer Beweis für diese Behauptung könnte die über einer Thüre des einen Seitenbaus im Hofe der Weißfrauenschule einge-
Band 11, Seite [192]
hauene Jahreszahl 1593 dienen. Diese Thüre trägt ebenfalls ein schönes Ornament von durchbrochenem Eisen, welches den Ziehknauf umgiebt.
Der Hof der Weißfrauenschule mit dem theilweise noch erhaltenen Kreutzgang des ehemaligen Klosters und der Blick auf die Kirche und die eben beschriebenen Bauten macht ebenfalls noch trotz der mannigfachen Veränderungen die darüber hingegangen sind, einen ächt klösterlichen Eindruck. Der Theil des Schulhauses, welcher mit seiner nördlichen Wand auf die alte Ringmauer gegen den weißen Hirsch hin stößt, ist der neueste seiner äußeren Erscheinung nach. Die alte Ringmauer selbst steht mit dem Hause, durch eine theils vermauerte, theils verschlossene Thüre in Verbindung; durch sie gelangt man auf den schmalen Wehrgang, der heute noch in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten ist.
Im Jahr 1813 wurde die Schule in dem Gebäude eröffnet und 1820 das Haus von Seite der Direktion des Weißfrauenklosters, an die Direktion der Weißfrauenschule verkauft.
Band 11
20. November 1863
Was die übrigen im Augenblick noch zu der Stern‘schen Fabrik gehörigen Gebäude und Mauern anbelangt, so steht ihnen ebenfalls wahrscheinlich eine Veränderung bevor, indem durch den Wechsel der Besitzer viel Unheil angerichtet werden kann. So fällt Eines nach dem Andern, auch wird die große Veränderung, welche
Band 11, Seite 193
mit dem Garten des weißen Hirschen vorgenommen werden soll, das ganze Gebiet mit in ihren Bereich ziehen und die alten Mauern nicht unberührt lassen, wenn nicht ganz zerstören.
Band 11
Mai 1866
Soeben wird derjenige Theil dieser Gebäude, welcher an die östliche Wand der Kirche anstößt, in seinem unteren Geschoß zu einer Bierwirthschaft eingerichtet.
Band 11
30. September 1875
Gegen 11 ½ Uhr Abends entstand in der Fabrik der Herrn Pamozzi und Schlösser (Zinkgießerei), welche seit einigen Jahren in dem obenerwähnten Speisesaal der Stiftsdamen eingerichtet war, ein Brand, der in wenig Stunden nicht allein die beschriebenen und abgebildeten schönen alten Ueberreste vollkommen zerstörte, sondern auch das Dach der Weißfrauenkirche ergriff, so daß aller Hülfe ungeachtet, dasselbe vollständig verbrannte, was natürlich den Einsturz und gänzlichen Ruin des schönen schlanken Glockenthürmchens mit seiner eleganten Spitze und Kreuzblume zur Folge hatte. Trotz der neueingerichteten Feuerwehr, der neuen vortrefflichen Wasserleitung, der vielen Hydranten u.s.w. dauerte es eine halbe Stunde, bis das erste Wasser gegeben werden konnte, und das ganze Dach wurde ein Raub der Flammen.
Ich kann hier nur auf die verschiedenen Abb. verweisen, welche genaue Anschauungen von dem früheren Zustand der Gebäude geben. Glücklicherweise ist das Innere der Kirche verschont geblieben, jedoch ist der Verlust des holzgetäfelten Speisesaales, einer der wenigen in unserer Stadt befindlichen Reste derartiger Gebäude sehr zu beklagen, er ist vollständig vernichtet. Durch die Einrichtung zum Fabriklokal war er allerdings schon vorher beinahe bis zur Unkenntlichkeit entstellt, nun aber ist alles verloren. -
Band 11, Seite [194]
Von Holzhausische Kapelle
Juni 1856
Sie ist einer der ältesten der übrig gebliebenen Theile des ganzen Klosters, obgleich sie nicht aus der ersten Anlage stammt sondern dem Jahr 1467 angehört, so ist sie doch eine höchst interessante Räumlichkeit, namentlich in dem Zustande, in welchem sie sich eben befindet, s. Ab. Der von dem hohen Wasserstand im Jahr 1845 eingesunkene Fußboden giebt ein schauerliches Bild der Zerstörung, indem man hier und da in die darunter liegende gähnende Gruft sieht. Staub, Moder und Spinnweben führen allhier die Herrschaft, und man denkt nicht im Entferntesten daran, daß man sich in einer belebten und volkreichen Stadt des 19. Jahrh. befindet, wenn man sich in diesem Raum umsieht. Der über der Erde stehende Sarg konnte von mir anfänglich nicht genauer untersucht werden, ebensowenig die Kindersärge und die sonstige Ausschmückung, weil mir bis jetzt nur ein Blick von oben durch ein von einem Anbau, welcher der Familie Stern angehört, verdecktes Fenster, durch zerbrochene und halbblinde Scheiben auf einer Leiter stehend und unter den allerungünstigsten Verhältnissen, gestattet wurde; allein da mir durch die freundliche Gefälligkeit des Ministers Freiherrn von Holtzhausen die Schlüssel zu der Capelle, welche sich bei Herrn Dr. jur. Schulin in Verwahrung befanden, anvertraut wurden, sodann auch die Erlaubniß, das Innere derselben nach Belieben zu zeichnen und zu untersuchen, so nahm ich keinen Anstand, davon Gebrauch
Band 11, Seite 195
zu machen und verweise auf die als Resultat dieser Untersuchungen gewonnene genaue Abbildung [R0111]. Die Kapelle besteht aus einem einfachen Kreutzgewölbe mit einfachen Rippen von blauem Stein. Die Fenster zeigen in ihrem Maaßwerk die reinsten gothischen Formen, ebenso ein kleiner Träger, der in der einen Ecke angebracht ist. Die Thüre nach der Kirche war von innen vermauert und geschah der Eingang nur von dem Hof der Stern‘schen Fabrik aus durch eine später eingebrochene mit einem wagerechten Sturz überdeckte Thüre.
Sie war Privateigenthum der Familie und diente als Begräbnißstätte derselben, weßhalb sie auch nur bei Todesfällen geöffnet wurde. Bei Anlaß der nun eben im Gang befindlichen Wiederherstellung der Kirche wurde beschlossen, dieselbe in eine Sakristey zu verwandeln und an die Familie von Holtzhausen das Ansuchen gestellt, die Kapelle zu diesem Zweck der Gemeinde zu überlassen, wozu dieselbe auch bereit war, aber als billigen Ersatz zur Unterbringung der unter und über der Erde befindlichen Särge sowie auch für weitere Begräbnisse den Raum von zwei Grüften auf dem Friedhof verlangte. Lächerlicherweise aber sperrte sich die Friedhofscommission dagegen und wollte nur eine Gruft abgeben, worauf die Familie erklärte, dann wolle sie lieber ihre Capelle ungestört behalten, deren Besitz ihr Niemand streitig machen könne. Nach langem Streit wurde endlich das Ansuchen um zwei Grüfte bewilligt, und
Band 11, Seite [196]
dagegen die Capelle, nachdem sie geräumt worden war, an die Kirche abgegeben. Ueber dem Eingang derselben in der Kirche befindet sich das Holtzhausische Wappen in Stein gehauen, mit einem schönen geschmackvollen, aus der besten Zeit stammenden Helm darüber, es ist eines der schönsten Wappenexemplare, die ich kenne.
Noch muß ich einer seltsamen Sage gedenken, welche in der Familie geht, und sich an diese Capelle knüpft. Es soll nämlich, so oft dieselbe geöffnet wurde, Jemand aus der Familie sterben müssen. Ein- oder zweimal traf dieser Umstand ein und zwar zum letzten mal in unserem Jahrhundert, indem ein Herr v. Holtzhausen durch Zufall von einem seiner Freunde, einem Herrn de Bary, auf der Jagd erschossen wurde. Dieß geschah im Jahr 18 [Leerstelle] [Bleistifteintrag S. E.:] 03???
Band 11, Seite 197
Alte Stadtmauer am Weißfrauenkloster
23. März 1874
Heute wurde angefangen, einen Theil des alten Wehrganges auf der Stadtmauer hinter dem Weißfrauenkloster an dem ehemaligen weißen abzubrechen, was wahrscheinlich noch allerlei Folgen nach sich ziehen wird indem bei dem Aufräumen der am Fuße dieser Mauer hinziehenden alten Antauche die Mauer selbst in ihrer ganzen Höhe zu weichen anfing und eine bedenkliche Neigung nach vorne über bekam. Der schöne alte Hollunder, der an einem Fenster, das vermauert war, auf ihr wuchs, wurde bei dieser Gelegenheit leider umgehauen.
Band 11
25. März [1874]
Meine Befürchtung ist eingetroffen und leider bereits ein großer Theil der Mauer zerstört und bis auf die Fundamente abgebrochen. Es war der untere Theil derselben einer der ältesten Stadtmauerüberreste, wie bereits oben angedeutet wurde. So fällt nach und nach Alles. Der Schornstein auf dem Giebel des Schulgebäudes (ein ehemaliger Klosterbau), wurde auch herausgebrochen, wobei ebenfalls manches zu Grund ging.
Um das Umfallen und Einstürzen der Mauer zu verhindern, wurde dieselbe allenthalben abgesprißt und damit ebenfalls nicht schöner gemacht.
Band 11
20. April [1874]
Der bedeckte Gang auf der Mauer, das einzige noch bis jetzt übrige Stück ist abgebrochen und auch die Mauer darunter großentheils zerstört. So wäre dann auch dieses Alterthum vernichtet.
Band 11
8. Mai 1874
Die ganze Mauer ist gefallen, ebenso ein Theil des Gebäudes, das den Schulhof nach dieser Seite abschließt und welches an diese Mauer angelehnt war.
Ueber diesen Bau ist das Nähere unter Weißfrauenkloster nachzusehen. Er trägt in einem Thürsturz eingehauen die Jahreszahl 1593.
Siehe auch:
Band 11, Seite [198]
Weißer Hirsch | Stadtmauer | Weißfrauenkloster
23. Februar 1877
Bei dem gegenwärtigen Abräumen der Erde vor der noch stehenden alten Stadtmauer findet sich ein großes Stück vor, dessen Steine in ähren-förmiger Verbindung zusammengelegt sind, es ist schon ziemlich tief der Grund weggenommen und noch kein Fundament sichtbar. Mit dem Neubau der Häuser, deren drei davor zu stehen kommen, wird dieselbe wohl bald ganz zugedeckt und nicht mehr sichtbar seyn.
Band 11
Weißer Hirsch | Weißfrauenkloster
16. März 1877
Seit einigen Tagen wurde abermals ein Stück der alten Stadtmauer abgebrochen, so daß jetzt nur noch derjenige Theil übrig ist, an welchem die Häuser im Hofe hinter der Weißfrauenkirche angelehnt sind. Der untere Theil dieser Mauer gehört mit zu den ältesten Befestigungsüberresten und ist für alle diejenigen, welche dafür ein Interesse haben, höchst bemerkenswerth. Wie ich schon früher bei dem „Weißen Hirsch“ erwähnte, wurde dieselbe vielfach verändert und erhöht, so daß nur der untere Theil den uralten Charakter beibehalten hat. S. Abb.
Band 11, Seite 199
Eberbacher Hof
Weißfrauenstraße 5 | Papagaigasse 9
I.249
6. Juni 1858
Dieses Haus ist massiv von Stein aufgeführt mit einem schönen Erker, welcher im ersten Stock anfangend über Eck steht, und in einem Felde unter den Fenstern ein Wappenschild mit einem Bande trägt, auf welchem die Inschrift steht: „Eberbacher Hof“ 1716. Siehe Fig. I. Die wahrscheinliche Erbauungszeit ist also 1716.
Ueber der Hausthüre Fig. 2 auf einem runden Schilde ein Palmzweig, der von einem Pfeil durchkreutzt wird nebst 4 Sternen, oben darüber hängt ein Bischofskreutz, zur Linken ist eine Bischofsmütze in Stein gehauen, zur Rechten ein Krummstab, auf den neben dem Portale stehenden Säulen stehen 2 Vasen, davon die auf der linken Seite ebenfalls eine Bischofsmütze, die auf der rechten einen Krummstab zeigt, unter dem Ganzen ein Band mit der Inschrift: Consiliat amore (Er versöhnt durch Liebe).

Buchstabe Z

Band 11, Seite [unpaginiert]
Zeil
[kein Datum]
Band 11, Seite 201
Hirsch
Zeil 4 | Stelzengasse 27
B.237
26. Juni 1858
Auf einem Tragstein ein springender Hirsch. In dem Schlußstein über einem Fenster
I. L. B. 1763.
Auf dem Plan von Ulrich ist dieß Haus fälschlich als 239 bezeichnet, während es 237 ist und umgekehrt das andere Eck an der Allerheiligengasse mit 237, das 239 sein muß. Auch Krug in seinen Hausnummern setzt dasselbe fälschlich mit Nummer 27 in die kleine Friedbergerstraße, s. Krug, Hausnummer p. 101.
Band 11, Seite 203
Zeil 8
C.218
3. Mai 1860
An einem mit dem Nebenhaus C.219 (10) gemeinschaftlichen Tragstein der Brandmauer unter dem ersten
Stock:
1 5 9 7
[MZ_11-8]
Band 11, Seite 205
Zeil 10
C.219
3. Mai 1860
An einem mit dem Nebenhaus C.218 (8) gemeinschaftlichen Tragstein der Brandmauer unter dem 1ten Stock:
1 5 9 7
(10) (8)
[MZ_11-9]
Band 11
1863
Wird gegenwärtig bis auf den Grund abgebrochen, mit dem Nebenhause 12 in ein Haus zusammengezogen und neu aufgebaut.
Band 11, Seite 207
Zeil 12
C.220
3. Mai 1863
Wird gegenwärtig bis auf den Grund abgebrochen und neu auferbaut, sowie mit dem Nebenhaus in ein Haus zusammengezogen, s.d.
Band 11, Seite 209
Sonne, goldne | Sonne
Zeil 14
C.221
22. Juni 1858
An einem Tragstein beifolgende Marke.
An einem anderen auf einem runden Felde ein schreitender Löwe.
Band 11
1863
Wird gegenwärtig bis auf den Grund abgebrochen und mit dem Nebenhause C.222 (16) in ein Haus vereinigt auferbaut, s.d.
Band 11, Seite 211
Sonne, goldne
Zeil 16
C.222
22. Juni 1858
An einem Tragstein 1733 . L. S. b. H.
An einem anderen ein Hufeisen, eine Zange und ein Hammer, an einem dritten auf einem Schild ein Rad und I. S. H. Unterbau massiv auf 2 Rundbogen gestellt. Schmiede.
Band 11
1863
Wird gegenwärtig bis auf den Grund abgebrochen und mit dem Nebenhause 14 in ein Haus vereinigt auferbaut, s.d.
Band 11, Seite 213
Zeil 30
C.230
22. April 1862
Ein Haus mit massivem Unterbau, das im Anfang des vorigen Jahrhunderts erbaut zu seyn scheint; über der Hausthüre in dem reich verzierten Sturz findet sich folgende Inschrift eingehauen:
Basilica . S. Bartholomaei . has . suas . aedes . exstruxit ferner an einem Tragstein unter dem Ueberhang des ersten Stocks an der Brandmauer auf der Seite nach der Schäfergasse hin:
Diese Brantmauer gehört S. Bartholome Stift allein.
In diesem Hause und zwar in den Räumen des ersten Stocks verbrachte Mozart während seines Hierseyns bei der Wahl des Kaisers Leopold (29.-30. Sept. 1790) viele vergnügte Stunden. Er war durch einen mit den Bewohnern und Besitzern des Hauses, der Familie Weichand befreundeten Herrn eingeführt und soll fast täglich dort musicirt haben.
S. Töngesgasse, Adlerapotheke.
Band 11, Seite 215
Rose
Zeil 36 | Hinter der Rose 2
D.5 | D.6
April 1859
An der Brandmauer, welche gegen das D.7 hinter der Rose anstößt, findet sich ein Stein eingemauert mit der Jahreszahl 1793, was die wahrscheinliche Erbauungszeit andeutet.
Band 11, Seite 217
Greif
Zeil 44
D.17
April 1860
Dieses alterthümliche Haus, von dem ich Band 4.456 eine Abbildung auf dem Blatte, das die Vorderseite des Darmstädter Hofes darstellt, gegeben habe, wurde im Jahr 1832, nachdem die Häuser D.82, D.83, D.84, Stiftsstr. 5, dazugekauft waren, niedergerissen und von Grund auf zu einem einzigen Hause neu auferbaut.
Band 11, Seite 219
Darmstädter Hof
Zeil 46 | Stiftsstraße 7
D.18
April 1859
Das stattliche Gebäude, welches also heutzutage den Namen Darmstädter Hof trägt, ist im Jahre 1754 angefangen worden, nachdem ein anderes älteres Haus, das früher an dieser Stelle stand, bereits im Jahr 1744 abgebrochen worden war, wie aus einer mündlichen Ueberlieferung zu entnehmen ist, die von einer noch in den 20er Jahren dahier lebenden alten Dame gemacht wurde, welche in einem Hause gegenüber wohnend als Kind den Anfang dieses Abbruchs miterlebt und angesehen hat.
Müller in seiner Beschreibung von Frankfurt, welche im Jahre 1747 erschienen ist, sagt Seite 34:
„Des Herrn Landgraffen von Hessen Darmstadt Hochfürstl. Durchlaucht haben Dero Hof auf der Zeil; allein die Gebäude darinnen nach der Strassen zu, sind alle niedergerissen und soll alles erstlich ganz von Grund auf wieder in die Höhe geführt werden.“
Dieser Abbruch betraf nur das Vorderhaus, und der Seitenbau im Hofe links sowie sämmtliche in den Gärten gelegenen Hintergebäude blieben stehen. Dieser Seitenbau steht sogar heute noch und eines der betreffenden Hintergebäude, das Gelbe Haus in der Stiftsstraße ist im gegenwärtigen Augenblick im theilweisen Abbruch und Veränderung begriffen, s.d.
Wenden wir nun dem Hauptbau [des] Vorderhauses unsere Aufmerksamkeit zu, so muß ich, was das Aussehen desselben
Band 11, Seite [220]
anbelangt, vor allem auf die Abbildung [R0791]verweisen, welche denselben sammt den anstoßenden Häusern zeigt.
Was seine Erbauungszeit anbelangt, so giebt uns darüber eine in dem vorerwähnten Seitenbau noch erhaltene Inschrift die beste Auskunft, denn in einem Gewölbe desselben, welches heutzutage noch als feuer- und bombenfester Raum dient, findet sich oben, da wo die Rippen zusammenstoßen, statt eines Schlußsteins eine Platte mit folgender Inschrift: „Claus . Bromm . und . Anna Rawscherin . von . Leipzig . erbavten . mich . 1557“ Dabei befinden sich das Wappen der Familien Bromm und Rauscher angemalt, dieselben wie wir sie auch in dem bereits erwähnten Gelben Hause an einem Tragstein vorfinden.
Ferner sehen wir an dem südlichen Ende desselben Baues im Keller über einem Thürsturz die Jahreszahl 1556 eingehauen. Der Eingang zu dem bombenfesten Gewölbe ist von mir abgebildet, s.d. Ueber dem Fenster, das sich über der Thüre befindet, ist deßhalb als Zeichen eine Bombe halb in die Wand eingemauert. Der Ueberhang der ersten Stocks wird von einigen äußerst wohlerhaltenen zierlichen Trägern, aus Holz geschnitzt, unterstützt. Dieser erste Stock hat in seinem Inneren ein noch ganz vollständig erhaltenes Zimmer mit Holztäfelung aufzuweisen, s. Ab. [R0790]
Band 11, Seite 221
und wenn uns ein Raum einen Begriff von der Zimmereinrichtung des 16ten Jahrhunderts geben kann, so ist es dieser, s. Abb. [R0790] In einer anderen Stube finden wir auf einem Ofenstein die Jahreszahl 1688 eingehauen. Sodann wurden verschiedene alte Steine, wahrscheinlich die Reste eines alten Baus hier und da vermauert, unter anderem ein steinernes Kreutz, welches Herr Verwalter Merk von demselben Bau am hinteren Ende neben einer Thüre einmauern ließ. In diesem Hause nun geht es treppauf treppab durch allerhand alterthümliches Gewinkel in einen anstoßenden niedrigeren Bau, in welchem sich ein Raum befindet, der heutzutage noch die „Dragonerstube“ heißt, weil darin Landgräfl. Landjäger, welche zum Schutze der in dem Hause befindlichen Hessen Darmstädtischen Post sowohl bestimmt waren als auch die Schildwachen vor dem Hause stellten, ihr Quartier und Wachtstube hatten.
Seine Königl. Hoheit der Großherzog von Hessen läßt die alten Gebäude in ordentlichem Zustande erhalten und nur dadurch war es möglich, verbunden mit anderem Material die Abbildung [R0791] der Hauptfronte des Vorderhauses nach der Zeil zu, welche
Band 11, Seite [222]
ohne Zweifel in demselben Style ausgeführt war, in einer Zeichnung wiederherzustellen, die ganz gewiß viel Anspruch auf Genauigkeit zu machen berechtigt ist. Im Hofe links in dem Winkel, in welchem Vorderhaus und Seitenbau zusammenstoßen, stand ein achteckigter Treppenthurm, in welchem wohl der Haupteingang zu den oberen Räumen des Vorderhauses gesucht werden muß. Er war mit einem Helmdache gedeckt, dessen Spitze in einem zierlichen Knauf mit einer Wetterfahne endigte.
Hinter dem Hofe lag der früher sehr große Garten, jetzt besitzt der anstoßende Russische Hof mehr als die Hälfte davon.
Weiter befindet sich im Hofe rechts noch ein Gebäude mit einer Ausfahrt in die Stiftsstraße, in welcher an einer mit dem Nachbarhause 9 gemeinschaftlichen Brandmauer ein Tragstein unter dem ersten Stock sichtbar ist, der die Jahreszahl 1592 trägt.
Siehe auch:
Band 11, Seite 223
Zeil 40 | Schlimmauer 1
D.15 | D.86
25. Juni 1869
Das Haus nebst seinen beiden Nachbarhäusern D.86, D.16 ist seit 14 Tagen in vollem Abbruch begriffen und sollen alle 3 von Grund auf neugebaut werden. Es trug auf seinem nach der Zeil hin stehenden Hauptgiebel eine höchst merkwürdige Wetterfahne, deren Abb. [R0632] unten zu sehen ist. Exemplare dieser Art sind sehr selten, namentlich dahier in Fr. und verdienen, erhalten zu werden. Sie trägt die Jahreszahl 1653 . S. H. R. und scheint die Zeit der Erbauung des Hauses damit angedeutet zu seyn, was auch die Tragsteine unter dem ersten Stock in ihren Formen und ihrer Ausführung genügsam darthun.
Auf dem Giebel des Zwerghauses, welches auf der Dachseite nach der Schlimmauer hin steht, war als Wetterfahne eine Sonne und ein Mond angebracht.
Noch muß bemerkt werden, daß die Reiterfigur auf der erstgenannten Wetterfahne bunt bemalt war und ich selbst die Farben darauf noch gesehen habe. Leider ist dieselbe bei dem Abbruch des Hauses wahrscheinlich als altes Blech zerschlagen worden.
Band 11
21. Juni 1872
Der drei Zoll breite Vorsprung des Kohl‘schen Ecks ist nunmehr beseitigt. Intellgzblatt. 21. Juni 1872
Band 11, Seite 225
Zeil 42
D.16
25. Juni 1869
Ist sammt dem Nebenhause seit 14 Tagen ein vollem Abbruch begriffen, s.d.
Band 11, Seite 227
Catharinenkirche und Thurm
Zeil 71
D.186
14. Mai 1866
Soeben wird der Thorbogen sammt der Mauer, welche den Raum der zur Orgel und den oberen Stockwerken führenden Treppe abschließt, abgebrochen. Auf der Abb. [R0773] ist derselbe noch zu sehen.
Band 11
25. Oktober 1869
Seit einigen Wochen finden an Kirche und Thurm umfangreiche und bedeutende Reparaturen statt indem der sämmtliche Kalkputz erneuert wird, zu welchem Behuf der ganze Thurm bis zur Gallerie mit einem Gerüst versehen wurde und ebenso dasselbe bei der Kirche der Fall war. An dem unteren Theil des Thurmes wurden die sämmtlichen auf den Ecken sitzenden Läufer und Binder erneuert.
Band 11
7. Juni 1870
Seit 10 Tagen hat man von der Gallerie des Thurmes, welche erneuert wurde, das Gerüst hinweggenommen und zu allgemeinem Entsetzen fand sich nun, daß der Thurm nicht bloß wiederhergestellt, d.h. die baufälligen Theile ausgebessert sondern gänzlich in seinen oberen Theilen verändert wurde.
Leider ist dieß durch eine nicht sehr glückliche Hand geschehen, welche dem Bauwerk durch diese alberne Correktur den ganzen Charakter genommen hat, statt des passenden schönen, weit vortretenden Gesimses, das den unteren Theil des Thurmes so schön abgeschlossen, hat Herr Architekt Ringemer (zweiter Stadtbaumeister) ein Haldkreisbogenfries angebracht, das wohl bei einem um 100 Jahre älteren Bau am Platze gewesen wäre und selbst dann noch so hoch oben eine fatale Wirkung hervorgebracht
Band 11, Seite [228]
haben würde. Die schönen getriebenen Wassertraufen mit den verzierten Trägern, welche an den Ecken eine so feine Wirkung hervorbrachten und das Ineinandergehen der Formen so schön vermittelten, sind entfernt und dem Thurm somit sein ganzer ursprünglicher Charakter genommen.
Gott bewahre einen jeden alten Bau vor solchem Geschick, denn das ist eine schlimmere Zerstörung in Betreff des Kunstgeschmacks als der gänzliche Verfall.
Band 11, Seite 229
Zeil 67
D.188
Mai 1860
An einem Tragstein unter dem ersten Stock:
1 7 2 7 [MZ_11-10]
Band 11, Seite 231
Grüner Hof
Zeil 37 | Holzgraben 10
D.209
12. Juni 1858
Tragstein mit einem leeren Schild und darunter 1776. Sodann ein anderer mit 1588.
Band 11, Seite 233
v. Barkhausisches Haus
Zeil 35 | Holzgraben 8
D.210
12. Juni 1858
Tragstein unter der Brandmauer, s. Ab. [R1275]
Band 11, Seite 235
Türkenschuss
Zeil 25 | Hasengasse 12
H.1
August 1859
Wurde gegen das Ende der dreißiger Jahre von Grund aus neu aufgebaut; es war früher ein renomiertes Gasthaus, an dessen Eck im ersten Stock auf einem Postament ein buntbemalter, in Holz geschnittener Türke stand, welcher, eine Pistole in der rechten Hand, schußfertig den Arm ausstreckte.
Ueber die Entstehung dieses Bildes, was dem Haus den Namen gab, geht folgende Sage: Ein reicher Mann, welcher lange Zeit im Orient, namentlich in Constantinopel lebte, fand Gelegenheit, dort ein Liebesverhältniß mit der Frau eines angesehenen Türken anzuspinnen, in Folge dessen er sie entführte und nachdem er sie geheiratet hatte, sich dahier mit ihr häuslich niederzulassen. Das Ehepaar soll in dem Hause D.214 u. D.215 Zum Neuneck oder der Lausherberge im ersten Stock gewohnt haben. Dieses Haus liegt dem Hause zum Türkenschuß grade gegenüber und bildet das andere Eck der nicht sehr breiten Hasengasse mit der Zeil. Eines Morgens befand sich das Ehepaar am Fenster nach der Hasengasse hin, als plötzlich aus den gegenüberliegenden Fenstern des Gasthauses ein Schuß fiel, welcher die junge Frau dermaßen in die Brust traf, daß sie augenblicklich todt
Band 11, Seite [236]
am Fenster niedersank. Gleich darauf sprengte ein Reiter auf einem prächtigen arabischen Schimmel in gestreckten Galopp über die Zeil zum Allerheiligenthor hinaus und konnte nicht mehr eingeholt werden. Ein vornehmer Türke hatte sich in dem Gasthause eingemiethet, den ganzen ersten Stock gegen theure Bezahlung für sich allein in Beschlag genommen und die Gelegenheit wahrgenommen, seine gekränkte Gattenehre auf diese Weise zu rächen; es war der betrogene Ehemann, von dem sich nie wieder etwas verlauten ließ. -
Bei dem Neuaufbau des Hauses wurde durch den hiesigen Bildhauer Susenbeth die stehende Figur eines schießenden Türken angefertigt und an dem neuen Hause aufgestellt, um auf diese Weise dem Hause den Namen und das Andenken an jene That zu erhalten.
In dem Hause, in welchem diese Frau erschossen worden seyn soll, wohnte im 1ten Stock der berühmte Violinspieler Nicolo Paganini, beinahe während eines ganzen Jahres, 1829-1830.
s. Hasengasse 15.
Band 11, Seite 237
Zeil 13
H.7
16. Juni 1874
Bei dem gegenwärtig im Gang befindlichen gänzlichen Abbruch des Hauses wurde ein in einem Zimmer des ersten Stocks auf die Wand nach dem Nebenhause 11 hin gemaltes Frescobild
Band 11
Frescobild
blosgelegt. Dasselbe stellt einen unter einem Baum sitzenden Mann in reichem Tressenkleide dar, welcher in einem Käfig einen kleinen rothen Vogel hält. Hinter ihm an einer Säule die in Stein ausgehauene Figur eines Amors, vor ihm liegt ein Lämmchen und ein schlafender Hund, über ihm hängt ein reich drapirter Vorhang herunter, unter welchem hindurch man in einen im altfranzösischen Geschmack angelegten Garten mit geschnittenen Taxuswänden sieht.
Das Bild mag dem Costüm nach etwa aus der Hälfte des vorigen Jahrh. stammen, hat eine breite angenehme und der Größe angemessene Behandlung und rührt von einer erfahrenen und kunstgeschickten Hand her. Die Figur des Mannes ist lebensgroß. Es war im Laufe der Zeiten mehrfach mit Tapete überklebt worden, welche bei dem Abbruch theilweise weggerissen, das Bild ziemlich wohlerhalten wieder zum Vorschein kommen ließen. Das unter ihm befindliche Bild im Erdgeschoß hat keinen Werth, sondern ist eine gefirnißte moderne Tapete.
Band 11, Seite 239
Constablerwache ehemaliges Zeughaus | Alter Thurm im Hofe daselbst
Zeil 1 | Zeil 3
H.12
28. Juli 1866
Dieser Thurm scheint ein Pulverthurm des ehemaligen Zeughauses gewesen zu sein und ist in dem Hofe der Constablerwache bequem zu sehen, allwo er auch seinen Eingang hat, s.d.Abb. [R1678]Es befinden sich in ihm zwei Räume mit gewölbten Decken übereinander, und sind dieselben merkwürdiger Weise von rechteckigter Form, während der Thurm von außen rund ist. Die beiden Thüren waren von Uranfang da, und mußte man zu dem Gewölbe des ersten Stocks von außen auf einer Leiter gelangen.
Auf dem Belagerungsplan von 1552 findet er sich schon vor, hat aber ein hohes und steiles Dach, wie ihn auch Merian noch gibt; wann das Dach in die jetzige Form gebracht wurde, ist mit Sicherheit nicht zu ermitteln, doch scheint es mir gegen das Ende des 17. Jahrh. geschehen zu sein.
Auch von der Rückseite wie ihn die Abb. [R0800] Zeigt, macht der Thurm mit seiner ganzen Umgebung ein äußerst malerisches Bild. Das trauliche kleine Gärtchen, in das er hineinschaut, liegt des Abends so still und heimlich im tiefen Schatten der Rebenlauben, die es theilweise überdecken, während oben an dem steilen und hohen Dache der Constablerwache und an deren Treppenthurm, sowie an dem Giebel des das Gärtchen begrenzenden Hauses noch die letzten Strahlen der scheidenden Sonne zögernd hängen. Früher war die ganze Gegend hier viel einsamer und stiller und das Gras wuchs reichlich zwischen den Pflastersteinen hervor, als aber im Jahr 1848 das v. Reineck‘sche Haus, s.d. zur Kaserne für die Bundestruppen eingerichtet wurde, zog man
Band 11, Seite [239aa]
auch die Häuser der ehemaligen Glocken- und Geschützgießerei, in deren einem eine äußerst gemütliche Weinwirthschaft betrieben worden war, mit in diese neue Einrichtung hinein, und damit war der ganzen Gegend der eigenthümliche einsame Charakter genommen und ihr ein ganz fremdes Aussehen aufgeprägt, s. Zimmergraben (Graben).
Die Abb. gibt das Aussehen des Jahres 1833 ungefähr. Meines Wissens nämlich hatte sich an den auf dem Bilde sichtbaren Lokalitäten bis zum Jahre 1848 kaum etwas verändert. Im Augenblick sind die Räume, aus deren Fenstern es aufgenommen ist, seit 6 Wochen von den Truppen verlassen, seitdem der unselige Bruderkrieg ausgebrochen ist, deßhalb ist nun auch ein Theil der früheren Einsamkeit dahin zurückgekehrt, obgleich der Friede fehlt, der ihr erst den eigentlichen Stempel aufdrückt.
Durch das Einrücken der Preußen am 16. Juli [1866] ist für Frankfurt eine wahre Schreckenszeit hereingebrochen, und Gott gebe nur, daß sie bald vorübergeht.
[Hier und im Folgendem von der Chronologie abweichende Paginierung, teilweise ergänzt S. E.]
Band 11
25. Oktober 1869
Seit ungefähr drei Wochen ist der Thurm abgebrochen Behufs der Einrichtung eines Raumes zur Aufbewahrung der Requisiten der ständigen Feuerwehr.
Neunzehn Tage waren zu seinem Abbruch erforderlich und setzte sein festes Mauerwerk der Zerstörung einen außerordentlichen Widerstand entgegen. Nun aber ist er bis auf die letzte Spur vertilgt und der Platz, den er eingenommen, bereits eingeebnet.
Sein Durchmesser betrug 15 ‘, die Mauerdicke an den stärksten Stellen 4 ‘. Beifolgender Grundriß giebt
Band 11, Seite 239a
das Nähere. Bei der Gelegenheit der Räumung seines Inneren fand man eine der schönen Steinfiguren, die vier Jahreszeiten vorstellend, welche ehedem die Pfeiler des Gitters an dem Garten des v. Reineck‘schen Hauses, s.d. schmückten, wieder. Sie waren vor den preuß. Soldaten in den Jahren 1848-51 bei Gelegenheit der Errichtung eines Transparentes über dem Eingangsthor der Caserne herabgenommen worden und verschwunden. Niemand wußte, wohin sie gekommen, bis ich sie zufällig entdeckte, leider in drei Stücke zerbrochen, was um so mehr zu beklagen ist, da dieselben wirkliche Kunstwerke sind und trotzdem, daß ihre Entstehungszeit (1719-21) die Zeit des Zopfes war, einen edlen und wahrhaft klassischen Styl trugen und von den Künstlern unserer Zeit viel zu wenig erkannt und gewürdigt worden sind. Der einzige Mann, der ihren wahren Werth erkannte und mich schon vor langer Zeit darauf aufmerksam gemacht hat, war der nunmehr verstorbene Herr Schöff Usener. Wo die vierte geblieben ist, weiß ich nicht zu sagen, wahrscheinlich ist sie zerschlagen und zu sonstigen Zwecken verwendet worden. Daß die städtischen Behörden ein solches Verfahren duldeten, beweist die außerordentliche Gleichgültigkeit und Aufsichtslosigkeit gegen die Gebilde der Künste und hat eben diese Theilnamslosigkeit und Unbildung schon manches herrliche Kunstwerk dahier vernichtet.
Band 11, Seite 243
Thor auf der Zeil
30. Mai 1878
Seit 3 Tagen ist man damit beschäftigt, das kleine Häuschen neben dem Thore auf der Zeil abzubrechen, auch ist der Anfang mit dem Abbruch der Mauer, in welcher sich das Thor befindet, gemacht worden und wird auch das Thor selbst nächstens fallen, womit abermals eine alte Erinnerung schwindet. Die davon vorhandenen Abb. [R1586] #R0799, s.d., zeigen es in seinem bisherigen Zustand. Vor ungefähr 20 Jahren wurde in dem obenerwähnten kleinen Häuschen, das ebener Erde nur zwei Fenster auf die Zeil hatte, das eine dieser Fenster in eine Thüre, das andere in einen Ladenerker umgewandelt. Ebenso wurde auf der anderen Seite des Thores die Mauer durchbrochen und ebenfalls ein Laden hergestellt, jedoch ist dieß erst seit ungefähr zehn Jahren der Fall. Ich erinnere mich noch recht gut der ganz alten Mauer in ihrer ursprünglichen Gestalt, nachdem aber die Unruhen in den 30er Jahren der Constablerwache viele Gefangene zugeführt hatte, wurde der Hof des Zeughauses durch eine hohe Mauer in zwei Theile getheilt, so daß er nur von dem Wachlokal aus zugänglich war, und ebenso wurde die Mauer nach der Zeil hin bedeutend erhöht und ein neues rundes, sehr hohes Thor neben dem Treppenthurm eingebrochen.
Band 11
8. Juni 1878
Alles der Erde gleich.
Band 11, Seite 241
Constablerwache
9. August 1871
Seit ungefähr vier Wochen ist man damit beschäftigt, den Thurm mit der Uhr auf dem Dache der Constablerwache abzubrechen, - Er wurde gegen das Ende des Jahres 1777 erbaut, Batton VI.84. - und ist damit am heutigen Tage zu Ende gekommen. Es fanden sich viele Kugelspuren in dem Holzwerk vor und mögen dieselben wohl von den Barrikadenkämpfen aus dem Jahr 1848 herstammen. Das Gebäude der Constablerwache selbst sowie diese ganze Stadtgegend verlieren mit dem Thurm ein Hauptkennzeichen.
Namentlich war der als Wetterfahne angebrachte Frankfurter Adler auf einer goldenen Kugel sitzend höchst originell angebracht und geschmackvoll ausgeführt; ein hübsches Gedicht von G. M. Pfeiffer beschreibt seine Stellung in höchst launiger Weise. s. Bilder und Klänge aus Frankfurt u. Sachsenhausen, 1852, Seite 19.
Betrachtet man das Gebäude aufmerksam, so wird man von demselben sogleich herausfinden, daß er ein ziemlich alter
Band 11, Seite [244]
Bau ist, der nur nach und nach durch Veränderungen, Anbauten und Reparaturen in seine jetzige Gestalt gebracht wurde. Ueber das alte Gebäude, von dem nach der Fahrgasse hin einige wenige Spuren (Thürbogen und Fenster) noch erhalten sind, giebt Batton ausführliche Nachricht und ist deßhalb die betreffende Stelle nachzusehen.
Eine Hauptveränderung war das Wegnehmen der alten Constablerwache, welche vorgebaut am Eck auf die Zeil weit vorsprang und im Jahre 18 [Leerstelle] [Bleistifteintrag S. E.: 11] niedergelegt wurde. [Einfügung mit Bleistift S. E.:] Hat 1811 noch gestanden. Eine gute Abb. davon giebt ein Aquarellbild von dem verstorbenen Rath Bauer, das im Besitze seines Sohnes, des Herrn Gottlieb Bauer (Photograph), dahier sich befindet, es war von seinem Vater unvollendet hinterlassen worden und wurde von mir beendet.
Eine besondere Erwähnung verdient die auf dem Treppenthurm angebrachte Wetterfahne, einen Constabler darstellend mit ihrer geschmackvoll verzierten Stange, welche dem 16. Jahrh. ihre Entstehung verdankt.
Band 11
5. März 1879
Die Abb. [R1586] zeigt den Bestand im Mai 1857.

Auszug aus einer handschriftlichen Ueberlieferung des Inventariums der verschiedenen Zeughäuser Frankfurts in den Jahren 1764 - 1765, bearbeitet und migetheilt von Karl Theodor Reiffenstein

Band 11, Seite 245
[Eingeheftetes Druckwerk, Seite 245 bis 260; Wiederholungszeichen und „ditto“ werden als Klartext wiedergegeben, Zeilensprünge eingehalten, auch zentrierte Texte linksbündig angezeigt, keine Berücksichtigung von Sperrungen und unterschiedlichen Schriftgrößen und Fettschreibung S. E.]

Auszug
aus
einer handschriftlichen Ueberlieferung des
Inventariums der verschiedenen Zeughäuser Frankfurts
in den Jahren 1764 - 1765,
bearbeitet und migetheilt
von
Karl Theodor Reiffenstein

Wenn ein Verein oder ein Einzelner es unternimmt sich mit dem
Studium der Vorzeit zu beschäftigen und sich nach Kräften bestrebt, sein
Urtheil darüber zu verschärfen, so darf er die geringfügigst scheinende
Quelle nicht verschmähen, welche sich ihm auf seinem Wege darbietet
und welche gar oft, wenn sie mit Aufmerksamkeit verfolgt wird, direkt
zu dem Ursprung hinleitet. Aus den kleinsten, unwichtigsten Dingen
lassen sich für den Kenner Schlüsse ziehen und bei meinem Bestreben
Material zusammenzutragen, das ein Befähigterer, als ich, vielleicht der-
maleinst benützen könnte, war es mir nicht unerwünscht, das kleine
Manuskript, welches die Anregung und den Stoff zu gegenwärtiger
Arbeit lieferte, zu meiner Verfügung gestellt zu sehen. Es trägt die
unzweifelhaftesten Spuren der Aechtheit schon in seinem ganzen Aus-
sehen und wurde mit zudem von dem Urenkel seines Verfassers einge-
händigt, welcher mir über denselben noch manche interessante Notiz zu-
gehen ließ und welchen ich in der Person des Hrn. C. Koenitzer,
Inhaber der Jägerschen Buch-, Papier- und Landkartenhandlung, nicht
verfehlen will, meinen Lesern als den freundlichen Geber hiermit vor-
zustellen.

10
Band 11, Seite [246]
146
Broullion
zum
Zeughäuser
Inventarium.
Errichtet den 21. Aug. 1764
Conditionirt den 8. Juli 1765
Geschlossen ? ? ?

steht auf dem starkgealterten Umschlag und da die Jahreszahl 1764
genau mit einer mir von Herrn Koenitzer mitgetheilten Notiz überein-
stimmt, so ist außer allem Zweifel, daß wir die Original-Handschrift von
J. W. A. Jäger *), Zeugmeister und Kapitän der Artillerie der Reichs-
stadt Frankfurt, vor uns haben, welcher 1764 vom Frankfurter Kriegs-
Zeug-Amt zu diesem Posten installirt wurde und bei dieser Gelegenheit
seines Amtsantrittes das Verzeichniß anfertigte.
Das Buch in seinem ganzen Umfang mitzutheilen würde zu weit
führen, indem ein großer Theil desselben sich mit einer genauen Auf-
zählung der Munitions- und Waffenvorräthe aller Art in einigen Tabellen
beschäftigt. Ich beschränke mich deßhalb lediglich darauf das zu geben,
was von interessanten alten Waffenstücken vorhanden war, und bin über-
zeugt, daß für unsere jetzige sammelnde Zeit der Besitz eines solchen
Vorraths, wenn er noch vorhanden wäre, was leider nicht mehr der
Fall, von unschätzubarem Werth sein dürfte **). Auch manche Curiositäten

*) Johann Wilhelm Abraham Jäger, geb. 18. Aug. 1718, gest. 2. Sept. 1790,
trat 1737 in Eger in österreichische Dienste, allwo er die Feldzüge von 1742 und 1744
mitmachte, der Schlacht von Campo santo 8. Febr. 1743 und dem Treffen bei
Weissenburg im Elsaß am 5. Juli 1744 beiwohnte. - Nach dem Tode Carl VII.
trat er aus der österreichischen Armee aus und wurde im Jahr 1745 in Frankfurt a. M.
vom Kriegs-Zeug-Amt als Artillerie-Constabler angenommen; später nachdem er zum
Feuerwerker vorgerückt war, verließ er den Dienst 1748, wurde aber im Jahr 1757
vom Kriegs-Zeug-Amt zurückberufen und im Jahr 1764 zum Kapitän der Artillerie
ernannt, nachdem er im Jahr 1762 den Hutterischen Buchladen auf dem Pfarreisen
erkauft hatte und auf diese Weise der Gründer der jetzigen Jäger‘schen Buch-
Papier- und Landkartenhandlung wurde.
**) Im Jahr 1809 unter der Regierung des Fürsten Primas wurde der größte
Theil der von den Franzosen nicht geraubten Waffen, Zelte etc. öffentlich versteigert,
und zu welchen Preisen damals die Sachen verschleudert wurden, mögen folgende
Thatsachen berichten, die mir aus dem Munde eines Augenzeugen, des Herrn Assessor
Dr. Pfeiffer, zugegangen. Es befand sich nämlich unter den ausgebotenen Sachen
eine große Menge von Piken und Lanzen, welche in Gebunden von 25-30 Stück
[Fortsetzung der Fußnote am Fuß von Seite 247 S. E.]
Band 11, Seite 247
147
kommen bei dieser Rundschau zum Vorschein, welche unsere ehrsamen
Vorfahren sorgsam und mit Andacht hüteten und verwahrten, und welche
uns tiefe Blicke in den damaligen Staatshaushalt, wie auch in den
Charakter der ganzen Zeit gewähren. Da wo es zur schärferen Be-
zeichnung der damaligen Auffassung mancher Begriffe über Dinge mir
nöthig und passend schien, behielt ich die alte Orthographie bei.
Unbedeutend war die Waffensammlung auf keinen Fall, indem
das Register allein 389 vollständige Rüstungen nachweißt, welche
unter dem Ausdruck „Geharnischte Männer“ ihren Platz finden. Die
Zahl der Brust- und Rückenharnische sowie der Sturmhauben ist eben-
falls sehr bedeutend, vor Allem aber sind es die Geschütze verschiedenster Art,
welche in ihrer großen Anzahl den Reichthum der Reichsstadt genugsam
beurkunden. Frankfurt besaß nämlich in seinen Zeughäusern und auf
den verschiedenen Befestigungen über 359 Kanonen, Mörser und
Haubitzen, eine für die damalige Zeit ziemlich bedeutende Summe.
Ich lasse nun, der Ordnung des Buches treu bleibend, die Register
der verschiedenen Zeughäuser aufeinanderfolgen, und da ich annehmen
muß, daß viele meiner Leser mit der Entwicklungsgeschichte der mancherlei
und unter besonderen Namen darin vorkommenden Schießwaffen und
sonstigen Kriegsgeräthschaften vielleicht nicht ganz vertraut sein dürften,
so gebe ich in den betreffenden Anmerkungen Behufs besseren Verständ-
nisses die nöthigen Erklärungen.

[Fortsetzung der Fußnote **) von Seite 246 S. E.]
verkauft werden sollten, auf welche jedoch die anwesenden Käufer nicht mehr als
12 - 18 Kreuzer per Gebund boten. Der die Versteigerung abhaltende Kriegs-
Kommissär Freund, unwillig darüber, rief die eben aus der Musterschule heimkeh-
renden Knaben herzu, in den Hof des Zeughauses an der Konstablerwache, allwo
die Versteigerung abgehalten wurde, indem er sagte: „ Kommt ihr Buben, kauft euch
Lanzen und Piken, das Stück 1 Kreuzer“, welche Aufforderung eine so gute Wir-
kung that, daß man alsbald sämmtliche männliche Schuljugend mit Lanzen bewaffnet
in den Straßen umherziehen sah. So kaufte ein anderer mir bekannter Mann,
[handschriftlicher Nachtrag mit Bleistift: Hofrath Soemmerring S. E.]
damals noch als Knabe, eine mit Elfenbein ausgelegte und mit einem gravirten
Radschlosse versehene Pistole um den Preis von 21 Kreuzern. Die schönsten, einge-
legten Brust- und Rückenharnische wurden nicht für den Eisenwerth bezahlt.

10*
Band 11, Seite [248]
148
Im Zeughaus des Ramhoffs
befanden sich demnach am 24. Januar 1766 50 Stück Geschütze des
verschiedensten Alters und Kalibers von 1 Pfund bis 48 Pfund.
Die ältesten mit der Jahreszahl 1522, die jüngsten von 1751,
umfassen also in der Zeit ihrer Entstehung einen Zeitraum von
200 Jahren. Sie tragen die verschiedenartigsten Namen *), Wappen
und Devisen, und ich werde dieselben, welche im Zeughaus auf dem
Graben vorkommen, betreffenden Orts mittheilen.
Sodann weis‘t das Register in folgenden Munitionshäusern eine
Menge Vorräthe auf vielen Blättern nach. Es befanden sch Munitions-
häuser an folgenden Orten:
Fischerfeld,
Allerheiligen Bollwerk,
Breite Wall,
Pestilenz Bollwerk,
Friedberger Bollwerk,
Eschenheimer Bollwerk,
Bauren Bollwerk,
Bockenheimer Bollwerk,
Jungwall,
Galls-Wall,
Mainz-Wall,
Mühlschantz,
Schaumain,

*) Die meisten trugen das Frankfurter Wappen, den Adler, und ich darf hier
eine Thatsache nicht unerwähnt lassen, welche sich an eines dieser Geschütze knüpft
und genugsam darthut, wie seltsam oft die Schicksale lebloser Dinge, gleich denen
der Menschen, sich gestalten. Als nämlich unser berühmter Landsmann und Mit-
arbeiter Dr. Eduard Rüppell im Jahre 1817 Egypten durchreiste, fand er auf einem
Kanonenboote auf dem Nil eine Kanone, welche den Frankfurter Adler und die
Inschrift trug „Schöff von Barckhausen, Zeugherr“ und es unterliegt kaum einem
Zweifel, daß es eine jener Kanonen war, die im Jahr 1796, bei der Plünderung
unserer Zeughäuser durch die Franzosen unter General Kleber, mit noch ungefähr
dreihundert andern unsre Stadt verlassen mußten, um nach Frankreich zu wandern,
von da aus wahrscheinlich mit Bonaparte nach Egypten ging und dort zurück-
gelassen in die Hände Mehmet Ali‘s fiel.
Band 11, Seite 249
149
Katz,
Affenthor,
Hornwerk,
Hohewerk,
Lindt,
Auslaag.

In ihnen nun war zu jener Zeit ein Vorrath von 24778 Pfund
Kugeln, alsdann finden sich im Zeughaus selbst zu gleicher Zeit noch
858306 Stück Kugeln vor, nebst vollständigem Artillerie-Geräth, und
natürlich noch eine Menge von anderen Dingen, die kein spezielles In-
teresse bieten und überall vorkommen, ich beschränke mich deßhalb nur
auf das Interessanteste, was sich uns darbietet unter der Rubrik:

„Alt Rüstung und Tropheen“
Geharnischte Männer sitzend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
Geharnischte Männer stehent mit Helleparten . . . . . . . ..6
Sturmhauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...... . 44
Estandarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ......... . . . . 4
u. s. w.

Zeughaus auf dem Graben.
53 Stück Geschütze von 1610 - 1712
Eines vom Jahr 1652 trägt die Devide:
„Dießer thut bollen,
Wieder die, so in Frankfurt wollen.“
Ein anderes von 1610:
„Maulwurf heiß ich unverdroßen,
Hans Hoffmann v. Baßel hat mich goßen.“
Zwei andere, welche das Wappen von Sachsen-Weimar trugen,
beide mit folgender, wahrscheinlich später hineingravirter Inschrift:
„Der mich im Stich gelassen hat,
Der war ein Glaubensbrecher in der That,
Ein Reichs-Rebel gar wohl bekandt
Bernhardt Hertzog von Sachsen-Weimar genandt.“

Dann weis‘t dies Register weiter nach:
Geharnischte Männer 2.
Gefüllte Bomben 276 Stück, liegen unter der Lindt in Sachsenhausen,
sind Anno 1764 auf expressen Befehl Löbl. Kriegs-Zeug-Ambts
Außgeleert worden und in den Ramhof kommen.
Band 11, Seite [250]
150
Im Stückhauß
an der
Constabler Wacht.
116 Stück Geschütze. 1507 - 1749
Ferner unter andern Dingen:
54 Stück Doppelhacken *) auf Bockgestell, wovon
2 auf dem Forsthaus waren.
88 Stück Doppelhacken ohne Gestell.
157 Stück Kleine ohne Gestell.
660 Stück Mousqueten **) mit alten Lunten-Schlössern.
6 halbe und 3 ganze Ketten-Kugeln.
2 alte Estandarten.

*) Doppelhacken. Ein Feuerrohr von 4 Fuß Länge, welches auf einem
besonderen Gerüste mit drei Füssen, dem Bocke, abgefeuert wurde und 8 Loth Blei schoß.
Hacken. Ein dem Vorigen ganz ähnliches Geschütz, welches 4 Loth Blei schoß.
Halbe Hacken. Eine Handfeuerwaffe, tragbar 2 Loth Blei schießend, alle drei
Arten waren mit Luntenschlössern versehen.

**) Musketen. Der Name Muskete soll nach Einigen von muchetus: Sperber
abstammen, nach Anderen von Mochetta, der Name eines Meierhofes bei Feltri in
Italien, weil sie vielleicht in diesem Passe nach Feltri zuerst gebraucht wurden. Dieß
wird dadurch wahrscheinlich: daß kein lateinischer Geschichtschreiber die Handröhren
anders benennt, als sclopetum, welcher Name sich offenbar auf den Knall des
Feuergewehres bezieht, wie dieß mit dem Namen des groben Geschützes bombarda
auch der Fall ist.
Hoyer, Geschichte der Kriegskunst, Bd. I. S.68
Nach Angaben Anderer wurden sie zuerst bei dem deutschen Heere Carl des
Fünften 1521 gebraucht und zwar von spanischen Schützen.
Mem. de Bellay. Liv. XI. pag. 55.
Die Muskete war eine der ersten allgemein gebräuchlichen Handfeuerwaffen.
Frundsberg schildert deren Wirkung in der Schlacht bei Pavia 1525, mit folgenden
Worten: „Es war eine blutige Schlacht, denn die geschwinden Hispanier umgaben
sie und haben allenthalben bleierne Kugeln unter sie geworfen und tödtlich ver-
wundet. Sie hatten nicht gemeine Handrohr, wie vor der Brauch, sondern lange
Rohr, die man Hacken nennet, haben in einem Schuß etlich Mann und Roß er-
schossen.
Frundsbergs Kriegsthaten S. 49.
Bei den Luntenschlössern war die brennende Lunte zwischen die Lippen des
Hahnes eingeschraubt und wurde von diesem vermittelst des Abzuges und einer Feder
auf die Zündpfanne geleitet. Trotz des höchst unsichern Schießens und ihrer völligen
Unbrauchbarkeit bei Regenwetter erhielten sich dieselben bis nach dem 30jährigen Kriege
im Gebrauch, ohne von dem damals schon sehr vervollkommneten deutschen Schlosse
verdrängt zu werden.

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